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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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nun wahrscheinlich mit Null anfangen würden; Donald Fumieux Watkins III zielte mit Speeren auf imaginäre Fische, die, so vermutete ich, alle aussahen wie ich, nur daß sie bis an die Knöchel mit harten Schuppen bedeckt waren; und Kirkpatrick stand wachsam an meiner Seite, zweifellos, um jeden möglichen Ausbruchsversuch meinerseits zu verhindern.
    »Miß Evans«, sagte Mr. Carroll schließlich. Und wohl weil er wie ein Richter klang, der im Begriff stand, das Todesurteil zu verkünden, schwiegen sie plötzlich alle.
    »Ja, Sir?«
    »Hatten Sie den Eindruck, daß Miß Haysmill und dieser Mann Leeman sich schon vorher getroffen hatten? Daß sie bereits miteinander bekannt waren?«
    »Nein, Sir.«
    »In dem Falle haben sie sich also am Dienstagmorgen in Ihrer Abteilung das erstemal gesehen?«
    »Ja, das nehme ich an.«
    »Offenbar war das so, Miß Evans. Nun, als stellvertretende Abteilungsleiterin waren Sie dafür verantwortlich, die fotografische Sitzung zu überwachen. Habe ich recht? nun gut: Bitte, berichten Sie uns in Ihren eigenen Worten; was geschah. Denken Sie gut nach. Jedes Detail kann von Wichtigkeit sein.«
    Denken Sie gut nach. Und dabei konnte ich so gut wie gar keinen Gedanken fassen. Ich sagte: »Es lief alles völlig normal ab. Die Verabredung war für zehn Uhr. Miß Haysmill kleidete sich um, zog ihr Brautkleid an. Mr. Leeman baute seine Kameras und Scheinwerfer in der großen Anprobe auf. Als Miß Haysmill fertig war, machte Mr. Leeman die Aufnahmen.« Ich unternahm einen verzweifelten Versuch, das Thema zu wechseln. »Für zwölf Uhr waren die Albacinis angesagt. Sicher erinnern Sie sich an die Albacinis...«
    »Allerdings«, sage Mr. Carroll. »Doch was ich festzustellen versuche, ist folgendes: Was geschah während der Fotoaufnahmen? Wie lange waren Miß Haysmill und Leeman zusammen?«
    »Ungefähr anderthalb Stunden.«
    »Und Sie haben mehrmals hineingeschaut, um zu sehen, wie die Sitzung voranging?«
    »Nein, Sir.«
    »Sie haben nicht hineingeschaut?« fragte er höchst erstaunt. »Sie ließen Miß Haysmill mit diesem Mann, unbeaufsichtigt?«
    »Sir — «
    »Meine arme Kleine!« jammerte Mrs. Haysmill.
    Miß Martin setzte an: »Mr. Carroll —«
    »Einen Augenblick«, erklärte Mr. Carroll. »Miß Evans, würden Sie die Güte haben, uns zu sagen: Warum haben Sie nicht hineingeschaut? Vergaßen Sie es? Oder hatten Sie anderes zu tun?«
    »Nein, Sir. Es geschah, weil Mr. Leeman wie die meisten Fotografen nicht gestört werden möchte, wenn er Porträtaufnahmen macht. Er legt Wert darauf, daß die Stimmung nicht —«
    Miß Martin setzte erneut zu einer feurigen Rede an: »Mr. Carroll, der Vollständigkeit halber möchte ich bemerken, daß ich Miß Evans’ Ansicht nicht teile. Ich versuchte alles nur Mögliche, um bei meiner Freundin, Miß Haysmill, zu bleiben, während die Aufnahmen gemacht wurden. Aber dieser Grobian von Fotograf war so unverschämt und so beleidigend, daß ich nichts erreichen konnte. Und wie er angezogen war! Er trug das schäbigste Jackett...«
    Einigermaßen hitzig unterbrach Mr. Carroll sie: »Bitte, bitte bleiben wir bei der Sache. Was wir nach Möglichkeit von Miß Evans zu erfahren wünschen, ist ein Hinweis darauf, wo Miß Haysmill und Thomas Leeman sich aufhalten, wo sie abgeblieben sind, als sie vom Kennedy-Flughafen...«
    »Mexiko«, sagte ich.
    »Was?« rief Mr. Carroll.
    »Mexiko«, wiederholte ich.
    Alles sprang auf, redete durcheinander. Ich fühlte, wie selbst Kirkpatrick neben mir vor Aufregung bebte. Mexiko.
    »Miß Evans«, brüllte Mr. Carroll durch den Lärm, »warum haben Sie uns das nicht eher gesagt?«
    »Es fiel mir in diesem Augenblick ein, Sir. Miß Haysmill hat gestern bei uns angerufen und gebeten, ihre Brautausstattung sofort dorthin zu schicken. Sie wurde als Lufteilfracht abgesandt.«
    »Wohin wurde die Sendung geschickt?« rief Mr. Carroll. »Welche Anschrift gab Miß Haysmill auf?«
    Ich schloß die Augen, versuchte mich an den Namen zu erinnern, den Suzanne am Abend vorher genannt hatte. Einen Moment lang war alles tiefschwarze Nacht, doch dann kam mir blitzartig die Erleuchtung: »Hotel Erzherzog Maximilian. Acapulco.«
    »Acapulco«, stöhnte Mrs. Haysmill und wurde ohnmächtig. Aber sie war keine Braut und fiel daher nicht in meine Zuständigkeit. Miß Martin, als Vertreterin von Public Relations, nahm sich ihrer an.
    »Acapulco«, bellte Donald Fumieux Watkins III. »Das hätte ich wissen müssen. Sie war schon immer wild auf

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