Lauschangriff - Im Visier der Feinde: Thriller (German Edition)
und bat diesen, die Zellentür aufzusperren. Ransom kam dem Wunsch nach. Zwei Wachen betraten mit erhobenen Waffen die Zelle. Yousaf war sein sagenhafter Ruf vorausgeeilt. Man ging bei ihm keinerlei Risiko ein und hatte auch nicht den geringsten Grund, an der Überzeugung zu zweifeln, dass es sich bei ihm um einen Terroristen, Mörder und Sprengstoffattentäter handelte, der sich in Bagdad des Massenmords schuldig gemacht und einen hochrangigen US-Diplomaten umgebracht hatte.
Es hatte Nächte gegeben, in denen er halluziniert und zu sich selbst gesprochen hatte, teils als Folge extremen Schlafentzugs, teils als Folge der verabreichten Tranquilizer, die ihn ruhigstellen sollten. In diesen Nächten hatte Sergeant Ransom ihn manchmal belauscht und sich von einem arabischen Dolmetscher übersetzen lassen, was Yousaf in der schwülen nächtlichen Stille vor sich hin gebrabbelt hatte.
Sie haben unser Land seiner Reichtümer beraubt, unsere Ölfelder geplündert, unser Volk getötet. Blut wird fließen, viel mehr Blut. Amerika wird wieder bluten, wie es zuvor geblutet hat. Ich werde mein Schwert nicht niederlegen, solange die Ungläubigen nicht tot sind. Allah ist groß. Es gibt keinen Gott außer Allah, Tod den Ungläubigen. Möge der Scheich u nd seine Anhänger die Amerikaner vernichten … mögen die Türme fallen, möge Blut fließen, denn am Ende werden wir siegen. Tod den Ungläubigen. Tod, sage ich, egal, wie hoch der Preis sein mag.
Sie betraten nach den Wachen die Zelle. Hinter ihnen wurde die Tür verriegelt. Yousaf betrachtete sie. Myerson fragte Yousaf, ob er bereit sei, seine Fragen zu beantworten, und beteuerte erneut, dass er und sein Kollege hier seien, um ihm zur Freiheit zu verhelfen und ihre Honorare von Saudi-Arabien bezahlt würden.
Der Mann, der die ihm vorgeworfenen Verbrechen fraglos begangen hatte, hatte nichts zu verlieren. In Wahrheit kannten die Amerikaner nur die Hälfte seiner Taten, denn Yousaf war in den fahlen, geröllübersäten Kellern in Nordbagdad an der Herstellung von möglicherweise fünfzig Autobomben beteiligt gewesen. Er hatte als Scharfschütze, Attentäter und Raketenschütze Dutzende junger US-Soldaten auf dem Gewissen. Im Hindukusch gehörte er zu den besten Militärtechnikern der El Kaida, hatte Attentate auf kleine Gruppen der US-Spezialkräfte geplant und zweimal mit einer Stinger einen US-Hubschrauber vom Himmel geholt, ohne dass es Überlebende gegeben hätte.
Biff Ransom hätte ihn schon wegen sehr viel Geringerem auf der Stelle erschossen. James Myerson jedoch, der in erster Linie dafür sorgen musste, dass bei Epstein’s der Rubel rollte, stand dem bärtigen Mann sehr viel aufgeschlossener gegenüber.
»Yousaf«, sagte er, »ich muss Sie das fragen. Haben Sie die Ihnen zur Last gelegten Verbrechen begangen?«
»Nein«, erwiderte der Terrorist. »Sie haben immer gesagt, ich hätte einen amerikanischen Diplomaten erschossen und einen Sprengstoffanschlag auf ein Hotel in Bagdad verübt. Aber ich war noch nie in meinem Leben im Irak. Ich habe immer in Pakistan gelebt, im Swat-Tal oder in Peshawar.«
»Papiere? Dokumente?«, fragte Myerson. »Pass, Kreditkarten?«
»Ich hatte noch nie einen Pass. Ich habe meine Heimat nie verlassen. Und für eine Kreditkarte bin ich zu arm. Ich bin bloß ein Bauer.«
Ransom verdrehte die Augen. Myerson fuhr fort. »Haben Sie in dem Dorf gelebt, in dem Sie gefangen genommen wurden?«
»Nein. Ich habe nur Ibrahim besucht. In den Bergen braucht man keinen Pass. Es gibt keine Grenzkontrollen. Oft weiß man noch nicht einmal, ob man sich in Afghanistan oder Pakistan befindet.«
Myerson nickte. »Hat das Militärtribunal Sie dieser Verbrechen für schuldig befunden?«
»Ich nehme es an. Aber ich habe nicht verstanden, was sie gesagt haben. Nur, dass der Offizier empfohlen hat, mich hier nie mehr rauszulassen. Und seitdem bin ich hier.«
»Hatten Sie Kontakt zu Ihrer Familie?«
»Nein. Ich bin ganz allein.«
An diesem Punkt konnte sich Biff Ransom nicht mehr zurückhalten. »Für einen einfachen Bauern, der nie über seinen verdammten Pfirsichhain hinausgekommen ist, spricht er aber verdammt gut Englisch.«
»In einer Stadt wie Peshawar, vermute ich, wird viel Englisch geredet«, erwiderte Tom Renton geduldig. »Er hätte es lernen können. Schließlich hat die Stadt lange Zeit unter britischer Herrschaft gestanden, nicht wahr?«
»Haben Sie den Bericht des Tribunals über diesen Typen und seinen Kumpel gelesen?«
»Noch
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