Lausbubengeschichten
Stunden
Karzer gekriegt. Der Pedell hat gesagt, ich wäre dimittiert ge-
worden, wenn mir nicht der Gruber so geholfen hätte. Der Fal-
kenberg hat darauf bestanden, daß ich dimittiert werde, weil
ich das Priesterkleid beschmutzt habe. Aber der Gruber hat ge-
sagt, es ist bloß Übermut, und er will meiner Mutter schreiben,
ob er mir nicht ein paar herunterhauen darf. Dann haben ihm
die andern recht gegeben, und der Falkenberg war voll Zorn.
Er hat es sich nicht ankennen lassen, sondern er hat das
nächstemal in der Klasse zu mir gesagt: „Du hast gesündigt,
aber es ist dir verziehen. Vielleicht wird dich Gott in seiner
unbeschreiblichen Güte auf den rechten Weg führen.“
Die sechs Stunden habe ich brummen müssen, und der Fal-
kenberg hat mich nicht mehr aufgerufen; er ist immer an mir
vorbeigegangen und hat getan, als wenn er mich nicht sieht.
Den Fritz hat er auch nicht leiden können, weil er mein
bester Freund ist und immer lacht, wenn er „Kindlein“ sagt.
Er hat ihn schon zweimal deswegen eingesperrt, und da ha-
ben wir gesagt, wir müssen dem Kindlein etwas antun. Der
Fritz hat gemeint, wir müssen ihm einen Pulverfrosch in den
Katheder legen; aber das geht nicht, weil man es sieht. Dann
haben wir ihm Schusterpech auf den Sessel geschmiert. Er
hat sich aber die ganze Stunde nicht darauf gesetzt, und
dann ist der Schreiblehrer Bogner gekommen und ist hängen
geblieben.
Das war auch recht, aber für den Kindlein hätte es mich
besser gefreut.
Der Fritz wohnt bei dem Malermeister Burkhard und hat
ihm eine grüne Ölfarbe genommen, wie der Katheder ist. Die
haben wir vor der Religionsstunde geschwind hingestrichen,
wo er den Arm auflegt.
Da hat es auf einmal geheißen, der Falkenberg ist krank
und wir haben Geographie dafür. Da ist der Professor Ulrich
eingegangen, weil er voll Farbe geworden ist, und er hat den
Pedell furchtbar geschimpft, daß er nichts hinschreibt, wenn
frisch gestrichen ist.
Der Kindlein ist uns immer ausgekommen, aber wir ha-
ben nicht ausgelassen.
Einmal ist er in die Klasse gekommen mit dem Rektor
und hat sich auf den Katheder gestellt. Dann hat er gesagt:
„Kindlein, freuet euch! Ich habe eine herrliche Botschaft für
euch. Ich habe lange gespart, und jetzt habe ich für unsere ge-
liebte Studienkirche die Statue des heiligen Aloysius gekauft,
weil er das Vorbild der studierenden Jugend ist. Er wird von
dem Postament zu euch hinunterschauen und ihr werdet zu
ihm hinaufschauen. Das wird euch stärken.“
Dann hat der Rektor gesagt, daß es unbeschreiblich schön
ist von dem Falkenberg, daß er die Statue gekauft hat, und
daß unser Gymnasium sich freuen muß. Am Samstag kommt
der Heilige, und wir müssen ihn abholen, wo die Stadt an-
fangt, und am Sontag ist die Enthüllungsfeier.
Da sind sie hinausgegangen und haben es in den anderen
Klasszimmer gesagt. Und ich und der Fritz sind miteinander
heimgegangen.
Da hat der Fritz gesagt, daß der Kindlein es mit Fleiß ge-
tan hat, daß wir den Aloysius am Samstagnachmittag ho-
len müssen, weil er uns nicht gönnt, daß wir frei haben. Ich
habe auch geschimpft und habe gesagt, ich möchte, daß der
Wagen umschmeißt.
Dem Fritz sein Hausherr hat es schon gewußt, weil es in
der Zeitung gestanden ist. Er kann uns gut leiden und redet
oft mit uns und schenkt uns eine Zigarre.
Auf den Falkenberg hat er einen Zorn, weil er glaubt, daß
sein Pepi wegen dem Falkenberg die Prüfung in die Latein-
schule nicht bestanden hat. Ich glaube aber, daß der Pepi zu
dumm ist.
Der Hausherr hat gelacht, daß so viel in der Zeitung ge-
standen ist von dem Heiligen. Er hat gesagt, daß er von Gips
ist und daß er ihn nicht geschenkt möchte. Er ist von Mühl-
dorf. Da ist er schon lang gestanden, und niemand hat ihn
mögen. Vielleicht hat ihn der Steinmetz hergeschenkt, aber
der Falkenberg macht sich schön damit und tut, als wenn
er viel gekostet hat. Das ist ein scheinheiliger Tropf, hat der
Hausherr gesagt, und wir haben auch geschimpft über den
Kindlein.
Dann ist der Samstag gekommen. Das ganze Gymna-
sium ist aufgestellt worden, und dann haben wir durch die
Stadt gehen müssen. Vorne ist der Rektor mit dem Falken-
berg gegangen, und dann sind die Professoren gekommen.
Der Gruber war nicht dabei, weil er Protestant ist. Oben auf
dem Berg ist ein Wirtshaus, wo die Straße von Mühldorf
herkommt. Da haben wir gehalten und haben gewartet. Ein
halbe Stunde haben wir stehen
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