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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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war nicht zum Plaudern aufgelegt. »Gut. Dann gehen Sie zu den anderen draußen.«
    Patsy verkrümelte sich gehorsam. Ich blieb.
    »Nun, Miß Evans?«
    »Ich glaube nicht, daß der Mann die Bombe hier im Foyer versteckt haben kann«, sagte ich.
    »Es freut mich, Ihre Meinung zu hören. Und jetzt gehen Sie bitte zu den anderen. Draußen.«
    »Er konnte sie hier gar nicht verstecken. Es waren viel zu viele Menschen hier; das Foyer war den ganzen Morgen gedrängt voll. Wie hätte er hinter eines der Sofas langen können?«
    Er fixierte mich streng. »Miß Evans, warum müssen Sie mir immer so viele Schwierigkeiten machen?«
    »Ich werde jetzt alle Anproben durchsuchen«, sagte ich. »Da trieb er sich doch herum!«
    »Miß Evans! Sie werden nichts dergleichen tun! Sie werden auf der Stelle gehorchen und das Foyer verlassen.«
    »Ich kenne diese Abteilung besser als irgend jemand sonst. Es ist meine Abteilung. Ich kenne jede Ecke und jeden Winkel.«
    Er war so wütend, daß er — das hätte ich schwören können — drauf und dran war, mich beim Kragen zu nehmen und buchstäblich aus dem Salon zu werfen. Diese Schande blieb mir durch die Ankunft einer ganzen Armee Männer erspart, alle riesig groß, mit schwerem Schritt und in beträchtlicher Eile. Es waren ungefähr ein Dutzend Polizisten in Uniform, ein halbes Dutzend Detektive in Zivil und ein Schwarm Feuerwehrleute mit Helmen, Ölhautüberwürfen und Gummistiefeln. Sie brachten überlebensgroße Äxte, Brechstangen und Feuerlöscher angeschleppt.
    Ich hatte nichts gegen die Polizisten oder die Detektive, doch als ich diese Feuerwehrleute sah, krampfte sich mir das Herz zusammen. Ich kenne New Yorker Feuerwehrleute; ich habe sie in Aktion gesehen. Es sind sicher hingebungsvolle Helden, jeder einzelne von ihnen, doch das erste, das sie zu tun scheinen, wenn sie in der Nähe einen Brand vermuten, ist, mit ihren Brechstangen die Wände einzureißen, die Möbel mit ihren Äxten zu zertrümmern und alles in Sichtweite Befindliche mit klebrigem, weißem Schaum zu bespritzen. »Mr. Kirkpatrick«, flehte ich fast weinend, »bitte, bitte, lassen Sie die Feuerwehrleute hier nichts tun. Die werden das Foyer zerstören. Bitte!«
    »Raus«, sagte er. »Mir zuliebe, machen Sie, daß Sie ‘rauskommen.«
    Mr. Tompkins rief: »Mr. Kirkpatrick, Sir.« Er wollte, daß Kirkpatrick mit den Leuten vom Sprengkommando sprach. Kirkpatrick funkelte mich an, zögerte und wandte sich ab; und ich ging von ihm fort, durch die enge Tür zwischen den beiden Spiegeln, den Korridor hinunter.

    Es war kein Heldenmut oder dergleichen. Ich war starr vor Angst. Meine Knie schlugen bei jedem Schritt gegeneinander. Doch dies war meine Abteilung, wie ich Kirkpatrick gesagt hatte; Jahre meines Lebens hatte ich damit zugebracht, diesen Flur hin und her zu laufen, in die Anproben und wieder heraus; ich kannte wirklich jede Ecke und jeden Winkel. Die Kabinen waren alle ständig besetzt gewesen, ebenso wie das Foyer; in keine von ihnen hatte der kleine Verrückte mit den blauen Augen hineingekonnt, des war ich sicher. Er hätte sein Paket in Geschenkpapier allerdings durch einen Vorhang schieben und gegen die Trennwand lehnen können. Kaum jemand würde in der Aufregung, Brautkleider anzuprobieren, ein vergessenes Geschenkpaket bemerkt haben.
    Er hätte es auch in den Besenschrank neben Anprobe 5 stellen können; oder in den Schrank neben der großen Anprobe, wo wir mancherlei Kram wie zerbrochene Vasen und Büromaterial aufbewahrten. Oder in den Geräteschrank zwischen Anproben 1 und 2.
    Ich begann mit den Anproben, im Geschwindschritt, die Augen nur auf eines ausgerichtet — auf ein dünnes, zylinderförmiges Gebilde, knapp einen Meter lang, in Geschenkpapier, das an einer Trennwand stand oder lag. Nichts.
    Ich riß die Tür zum Besenschrank auf, zog an der Lampenschnur, sah nur Besen, Schrubber und Eimer; eilte weiter zum Schrank mit Büromaterial. Er war verschlossen; ich brach beinahe in Tränen aus. Konnte es sein, daß der kleine Irre die Tür geöffnet, das Paket hineingelegt und die Tür wieder verschlossen hatte? Eigentlich unmöglich. Aber er war verrückt; und ich hatte heute gelernt, daß ein Verrückter nicht mit Maßstäben des Normalen zu messen ist; ihm ist nichts unmöglich. Für ihn zählt kein Schloß mehr, nicht einmal Menschenleben.
    Der Schlüssel zum Materialschrank war in der obersten Schublade meines Schreibtisches; und ich war gerade im Begriff, in mein Büro zu stürzen und ihn zu

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