Laurins Vermächtnis (German Edition)
von einem ... wie soll ich sagen? ... „verbündeten“ Journalisten. Der Mann kann Transparenz herstellen, das ist das beste Mittel gegen Heimlichtuerei und Lügen.“
„Spinnst Du?“
Matthias riss seine Hände los.
„Hör’ mir bitte zu, ich habe nichts Falsches gemacht.“
Greta bekam Panik, den Bogen überspannt zu haben.
„Ich habe wirklich nur diese eine Andeutung gemacht und nichts Konkretes gesagt. Überleg’ doch mal: Diese ganze Geschichte könnte wirklich heikel werden, Du könntest in Schwierigkeiten geraten. Wenn die Presse davon Wind bekommt, kannst Du nichts mehr steuern. Ich habe das doch selber erlebt. Egal was da geschrieben wird, ob es gelogen oder verbogen ist – die Leute lesen und glauben es, da kannst Du machen, was Du willst. Wir hätten einen Verbündeten, der den Tenor vorgeben würde, der schreiben würde, was wirklich war und ist.“
„Mir gefällt das trotzdem nicht. Du kannst nicht, ohne mit mir vorher zu sprechen, einen fremden Menschen in etwas hineinziehen, was zuallererst meine und dann meinetwegen noch unsere Angelegenheit ist.“
„Das hätte ich ja gemacht. Aber dieser Mann, Jacques Brel, ist aufgetaucht, Du warst nicht da und ich musste eine Entscheidung treffen.“
Matthias hob beide Hände. Greta hatte für eine Sekunde Angst, er würde sie schlagen. Aber er wurde nur laut.
„Ja genau – Du hättest auch die Entscheidung treffen können, die Klappe zu halten, zumindest, was meine Sachen angeht. Du kannst dem Mann über Dein Leben erzählen, was Du willst, aber warum, Teufel noch mal, musstest Du mich ins Spiel bringen? Meinetwegen hättest Du sogar ...“
Matthias hielt inne, als er sah, dass seiner Freundin Tränen über das Gesicht liefen.
„Greta ...“
„Du hast ja Recht“, schluchzte sie. „Ich versuche gerade, mir das irgendwie hinzubiegen. Du musst verstehen, es fühlte sich wie die perfekte Lösung an. Ich habe wirklich nur das Beste gewollt, glaubst Du mir das?“
„Ja“, sagte Matthias, „ich glaube Dir das. Es war trotzdem eine Scheiß-Idee.“
Er versuchte, versöhnlich zu klingen.
„Greta, ich liebe Dich, auch wenn ich Dich gerade in der Luft zerreißen könnte. „Unberechenbar“ ist gar kein Ausdruck für Dich. Du bist wie eine rollende Kanonenkugel auf einem Segelschiff ... im Sturm.“
Greta musste lachen.
„Entschuldige, das ist nicht zum Lachen. Verzeih’ mir bitte, ich habe ...“
„Ja, ich weiß, Du hast es nur gut gemeint. Pass auf: Ich habe jetzt einiges zu tun, vor dem ich richtig Schiss habe. Wenn Du es willst, sei dabei. Aber ich entscheide, was getan wird, und wenn Du etwas sagen willst, sag’ es bitte nur mir. Einverstanden?“
„Einverstanden und versprochen.“
Greta stand auf und nahm Matthias in den Arm. Er ließ es zu. Zu mehr hatte er nicht die rechte Haltung.
Greta löste sich ein Stück weit, gerade so, dass sie Matthias anschauen konnte, und hob den Finger wie ein Schulmädchen.
„Was denn?“
Matthias war wirklich genervt von dem Alleingang seiner Freundin und von der Rigorosität, die sie manchmal hatte. Gleichzeitig genoss er – wie fast immer, wenn sie zusammen waren – ihren Charme wie eine warme Wanne nach einem kalten Tag.
„Ich habe nachgedacht. Wir haben doch beide keine großen Verpflichtungen, wir sind freie Menschen. Ich habe jahrelang auf Tennisplätzen gutes Geld verdient; jetzt kann ich mein neues Leben in jede Richtung lenken, die mir richtig erscheint. Du hast allein als Mitbesitzer des Jägerhofes ein Auskommen. Und Deinen Job an der Volkshochschule kannst Du jederzeit an den Nagel hängen.“
„Klar soweit“, sagte Matthias. „Und was sagt mir das jetzt?“
„Schau mal ... nicht gleich losbrausen bitte, hör’ mir erst mal ein paar Sätze zu: In Südtirol laufen die Neonazis auf offener Straße herum, in Österreich verehren sie den toten Haider noch mehr als den lebenden, in Deutschland fangen die Leute immer häufiger Sätze mit „Man wird doch wohl noch sagen dürfen ...“ an, in Frankreich ... ach, das weißt Du doch selber alles.“
„Und?“
Matthias bekam eine Ahnung, was jetzt kommen würde.
„Wir lesen Zeitung, schauen uns die Nachrichten an und können es nicht fassen, dass die braune Suppe mal mehr, mal weniger stark kocht, aber nie austrocknet. Und dann gehen wir wieder zum Alltag über. Wir nehmen es hin wie schlechtes Wetter.“
Matthias wurde langsam zappelig.
„Jetzt komm’ doch mal zum Punkt. Mir brennt gerade die Zeit unter den
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