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Lausbubengeschichten. Aus meiner Jugendzeit

Lausbubengeschichten. Aus meiner Jugendzeit

Titel: Lausbubengeschichten. Aus meiner Jugendzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Thoma
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einen sehr großen Kopf, und die Nase ist so aufgebogen wie beim Bindinger. Den ganzen Tag hat es den Finger im Mund und schaut einen so dumm an.
    Wie sie gekommen sind, ist meine Mutter auf die Bahn, und dann sind sie mit einer Droschke hergefahren.
    Meine Mutter und die Marie haben das kleine Mädel an der Hand geführt. Der Bindinger ist hinterdrein gegangen.
    Über die Stiege hinauf haben sie schon lebhaft miteinander gesprochen, und meine Mutter sagte immer: »Also da seid ihr jetzt, Kinder! Nein, wie das Mimili gewachsen ist! Das hätte ich nicht für möglich gehalten.«

    »Ja, gelt Mama, du findest auch? Alle Leute sagen es. Doktor Steininger, unser Arzt, weißt du, findet es ganz merkwürdig. Nicht wahr, Heini?«
    Dann hörte ich dem Bindinger seine tiefe Stimme, wie er sagte: »Ja, es gedeiht sichtlich, Gott sei Dank!« Endlich sind sie oben gewesen, und ich bin unter der Tür gestanden.
    Meine Schwester gab mir einen Kuß, und der Bindinger schüttelte mir die Hand und sagte: »Ach, da ist ja unser Studiosus! Der Cäsar wird dir wohl einige Schwierigkeiten machen? Gallia est omnis divisa in partes tres, haha!«
    Ich glaubte, daß er mich schon examinieren wollte, aber meine Mutter rief: »Ja, Ludwig, du hast ja Mimili noch gar nicht begrüßt und siehst doch dein kleines Nichtchen zum erstenmal! Sieh nur her! Wie lieb und hübsch sie ist!«
    Ich fand es gar nicht hübsch; es war wie alle kleinen Kinder. Aber ich tat so, als wenn es mir gefällt, und lachte recht freundlich. Das freute meine gute Mutter und sie sagte zu Marie: »Siehst du? Ich wußte es gleich, daß ihm Mimili gefallen wird. Sie ist auch zu reizend!«
    Im Wohnzimmer war ein Frühstück hergerichtet; unsere Kathi mußte Bratwürste holen, und es gab Märzenbier dazu.
    Ich freute mich, aber die andern hatten keine Zeit zum Essen, weil sie immer um das Kind herum waren.
    Es mußte seine Hände herzeigen, und wie ihm die Kapuze abgenommen wurde, sah man, daß es blonde Locken hatte, und da schrien sie wieder, als ob es was Besonderes wäre.
    Meine Mutter küßte es auf den Kopf, und Marie sagte in einem fort: »Mimi, das ist deine Omama!« Und der Bindinger bückte sich, daß er ganz rot wurde und sagte: »Du, du! Duzi, duzi!«
    Da heulte es auf einmal, und die Marie wisperte meiner Mutter ins Ohr, und sie gingen schnell hinaus damit.
    Der Bindinger blieb herin, aber er setzte sich nicht zum Essen her, sondern ging auf und ab und machte ein ängstliches Gesicht.
    Dann rief er zur Tür hinaus: »Marie, es ist doch hoffentlich nichts Ernsteres.«
    »Nein, nein!« sagte Marie, »es ist schon vorbei.«
    Dann kamen sie wieder herein mit dem Kind, und meine Mutter sagte: »Die lange Bahnfahrt, und dann das Ungewohnte, und die Aufregung! Das kommt alles zusammen.«
    Ich war froh, wie sie einmal saßen und das Kind auf dem Kanapee ließen, denn die Bratwürste waren schon kalt.
    Jetzt fingen wir an zu essen und zu trinken, und stießen mit den Gläsern auf fröhliche Ostern an.
    Meine Mutter sagte, daß sie schon lange nicht mehr so vergnügt gewesen ist, weil wir alle beisammen sind, und Marie so gut aussieht, und das herzige Mimili. Und ich hätte auch ein besseres Zeugnis heimgebracht als sonst. Ich mußte es dem Bindinger bringen, und er las es vor. »Der Schüler könnte bei seiner mäßigen Begabung durch größeren Fleiß immerhin Besseres leisten.« Dann kamen die Noten. Lateinische Sprache III.
    »Hm! Hm!« sagte der Bindinger, »das entspricht meinen Erwartungen. Mathematik II-III, griechische Sprache III-IV.«
    »Warum bist du hierin so schwach?« fragte er mich.
    »Über das Griechische klagt Ludwig oft,« sagte meine Mutter; »es muß sehr schwierig sein.«
    Ich wollte, sie hätte mich nicht verteidigt; denn der Bindinger redete jetzt so viel, daß mir ganz schlecht wurde.
    Er strich seinen Bart und tat, als ob er in der Schule wäre.
    »Wie kann man eine solche Ansicht äußern!« sagte er. »Das ist sehr betrübend, wenn man diesen verkehrten Meinungen immer und immer wieder begegnet. Gerade die griechische Sprache ist wegen ihres Ebenmaßes und der Klarheit der Form hervorragend leicht. Sie ist spielend leicht zu erlernen!«
    »Warum hast du dann III-IV?« fragte mich meine Mutter, »du mußt jetzt sagen, wo es fehlt, Ludwig.«
    Ich war froh, daß der Bindinger nicht wartete, was ich sagen werde. Er legte ein Bein über das andere und sah auf die Decke hinauf und redete immer lauter.
    »Haha!« sagte er, »die griechische Sprache ist

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