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Laurins Vermächtnis (German Edition)

Laurins Vermächtnis (German Edition)

Titel: Laurins Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Biegert
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Lastwagen ging, setzte sich der Ältere auf eine der Kisten in der Halle, zog eine Packung „Salem“ aus der Jackentasche, zündete sich eine an und ließ mich ebenfalls auf einer Kiste Platz nehmen.
    „So Kamerad“, sagte er, „ich werde Dir etwas erklären.“
    Der „Kamerad“, und daß er mich auf einmal duzte, ließen mir die ganze Situation eher noch unbehaglicher erscheinen. Wie er so direkt und nah vor mir saß, fiel mir auf, daß seine Uniform nagelneu war. Alle Knöpfe blitzblank und nicht einmal an den Ärmelrändern der kleinste Verschleiß.
    „Hör mir jetzt genau zu“, fuhr er fort. „Der Inhalt dieser Kisten ist extrem wichtig und geheim, ich habe den Befehl, ihn in Sicherheit zu bringen, direkt aus Berlin. Niemand, ich wiederhole: Niemand darf den Aufenthaltsort dieser Dokumente erfahren. Wir werden diese Kisten hier gut verstecken und Du wirst sie auf keinen Fall anrühren. Du wirst mit niemandem über diese Sache hier sprechen. Du wirst einfach nichts tun und warten, bis autorisierte Personen das Material wieder abholen.“
    Und dann wollte er wissen, welches das beste Versteck im Haus für zehn Kisten dieser Größe sei. Ich hatte keine Lust, noch einmal in den Lauf seiner Pistole zu schauen; außerdem wollte ich nicht, daß die beiden hier alles auf den Kopf stellen, also zeigte ich ihm die Bibliothek. Dort schafften sie dann auch alles hin.
    Die beiden Burschen hatten ihren Auftrag erledigt und fanden offenbar, daß damit auch der Krieg für sie vorbei sei. Jedenfalls mußte ich ihnen zivile Kleidung aus meinem Schrank überlassen. Sie hatten sogar die Chuzpe, sich vor meinen Augen umzuziehen. Als der jüngere der beiden, der im Übrigen die ganze Zeit kein Wort gesprochen hatte, aus dem Hemd schlüpfte, sah ich ganz deutlich eine Tätowierung auf der Innenseite seines linken Oberarms. Sie war ungefähr einen Zentimeter groß und zeigte die Buchstaben „AB“. Eine Blutgruppentätowierung! Ich habe Besuch von SS-Männern bekommen!
    Jetzt sind sie weg. Ihre nagelneuen Wehrmachtsuniformen – wo sie die wohl herhatten? – haben sie mir dagelassen. Die Uniformen werde ich verbrennen, die soll hier keiner finden. Und die Kisten werde ich in der Tat nicht anrühren. Wenn wirklich irgendwann „autorisierte Personen“ hierherkommen, dann will ich nicht erklären müssen, warum die Schlösser aufgebrochen sind.
    SS-Männer also. Und tatsächlich hatte Matthias in den Aufzeichnungen dieses 14. April einen Hinweis auf die „Reichsbank“ gefunden. Sollten „Dokumente“ ausgerechnet in Kisten mit der Aufschrift „Deutsche Reichsbank“ transportiert worden sein? Nicht gerade naheliegend, aber auch nicht ausgeschlossen. Vielleicht hatte sein Großvater die Kisten tatsächlich nie geöffnet.
    Was ihn aber viel mehr erhitzte, war der Satz mit der Bibliothek. „... also zeigte ich ihm die Bibliothek. Dort schafften sie dann auch alles hin.“
    Die Bibliothek.
    Dort hatte Rainer vor drei Tagen mitten in der Nacht Matthias’ Kaffeefleck vom Teppich weggeputzt - dem Sisalteppich, der schon immer in der Bibliothek gelegen hatte, der einmal im Jahr zur Reinigung weggebracht wurde, und während der Reinigung war die Bibliothek immer geschlossen.
    Jetzt war sich Matthias sicher: Der Grund der Geschichte lag unter dem roten Sisalteppich.
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8. Kapitel
    Matthias Jäger stand vom Schreibtisch auf und schaute zum Fenster hinaus auf die Straße. Alles war dunkel und ruhig. Es war vier Uhr morgens an diesem Donnerstag. Matthias’ bisheriges Leben hatte erst vor wenigen Tagen begonnen, sich aufzulösen; ihm schien es aber, es sei schon seit hundert Jahren vorbei.
    Er spürte den Drang, jetzt sofort hinunterzugehen und die Bibliothek auf den Kopf zu stellen. Gleichzeitig war er aber nicht in der Verfassung dafür. Er war aufgewühlt und übermüdet. Und allein. Er wollte einen Helfer, einen Vertrauten, vielleicht einen Zeugen.
    Manfredo Fratelli musste ja ohnehin noch einmal vorbeischauen, um das Schloss an Rainers Schreibtischschublade fachmännisch wieder zu verschließen.
    Wann würde Rainer wiederkommen?
    Egal, Matthias musste sich unbedingt etwas hinlegen. Vielleicht würde er nicht schlafen können, aber zumindest würde er sich ausruhen und seine brennenden Augen schließen.
    Eine Minute nachdem sich Matthias, so wie er war, auf das Bett gelegt hatte, war die Frage, ob er würde schlafen können, erledigt.
    Als er wieder aufwachte, war es taghell im Zimmer. Er hatte nicht einmal gehört, wie

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