Lauter Bräute
hätten Ihr eigenes Büro und völlig freie Hand, die Position nach Ihren eigenen Wünschen zu entwickeln. Und wenn die Dinge sich gut anlassen, wäre ich der erste, meine Wertschätzung zu zeigen. Ein Bonus am Jahresende, eine Verkaufskommission. Ich meine es ernst, Miß Evans.«
Das war ein sehr schmeichelhaftes Angebot. Es tat meinem Selbstbewußtsein wohl. Doch ich wollte Fellowes im Augenblick nicht verlassen. »Ich bin natürlich hocherfreut, daß Sie eine so gute Meinung von mir haben. Mr. Giachino. Der Haken ist nur der, daß ich hier wirklich sehr glücklich bin —«
»Natürlich sind Sie glücklich!« rief er. »Der liebe Gott hat Ihnen eine glückliche Natur mitgegeben! Ich meine ja auch nur, daß Sie bei uns vielleicht noch glücklicher sein könnten —«
Es wurde hart an die Tür geklopft. Noch ehe ich >Herein< sagen konnte, flog die Tür auf.
Kirkpatrick.
Er sah mich an; sah den schmucken, kleinen Mr. Giachino an, sah die zwei Dutzend roter Rosen auf meinem Schreibtisch an; und verkniff mißtrauisch den Mund. Keine Ahnung, was für Gedanken tatsächlich hinter seiner Stirn kreisten; aussehen tat er jedenfalls, als hätte er mich dabei erwischt, wie ich Fellowes Geschäftsgeheimnisse an den Agenten einer fremden Macht verkaufte.
Ohne weitere Einleitung sagte er: »Wegen dieses Fiaskos gestern. Ich möchte so bald wie möglich einen vollständigen, maschinengeschriebenen Bericht darüber haben.«
»Meinen Sie die Anprobe Albacini?«
»Ja.«
»In Ordnung.« Ein vollständiger, maschinengeschriebenen Bericht würde eine Stunde oder mehr in Anspruch nehmen.
Kalt fuhr er fort: »Wie ich höre, hatte der Hersteller die falsche Order geschickt. Stimmt das?«
»Ja. Da war ein Irrtum unterlaufen. Aber jetzt ist alles in Ordnung. Der Fabrikant ist persönlich hergeflogen und hat die Order gebracht — «
»Wie heißt der Laden?«
»Giachino Brothers Boston.«
Mr. Giachino war leichenblaß geworden.
»Die Leute sind ganz offenbar völlig unfähig«, sagte Kirkpatrick. »Mit solchen idiotischen Stümpern kann Fellowes keine Geschäfte machen. Sie werden dort keine Aufträge mehr plazieren.« Damit schickte er sich an zu gehen.
Ich fuhr entsetzt in die Höhe. »Mr. Kirkpatrick!«
Er wandte sich um, maß mich mit einem eisigen Blick. »Und in Zukunft lassen Sie bitte Ihre Tür offen, Miß Evans. Ich sehe keinen Grund, warum Sie sie geschlossen halten.« Damit entschwand er.
Mr. Giachino rang nach Luft. »Miß Evans! Haben Sie dasselbe gehört wie ich?«
»Bitte, Mr. Giachino, machen Sie sich keine Sorgen. Ich bringe das sofort in Ordnung.«
»Wer ist dieser Mann? Wer ist das?«
»Unser neuer Etagenchef, Mr. Kirkpatrick.«
Durch zusammengebissene Zähne knirschte Mr. Giachino: »Muß ich mir derartige Beleidigungen von einem Etagenchef anhören? Hat Giachino es nötig, bei diesem elenden Laden um Aufträge zu betteln? Nein! Ich kann so viele Aufträge bekommen, wie ich bewältigen kann! Von Saks, von Bonwits, von Lord & Taylor. Es gibt Geschäfte, die mich anflehen, für sie zu arbeiten, anflehen...«
»Mr. Giachino, ich versichere Ihnen, Mr. Kirkpatrick ist neu in der Abteilung. Er weiß nichts von den langjährigen Beziehungen, die wir zu Ihrer Firma haben.«
»Idiotische Stümper, wie? — Miß Evans, wieviel von Ihrem Gesamtvolumen liefern wir?«
»Ungefähr ein Fünftel. — Bitte, Mr. Giachino, hören Sie zu. Ich werde sofort mit Mr. Cavanaugh sprechen —«
»Miß Evans, ich möchte Ihnen folgendes sagen: Gestern abend im Hotel konnte ich nicht einschlafen. Ich war so bedrückt, weil ich Sie mit dieser Order in Ungelegenheiten gebracht hatte. Sie sind meine Freundin, Ihretwegen konnte ich nicht schlafen. Aber meinen Sie, daß ich mein Leben um dieses Etagenchefs willen verkürzen will? Nein, meine Gnädigste. Tun Sie es nur. Tun Sie das, was er Ihnen aufgetragen hat. Streichen Sie uns von Ihrer Liste. Finden Sie einen anderen Fabrikanten, der Ihnen ein Fünftel Ihres Gesamtbedarfes liefert. Wo wollen Sie diesen anderen Fabrikanten finden? Der Juni ist nicht mehr weit. Wo wollen Sie Ihren Bedarf decken?« Er stand auf, so wütend, daß er sich an meinem Schreibtisch festhalten mußte.
Natürlich hatte er völlig recht. Wir konnten gar keinen anderen Fabrikanten finden, um ihn zu ersetzen.
»Warten Sie einen Moment, Mr. Giachino. Lassen Sie mich Mr. Cavanaugh anrufen, unseren Einkaufsleiter...«
Er schlug mit der Faust auf meinen Schreibtisch. »Und was ist mit den Aufträgen, die
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