Lauschangriff - Im Visier der Feinde
Teleobjektiv. Johnnys Kumpel schwor bei Gott, er habe damit das Titelbild der Jerusalem Post vom Attentat auf Papst Johannes Paul II. 1981 auf dem Petersplatz geschossen.
Die Canon, mit einem neuen Schwarz-Weiß-Film bestückt, befand sich in einer Ledertasche in Johnnys SUV. Er würde die Bilder persönlich im Keller von Banda Fine Arts entwickeln.
Sie gaben sich zum Abschied die Hand und wünschten sich gegenseitig viel Glück, dann machte sich Johnny auf den Weg zur waldbestandenen Zufahrt zur Mountainside Farm, wo er sich zwischen den dicht stehenden Bäumen verstecken wollte. Die anderen beiden tranken eine weitere Tasse Kaffee und hielten den Bildschirm im Auge. Der Bus hatte sich noch immer nicht bewegt.
Mack und Benny waren bereit. Der Nissan wartete auf dem Parkplatz, der tragbare Zünder war sofort scharf, sobald man ihn anschaltete – und solange das kleine rote Licht unter dem gelben Schulbus vor sich hin blinkte.
In der Academy herrschte mittlerweile kontrolliertes Chaos. Die Schulkorridore wimmelten vor Eltern und Schülern, die alle in die Aula wollten, und die Schulangestellten taten alles in ihrer Macht Stehende, um ihre große Herde in die richtige Richtung zu lenken.
Die Sekretärin, Ms. Marie Calvert, hatte sich bereits mit der Polizei in Torrington in Verbindung gesetzt und sich nach dem Streifenwagen erkundigt, der üblicherweise am Haupttor stand. Die Beamten sollten vorwiegend dafür sorgen, dass sich keine Staus bildeten, es wurden aber auch die ankommenden Gäste kontrolliert und der Lieferverkehr zum Osttor der Schule umdirigiert.
Officer Tony Marinello stand bereits an der Zufahrt, in der Hand seine Checkliste, aus der er entnehmen konnte, dass alle Eltern einen kleinen grünen Aufkleber in Form eines Davidsterns an der Windschutzscheibe haben sollten. Daneben war mit drei gelben Schulbussen zu rechnen, zwei davon brachten Gastchöre, der dritte kam von der Yale Choral Society und sollte in Kürze aus New Haven eintreffen.
Tony schickte die Neuankömmlinge direkt die Auffahrt hoch, wo die Sportfelder links des Hauptgebäudes als Parkplätze genutzt wurden.
Alle Schulfeste brachten ein erhöhtes Verkehrsaufkommen mit sich, ein großes Internat auf dem Land aber, das nur wenige Schüler aus der unmittelbaren Umgebung beherbergte, sorgte für ganz andere Probleme. Hunderte von Leuten reisten von weit her an, sie waren müde, gereizt und wollten endlich den Wagen abstellen und aussteigen, um irgendwo einen Kaffee zu ergattern. Manche kamen sehr früh, noch vor 8.30 Uhr, anderen glaubten, zu spät zu sein, und hatten Sorge, die Feier könne ohne sie beginnen. Und zwischendrin stand Officer Marinello und war bemüht, den Anschein von Ordnung aufrechtzuerhalten.
Zwei der Busse waren vor 9.15 Uhr eingetroffen, der Bus aus New Haven tauchte zehn Minuten später auf. Tony Marinello winkte sie alle drei durch. Zwei der Busfahrer, die wie er aus der Gegend stammten, kannte er persönlich. Im Moment leitete er einen weißen Lieferwagen, der frische Wäsche brachte, zum Osttor weiter. An der Straße hatte sich ein kleiner Stau gebildet, und die Fahrer warteten darauf, dass der Polizeibeamte den roten Leitkegel wieder wegnahm, mit dem er den Verkehrsfluss steuerte. Tony nahm seine Pflichten sehr ernst, mochten sie noch so unbedeutend sein. Er war äußerst ehrgeizig, und sein Eifer war bei seinen Vorgesetzten nicht unbemerkt geblieben. Er las fleißig die Tageszeitung, und anders als seine Kollegen war er sich der eigentlichen Bedeutung der Canaan Academy durchaus bewusst – weil er es sich zur Aufgabe gemacht hatte, es herauszufinden. Er verfügte über den dafür nötigen Verstand, den eigentlich alle Polizeibeamten haben sollten, den Verstand, der ihn in seinem Beruf irgendwann bis ganz nach oben bringen würde.
Als er das erste Mal hier vorbeigefahren kam, hatte er die grandiose Auffahrt gesehen, die schwarzen Eisentore, die Steinlöwen, den gepflegten Rasen und dahinter ein Gebäude, das von der Straße aus wie die Sommerresidenz König Heinrichs VIII. und all seiner Frauen aussah. Tony, der damals kurz vor seinem Abschluss an der Connecticut-Polizeiakademie in Meriden war, sah sofort, dass eine solche Einrichtung Millionen Dollar an Unterhalt kostete. Also recherchierte er zur Canaan Academy und erfuhr schließlich, dass hier die großen Wall-Street-Akteure großgezogen wurden. Die zukünftigen Vorsitzenden legendärer Wall-Street-Investmentbanken waren hier untergebracht. Die Söhne
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