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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Backenknochen. »Es ist vulgär und scheußlich. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es jemanden gibt, der ein solches Monstrum tragen würde. Bitte, nehmen Sie es fort und bringen Sie mir mein Kleid.«
    Vivienne Gordon und Estelle waren offenbar beide völlig fassungslos ob dieser Szene. Ich mußte sie scharf ansprechen, damit sie wieder zu sich kamen. Wir hoben das Prachtgewand vom Ständer und schickten uns an, es hinauszutragen; und wieder rief Helen Brown mich zurück: »Miß Evans.«
    Ich wartete.
    Ihre Stimme klang hoch und vergnügt: »Habe ich Sie recht verstanden — mein Vater hat das für mich gekauft?«
    »Ja, das hat er.«
    »Dann gehört es also mir?«
    »Ja.«
    Sie wiederholte die Frage noch betonter: »Es ist wirklich meines?«
    »Es ist wirklich Ihres, Miß Brown.«
    Sie legte einen Finger an den Mund, überlegte. Ihre blauen Augen waren hell und lebendig, doch unsicher. »In dem Falle — «, sagte sie und hielt gleich wieder inne. Ungeduldig fuhr sie fort: »Nein, nein, tragen Sie es hinaus. Ich möchte nichts damit zu tun haben — «, und hielt wieder ein. Hilflos sagte sie: »Es tut mir leid, daß ich Sie derart aufhalte, aber ich kann mich nicht entschließen, ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll. Vielleicht — «
    Wir standen da und sahen sie an.
    Sie faltete die Hände und preßte sie gegen die Brust. Ihr Hals war rot angelaufen. Nervös auflachend sagte sie: »Schön, wenn es meines ist, wie Sie sagen, kann ich es schließlich ebensogut anprobieren. Nur zum Spaß, nur um zu sehen, wie scheußlich ich darin aussehe.«
    Wir hingen das Kleid wieder auf den Ständer, und ich ging ans Telefon und beorderte Mrs. Docherty herbei. Ich holte Büstenhalter und Krinoline, die zu dem von Helen bestellten Kleid gehörten, und die Dior-Krone, die Alice Pye am Dienstagmorgen getragen hatte, und dann schließlich halfen Mrs. Docherty, Miß Gordon und ich Helen in das 2500-Dollar-Meisterwerk.
    Die Wirkung war wieder atemberaubend. Das Mädchen schien in einer weißen Wolke zu schweben. Die Sonne schien hell auf sie.
    Entrückt starrte sie ihr Spiegelbild an.
    Sie versuchte zu lachen, vergeblich. Schließlich sagte sie tonlos: »Es ist phantastisch, nicht?«
    »Es ist prachtvoll.«
    »Und es gibt tatsächlich Mädchen, die in einem solchen Kleid heiraten?«
    »Einige schon, nicht viele.«
    »Es muß ein Vermögen gekostet haben.«
    »Ja, es ist sehr teuer.«
    »Wieviel hat mein Vater dafür bezahlt?«
    »Ich fürchte, das kann ich Ihnen nicht sagen. Es ist ein Geschenk.«
    »Ich verstehe.«
    Mrs. Docherty, die auf dem Fußboden saß, sagte: »Jetzt möchte ich Sie ein bißchen tanzen sehen, meine Liebe. Tanzen Sie für mich.«
    »Warum?«
    »Auf dem Empfang nach der Trauung werden Sie doch tanzen, nicht? Also tanzen Sie ein paar Schritte, damit ich sehen kann, ob die Länge richtig ist.«
    Helen machte einige kurze Tanzschritte. Mrs. Docherty hielt die Augen auf den Rocksaum gerichtet, der um Helens Füße schwang. Dann blieb Helen abrupt stehen. Ihr Gesicht war kalkweiß.
    »Noch ein paar Schritte«, bat Mrs. Docherty, »tanzen Sie auf und ab, Kindchen, auf und ab.«
    »Nein«, sagte Helen.
    »Nun, Kindchen, tanzen Sie schön für Mrs. Docherty.«
    »Auf dem Empfang wird nicht getanzt werden«, sagte Helen. »Er wird nicht da sein, und Lucy auch nicht. Andrew tanzt nicht.« Sie kam herüber zu mir und sagte rauh: »Würden Sie mir bitte heraushelfen?«
    Wir halfen ihr. Sie sagte kein Wort, und es gab nichts, was wir ihr hätten sagen können. Als sie aus der schimmernden, weißen Wolke befreit war, setzte sie sich in den kleinen, grauen Sessel und schloß die Augen. Sie schien erschöpft.
    Ich wartete, so lange ich konnte. Schließlich sagte ich: »Welches Kleid wollen Sie nun nehmen, Miß Brown?«
    »Ich weiß es noch nicht.«
    Sie sah sehr zerbrechlich und mitleiderregend aus, wie sie da in dem Sessel lehnte. Sie deckte eine Hand über die Augen, als genüge es nicht, sie nur zu schließen. Dann sagte sie sehr leise: »Bitte, lassen Sie mich einen Moment allein. Ich möchte nachdenken.«
    »In Ordnung. Wir warten draußen auf dem Flur.«
    »Danke.«
    Wir gingen hinaus, und Vivienne Gordon sagte: »Oje, wie ist doch alles kompliziert! Soll ich hier mit Ihnen warten, oder meinen Sie, daß ich zurückgehen soll ins Foyer?«
    »Vielleicht ist es besser. Sie werfen einen Blick hinaus«, sagte ich. »Wenn nötig, werde ich Sie rufen.« Sie eilte davon.
    »Hat das arme Wurm Schwierigkeiten mit ihrem alten

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