Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
rieb.
Ich hielt sie anfangs für die Tochter des Bauern (denn es war kein Wirtshaus) – und hatte ihr eine kleine Börse mit achtzehn Gulden angeboten, die mir mein armer Bruder Tom (hier wischte sich Trim die Augen), kurz ehe er nach Lissabon ging, durch einen Rekruten zum Andenken geschickt hatte.
Ich habe Euer Gnaden diese jämmerliche Geschichte noch nie erzählt – (hier wischte sich Trim zum dritten Male die Augen).
Das junge Weib rief den alten Mann und seine Frau herein und zeigte ihnen das Geld, damit sie mir in solange ein Bett und die sonstigen kleinen Bedürfnisse geben möchten, bis ich in ein Spital gebracht werden könnte. – Ich will euer Bankier sein, sagte sie, indem sie die kleine Börse öffnete, – da mir aber dies Geschäft allein nicht genug zu tun gibt, so will ich auch eure Krankenwärterin sein.
Aus der Art wie sie sprach, und aus der Kleidung, die ich jetzt erst aufmerksamer betrachtete, – erkannte ich, dass das junge Weib nicht die Tochter des Bauern sein konnte.
Sie hatte ein schwarzes Kleid an, das bis zu den Zehen herabging, und ihr Haar unter einem Batisttuch verborgen, das dicht an der Stirne anlag; es war Eine von der Art Nonne, Euer Gnaden, von denen es sehr viele in Flandern gibt, wie Euer Gnaden wissen, und die frei herumgehen dürfen. – Nach deiner Beschreibung, Trim, sagte mein Onkel Toby, muss es eine junge Beguine gewesen sein, wie man sie nur in den spanischen Niederlanden, – und auch noch in Amsterdam – findet; sie unterscheiden sich von den Nonnen dadurch, dass sie ihr Kloster verlassen können, wenn sie heiraten wollen; es ist ihr Beruf, Kranke zu besuchen und zu pflegen. Was mich betrifft, so wollte ich lieber, sie täten's aus Menschenliebe.
Sie sagte mir oft, sie tue es um Christi willen, bemerkte Trim.
Das gefiel mir nicht.
Ich glaube, Trim, wir haben Beide Unrecht, sagte mein Onkel Toby; – wir wollen heute Abend Herrn Yorick darum fragen, wenn er zu meinem Bruder Shandy kommt, – erinnere mich daran, setzte mein Onkel Toby hinzu.
Die junge Beguine, fuhr der Korporal fort, hatte mir kaum gesagt, sie wolle meine Krankenpflegerin sein, als sie sich rasch an das Geschäft machte und etwas für mich herrichtete. Kurze Zeit darauf – mir kam es freilich lange vor – kam sie mit Flanell u. s. w. zurück, bähte mir das Knie ein Paar Stunden lang, machte mir eine Schale Haferschleim und wünschte mir dann gute Nacht, wobei sie versprach in der anderen Frühe wieder zu kommen. – Aber sie wünschte mir etwas, Euer Gnaden, was ich unmöglich haben konnte. Im Gegenteil, mein Fieber steigerte sich sehr in der Nacht; ihr Gesicht hatte eine große Verwirrung in mir angerichtet, – alle Augenblicke hieb ich die Welt in zwei Teile und gab ihr die eine Hälfte, – alle Augenblicke rief ich weinend, ich könne ihr nichts geben als meinen Tornister und achtzehn Gulden. – Die ganze Nacht hindurch sah ich die schöne Beguine wie ein Engel neben meinem Bette sitzen, wie sie meinen Vorhang zurückzog und mir herzstärkende Mittel gab; – ich erwachte erst aus diesem Traume, als sie wirklich zur versprochenen Stunde kam und mir jene tatsächlich reichte. In Wahrheit war sie fast immer bei mir und ich war so gewohnt das Leben aus ihren Händen zu empfangen, dass es mir ganz wehe ums Herz wurde und ich alle Farbe verlor, wenn sie nur das Zimmer verließ; und dennoch, fuhr der Korporal fort (indem er eine der seltsamsten Betrachtungen von der Welt hierüber anstellte) –
War ich nicht verliebt, – denn während der drei Wochen, dass sie fast immer um mich war, und mir Tag und Nacht mit ihrer Hand mein Knie bähte, kann ich Euer Gnaden versichern, dass mir * * * nicht ein einziges Mal.
Das war doch seltsam, Trim, sagte mein Onkel Toby.
Das meine ich auch, – sagte Frau Wadman.
Nicht ein einziges Mal, wiederholte der Korporal.
265. Kapitel
Das ist aber nicht zu verwundern, fuhr der Korporal fort, – als er sah, wie mein Onkel Toby darüber nachsann, – denn mit der Liebe, Euer Gnaden, ist es wie im Krieg; ein Soldat kann drei Wochen lang bis zum Samstag Abend gut durchgekommen sein – und doch am Sonntag Morgen durchs Herz geschossen werden. – So ging es auch hier, Euer Gnaden, nur mit dem Unterschied – dass es an einem Sonntag Nachmittag war, dass ich mich plötzlich wie ein Donnerwetter verliebte. – Es kam über mich, Euer Gnaden, wie eine Bombe, – dass ich kaum Zeit hatte, zu sagen: Gott steh' mir bei!
Ich wusste nicht,
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