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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Gesellschaft seines sabbernden Köters. Ich wollte umdrehen, ein erneutes Zusammentreffen vermeiden, doch es war unmöglich. Er hatte mich gesichtet, ebenso sein Hund.
    Als ich auf seiner Höhe war, bedachte er mich wieder mit einem höflichen Lächeln und erhob sich. »Hallo, Miß Evans.«
    »Hallo, Mr. Kirkpatrick. Bitte, bleiben Sie sitzen.«
    »Wir scheinen heute ständig aufeinander zu stoßen.«
    »Ja, nicht wahr?«
    »Wohnen Sie hier im Viertel?«
    Sollte er so schnell vergessen haben, daß er mich um Mitternacht in den Armen eines Olympia-Skiläufers getroffen hatte? »In der Zehnten Straße«, antwortete ich.
    »Ah, ja.« Er hatte es also nicht vergessen: Ich sah es an der Art, wie sich seine Augen verschleierten. »Ich wohne auch ganz in der Nähe. Im Brevoort.«
    »Wie nett.«
    »Es ist bequem.«
    Damit hätten wir uns sehr wohl trennen, und ich hätte meinen Spaziergang fortsetzen können, wenn ich nicht plötzlich etwas ebenso Unerwartetes wie Erstaunliches bemerkt hätte. Meine Radaranlage schien ein winziges Signal aufzufangen, — daß er vielleicht einsam war, wie er da auf der schäbigen Parkbank saß. Kirkpatrick einsam? Kirkpatrick erfreut darüber, daß ich auf der Bildfläche erschienen war? Lächerlich! Und doch — es geisterte entschieden über meinen Radarschirm, schwach, aber deutlich; und ich bemerkte sogar, daß er ein klein wenig so etwas wie Trotz zur Schau trug, als wolle er betonen, daß es ihm großen Spaß machte, um vier Uhr nachmittags allein auf einer schäbigen Parkbank zu sitzen.
    Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, noch ein paar Augenblicke zu verweilen, nur um zu sehen, was geschehen würde. Passend erschien mir eine Bemerkung über seinen vierbeinigen Freund, besonders da er, wie ich, weiblichen Geschlechts war. »Der Dobermann ist bildschön. Wie heißt sie?«
    »Gipsy«, antwortete er nicht ohne Stolz.
    Die Hundeohren zuckten. Sie wandte den Kopf und blickte ihn anbetend an. Ihre Schnauze stand offen; die Zunge hing wohl fünfzehn Zentimeter lang heraus; sie hatte Zähne wie ein Krokodil, und sie sabberte wirklich fürchterlich.
    »Sie sieht so klug aus«, sagte ich.
    »Oh, ja, sie ist ein kluges Geschöpf. Nicht wahr, Gipsy?« Er kraulte ihr liebevoll die Ohren, und sie bellte mehrmals hintereinander kurz und hohl. Dann blickte er mich sehr seltsam an, und diesmal piepte mein Radar ganz entschieden, denn er schickte sich ohne den geringsten Zweifel an zu sagen: Warum setzen Sie sich nicht, Miß Evans? Warum plaudern wir nicht ein wenig?
    Doch im entscheidenden Moment schnürte es ihm die Kehle zu; die Worte blieben ungesagt. War es möglich, daß hinter all der Aufgeblasenheit, hinter all der Rauhheit und Härte ein schüchterner, verschlossener Mann steckte? Wahrscheinlich hätte ich es für ihn sagen können — ist es Ihnen recht, wenn ich mich einen Moment zu Ihnen setze — und hätte ihn damit ermutigt, aus seinem Gehäuse hervorzukriechen. Aber weshalb? Zu welchem Zweck? Er war schließlich Mr. Dietrichs Schwager, einer der Vizepräsidenten von Fellowes, während ich nichts war als eine unfähige Einkaufsassistentin. Und im übrigen neige ich auch dazu, in entscheidenden Momenten kein Wort herauszubekommen und schüchtern zu werden. »Nun, ich fürchte, ich muß weiter«, sagte ich. »Adieu, Gipsy. Adieu, Mr. Kirkpatrick«, und ohne eine Antwort von einem der beiden abzuwarten, setzte ich meinen Weg fort.
    Suzanne erschien um sechs, schick wie immer, und randvoll mit Neuigkeiten, die sie aber erst von sich geben wollte, wenn ich ihr einen Martini gegeben hatte. Dann, im Sessel zurückgelehnt, die langen Beine übergeschlagen, das Martini-Glas am Stil haltend, sagte sie; »Jetzt bereite dich auf einen Schock vor.«
    »Ich höre.«
    »Mrs. Downley von Miederwaren hat gekündigt.«
    Das verpuffte. »Ach, tatsächlich?« sagte ich.
    »Ihre Assistentin, Patti Patterson, hat ebenfalls gekündigt.«
    »Daß sie es erwog, wußte ich.«
    »Heute nachmittag wurde Miß Caswell nach oben zu Mr. Carroll gerufen, und da wurde sie gefragt, ob sie Miederwaren übernehmen würde.«
    Das warf mich allerdings um. »Aber das ist ja schrecklich! Wir brauchen Miß Caswell; ohne sie sind wir verraten und verkauft.«
    »Sie hat noch nicht angenommen«, erklärte Suzanne. »Inzwischen wird gemunkelt, daß Miß Kramer von Modehüte kündigen will; Miß Babette, die Modistin, sagt, Mr. Kirkpatrick hat sie beleidigt, und sie wird sich auch nach einer anderen Stellung umsehen; und bei

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