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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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würde ich ihnen beweisen, indem ich wie angeleimt auf meinem Stuhl blieb.
    »Was wünschen Sie zu erörtern, Miß Evans?« fragte Kirkpatrick.
    »Zu erörtern gibt es da eigentlich nichts. Ich habe Mr. Cavanaugh Soeben mitgeteilt, daß ich kündige.«
    Er zuckte zusammen. Vielleicht hatte ich ihn unversehens getroffen. Vielleicht war es zu bald nach dem Vorfall mit Mrs. Downley. Er sagte: »Oh? Wirklich?«
    »Sie möchten doch, daß ich kündige, nicht wahr, Mr. Kirkpatrick?«
    »Ich möchte nicht, daß Sie kündigen«, erwiderte er steif, »doch werde ich Ihnen nichts in den Weg legen, wenn Sie uns zu verlassen wünschen. Nach dem, was ich bisher gesehen habe, leisten Sie keine sonderlich nutzbringende Arbeit. Andererseits halte ich Sie für recht gewissenhaft. Es liegt völlig bei Ihnen, über Ihre Zukunft zu entscheiden.«
    Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte ihn geohrfeigt. Mr. Dietrichs Schwager. Und wenn er Mr. Dietrichs Großvater gewesen wäre — mir einerlei. Laut und kriegerisch sagte ich: »Mr. Kirkpatrick, wie kann ich nutzbringende Arbeit leisten, wenn Sie hier hereinplatzen und mir Anweisungen geben, die Abteilung zugrunde zu richten? Wie kann ich nutzbringende Arbeit leisten, wenn Sie in jeder Minute hinter mir her hetzen.«
    »Ich bin mir nicht bewußt, Ihnen Anweisungen gegeben zu haben, die Abteilung zugrunde zu richten. Wann soll ich das getan haben?«
    Ich brach in Tränen aus, womit ich meine übergeordnete Position noch mehr unterstrich. Mr. Cavanaugh und Mr. Kirkpatrick strebten gleichzeitig zur Tür und schlossen sie.
    »Nun, nun, Miß Evans«, sagte Mr. Cavanaugh nervös, »versuchen Sie doch, sich zu beruhigen.«
    »Er hat mir aber befohlen, die Abteilung zugrunde zu richten«, heulte ich. »Er hat angeordnet, Giachino keine Aufträge mehr zu geben, der ein Fünftel unserer Bestellungen liefert, und das richtet meine Abteilung zugrunde. Natürlich rege ich mich auf. Jeder würde sich darüber aufregen.«
    Kirkpatrick warf Mr. Cavanaugh einen fragenden Blick zu. Der nickte zustimmend.
    »Und«, blubberte ich weiter, »Giachino droht, Aufträge im Werte von vierzigtausend Dollar zurückzugeben, die wir keinesfalls irgendwo anders ausgeführt bekommen, und auch das wird diese Abteilung zugrunde richten. Ruinieren wird uns das.«
    »Stimmt das?« fragte Kirkpatrick Mr. Cavanaugh.
    Der zögerte einen Augenblick, dann straffte er die Schultern und sagte »Ja«.
    Darauf schwiegen beide.
    Urplötzlich sagte Kirkpatrick: »Mir war nicht klar, welche Tragweite das hat. Sie können die Anweisung vergessen, Miß Evans. Kontrollieren Sie die Lieferungen von jetzt an sorgfältiger.« Damit wandte er sich um und ging hinaus, die Tür fest hinter sich schließend.
    »Na, also, warum hatte Mrs. Downley nicht auch soviel Verstand, den Tränenhahn aufzudrehen?« sinnierte Mr. Cavanaugh.

6

    Am Tage darauf, Freitag, hatte ich frei.
    Suzanne Banville sollte zum Abendessen kommen, und ich wollte die Wohnung blitzsauber haben, nicht nur, um meinen Gast zu beeindrucken, sondern auch, um einen primitiven weiblichen Drang in mir zu befriedigen. Ich wischte Staub, schüttelte Kissen auf, wechselte Laken, hantierte mit dem Staubsauger und putzte Silber mit wahrer Wollust. Um elf dann ging ich in den Waschsalon und stellte fest, daß Kirkpatrick ebenfalls seinen freien Tag hatte.
    Zuerst traf ich ihn an der Ecke Sixth Avenue und Zehnte Straße. Er trug einen Tweed-Anzug und führte seinen riesigen Dobermann-Pinscher an der Leine. Sie wanderten in südlicher Richtung. Er nickte mir höflich zu und strebte weiter.
    Eine Stunde später, als ich aus der Wäscherei trat, war er wieder da mit seinem Dobermann; diesmal gingen sie in die andere Richtung. Wieder nickte er, höflich lächelnd.
    Gegen zwei ging ich dann zum Supermarkt, um fürs Abendessen einzukaufen; und ich war noch keine zehn Minuten dort, als Kirkpatrick hereinmarschierte und die Fleischabteilung ansteuerte — sicher, um einen halben Ochsen für seinen Liebling zu kaufen. Der Hund war an einen Feuerhydranten gebunden, der draußen vor dem Laden aus der Wand ragte; und als ich aus dem Geschäft ging, schielte er mich gräßlich an, als erkenne er mich wieder und warte nur auf eine Gelegenheit, mir ein gehöriges Stück aus dem Bein zu schnappen. Um vier Uhr stellte ich fest, daß ich noch genügend Zeit für einen kurzen Bummel durch den Washington Square Park hatte; und natürlich, wer saß dort auf einer sonst leeren Bank — er, in

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