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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Schuhe und Negligés rumort es ebenfalls.«
    »Ist das alles?«
    »Was willst du denn noch?« fragte Suzanne. »Die fünfte Etage bei Fellowes wird bald eine Wüste sein, wenn dieser Mann so weiterwurstelt wie bisher. — Ach ja, da ist noch etwas. Erinnerst du dich an meine hübsche Miß Haysmill, die gestern fotografiert wurde?«
    Und ob ich mich an die hübsche Nina Haysmill erinnerte.
    »Sie hat ihre Hochzeit an einen anderen Ort verlegt.«
    »So?« Das war keine unbedingt welterschüttemde Nachricht.
    »Weißt du, wo sie jetzt heiraten will? In Acapulco, ich bitte dich.«
    »Wie nett.«
    »Sie rief heute morgen an. Bitte schicken Sie Brautkleid und alles Zubehör als Lufteilfracht, sagte sie. Ins Hotel Erzherzog Maximilian, Acapulco, Mexiko. Sofort. Auf der Stelle. D’Arcy, ich habe Blut geschwitzt, alles zusammenzubekommen und loszuschicken. Ich hätte sie umbringen können. Ich war grün vor Neid.«
    »Vom Hotel Erzherzog Maximilian habe ich noch nie gehört.«
    »Oh, das ist wahrscheinlich eines dieser märchenhaften neuen Hotels, die sie in Acapulco haben, sicher hundert Dollar pro Tag für ein Zimmer. — D’Arcy, willst du mir einen Gefallen tun?«
    »Welchen?«
    »Pack mich in einen großen Karton und schicke mich per Lufteilfracht ans Hotel Erzherzog Maximilian. Es brauchen nur ein paar Löcher in dem Kasten zu sein, damit ich Luft bekomme.«

    Der Samstag ist bei uns im Brautsalon immer der arbeitsreichste Tag, ausgenommen die Monate Juli und August, wenn das Geschäft am Wochenende geschlossen ist. Um halb zehn begannen die werdenden Bräute hereinzuströmen, einige von Müttern und Schwestern begleitet, einige mit nicht mehr als einem Dutzend engster Freundinnen; unsere Klappstuhlreserven wurden herausgebracht, doch auch sie reichten nicht; und um zehn Uhr hatte sich draußen vor dem Foyer eine Bräuteschlange gebildet.
    Die Beraterinnen arbeiteten emsig wie die Bienen, und selbst die kleine Alice Pye wurde mit eingesetzt, um des Andranges Herr zu werden. Ich stand neben dem schmiedeeisernen Torbogen und regelte den Verkehr, notierte die Namen der Mädchen, wies ihnen die Beraterin zu und unterzog sie gewissermaßen einer Vorprüfung, um Zeit zu sparen.
    Um halb elf dann passierte das Unvermeidliche: Kirkpatrick. Wieder auf dem Kriegspfad. Niemand hätte sich vorstellen können, daß wir erst gestern im Washington Square Park ein paar Augenblicke lang ausgesprochen höflich miteinander gewesen waren.
    Er durchbrach die Bräuteschlange und sagte mit gedämpfter Stimme: »Miß Evans, habe ich Sie nicht gebeten, mir über alles, was Sie tun, Bericht zu erstatten?«
    »Ja. Das stimmt.«
    »Und warum haben Sie es nicht getan?«
    »Ist irgend etwas nicht in Ordnung?«
    »Kommen Sie bitte mit.«
    »Mr. Kirkpatrick, ich bin hier im Augenblick wirklich nicht abkömmlich. Wir haben schrecklich viel zu tun. Sie sehen doch selbst, daß...«
    »Miß Evans, würden Sie die Güte haben mitzukommen.«
    Ich konnte mich nicht mit ihm auseinandersetzen. Ich wollte eine der Beraterinnen herbeirufen, Mrs. Hazel oder Miß Greene, um meinen Platz am Eingang zum Foyer einzunehmen, doch mir blieb keine Zeit. Kirkpatrick stakste davon, und ich mußte ihm nacheilen — regelrecht rennen mußte ich, so schnell ging er. Weiter und weiter, vorbei an Modehüten, Schuhen, Negliges, Miederwaren, er voran, ich hinterher. Hinein in einen Fahrstuhl und — ich hätte es mir denken können — hinauf ins zwölfte Stockwerk, stracks ins Büro von Mr. Carroll, unseres Vizepräsidenten und Kundendienstdirektors. Ich durchforschte mein Herz, durchforschte meinen Verstand — was hatte ich Fellowes, Fifth Avenue, nur diesmal angetan — doch ich tappte völlig im Dunkeln.
    Das große Büro war nicht so voller Menschen wie an dem Tage, als die Albacinis hier ihren Besuch abstatteten. Mr. Carroll saß an seinem Zwei-Meter-fünfzig-Mahagoni-Schreibtisch und sah zwar etwas blaß, jedoch sehr merkwürdig aus. Neben ihm stand Miß Martin, umwerfend schön und gletscherkalt; und neben Miß Martin stand Mr. Tompkins, ein großer, massiger Mann mit eckigem Kinn, der — so wurde im Hause getuschelt — früher beim FBI war und jetzt über die Sicherheit bei Fellowes wachte.
    »Ah«, sagte Mr. Carroll ruhig, »Miß Evans.« Vor seinem Schreibtisch saßen vier Unbekannte, und ihnen erklärte er: »Miß Evans leitet zur Zeit die Brautabteilung«, wobei er das >zur Zeit< so unüberhörbar betonte, daß es mir kalt über den Rücken lief. Darauf stellte

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