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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Frühjahrskleid; ich griff sie mir ohne Zögern und erklärte, sie am Nachmittag im Salon zu benötigen.
    Sie zuckte mit den Achseln. »Tut mir leid. Wir haben leider sehr viel zu tun in der Schleierwerkstatt.«
    »Hier ist entschieden mehr zu tun. Ich habe nur zwei Beraterinnen.«
    »Zum Verkaufen bin ich nicht da.«
    »Sie werden so freundlich sein zu tun, worum ich Sie bitte.«
    Sie warf mir einen Blick zu, der dafür gedacht war, mich auf der Stelle mausetot umfallen zu lassen; doch mich konnte nichts mehr umwerfen. Margot ist ein Mädchen, das stets umworben werden will; doch das ist ihr Problem, nicht meines. Heute hatte ich dazu weder Zeit noch Neigung. Ich fuhr fort, Kundinnen Kleider zu zeigen, bis ich kurz vor drei Kirkpatrick am Empfang stehen sah. Er beobachtete mich ruhig und grübelnd, wie mir schien; und mein Herz tat einen Freudensprung — jawohl, einen Freudensprung — weil ich so froh war, ihn zu sehen, das erstemal an diesem Tag. Es schien unglaublich, war aber wahr: mir wurde plötzlich bewußt, daß ich ihn vermißt hatte.
    Ich eilte zu ihm hinüber. Er straffte sich, als ob er innerlich leise vor sich hin fluchte: Schon wieder diese elendige Evans. Was hat sie jetzt wieder für Unannehmlichkeiten zusammengebraut?
    »Meine Sekretärin sagte mir, daß Sie hier Schwierigkeiten haben?«
    »Ja.« Und ich erzählte ihm von Suzanne, Miß Caswell und meinen übrigen Sorgen.
    »Miß Banville ist gegangen, ohne zu kündigen?«
    »Ich fürchte, ja. Sie war sehr aufgeregt, und ich bin sicher, sie handelte aus einem plötzlichen Impuls heraus. Sie hatte vorgehabt, bis Ende nächster Woche zu arbeiten.«
    Er schnaufte mißbilligend. »Na schön. Ich werde gehen und mit Miß Ponsonby sprechen.«
    »Ich habe sie bereits angerufen. Sie war nicht im Hause.«
    Wieder ein Schnaufer. »Ich werde sehen, ob Miß Gordon verfügbar ist. Sie soll ab nächsten Montag in Ihrer Abteilung arbeiten und kann ebensogut gleich einspringen.« Er verzog das Gesicht. »Was ist mit morgen?«
    »Morgen?« Ich verstand nicht, was er meinte.
    »Ja. Morgen. Das ist doch Ihr freier Tag, oder?«
    Ich lachte. »Oh, ich werde kommen müssen, das ist alles.«
    Er gab keinen Kommentar und stelzte davon. Aber er arbeitete schnell — das mußte ich zugeben. Fast ehe ich wußte, wie mir geschah, war Vivienne Gordon bereits da, übers ganze Gesicht strahlend. »Hallo, Miß Evans, ich trete ab sofort zu Ihrer Abteilung über.«
    »Aber Sie sollten offiziell doch erst am Montag kommen.«
    »Mr. Kirkpatrick meinte, ich würde hier nützlicher sein als bei Modehüte. Meine Abteilungsleiterin versuchte, mich zu halten, aber er hat mich praktisch mit roher Gewalt davongeschleppt. Das ist ein Mann, was? Wo kann ich helfen?«
    »Wir sind verzweifelt«, sagte ich. »Es wäre schon eine Hilfe, wenn Sie mit den Kundinnen sprechen würden. Beschäftigen Sie sie, bis eine der Beraterinnen frei ist.«
    Sie nickte, und ich überließ sie ihrem Schicksal. Schließlich verstand sie nichts von dieser Arbeit. Ich hatte sie jedoch unterschätzt. Als ich sie das nächstemal sah, zeigte sie einer Braut ein Kleid, als sei das die selbstverständlichste Sache der Welt. Wenige Augenblicke später erschien Mrs. Hatfield wieder, noch blaß, doch arbeitswillig. Margot Barry schien beschlossen zu haben, daß es ihr Spaß machen würde, zur Abwechslung einmal durchs Foyer zu rauschen; und plötzlich hatte der Druck nachgelassen. Alles begann wieder reibungslos zu laufen, und ich meinte, daß ich nun Zeit haben würde, mich davonzustehlen in mein Büro.

    Keine Chance. Roberta Willis hielt mich im letzten Augenblick fest. »Miß Evans, hier ist jemand für Miß Caswell. Was soll ich der Dame sagen?«
    »Ist sie angemeldet?«
    »Ja, für halb vier. Es steht im Kalender.«
    »Wie ist der Name?«
    »Helen Brown.«
    Seufzend erklärte ich, mich um sie kümmern zu wollen.
    Sie stand neben dem Empfangstisch, und als erstes fiel mir auf, daß sie keineswegs aussah wie Alice Pye. Sie war blond wie Alice; sie war schlank wie Alice; doch damit endete jede Ähnlichkeit. Alice war niedlich, hübsch und achtzehn Jahre alt. Dies Mädchen war keine Spur niedlich — dafür wirkte sie viel zu angespannt. Hübsch war sie auch nicht: ein kleines Gesicht mit hellblauen, beinahe starr wirkenden Augen, ein kleiner Mund. Und sie war nicht achtzehn, sondern Mitte zwanzig. Angezogen war sie nicht direkt nachlässig, doch in einer Art, daß man sie für die Lehrerin einer Kleinstadt-Volksschule

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