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Lauter Irre

Lauter Irre

Titel: Lauter Irre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharp
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er auf Esmond losgeht.«
    »Ist er früher schon mal auf ihn losgegangen?«
    Vera schüttelte den Kopf.
    »Und was hat Esmond gesagt?«
    »Er hat nur gefragt, was mit seinem Dad los wäre.«
    »Du meinst, er hat nichts gesagt, was Horace geärgert hat?«
    »Kein Wort hat er gesagt. Er ist einfach nur im Pyjama heruntergekommen, um zu sehen, warum Horace herumgebrüllt und gefaselt hat, es würde zwei von ihm geben. Der arme Junge hatte gar keine Möglichkeit, irgendwas zu sagen. Horace hat sofort nach dem Messer gegriffen und sich auf ihn gestürzt. Es war entsetzlich.«
    »Glaub ich dir gern«, bemerkte Albert, der sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass sein Schwager etwas so Unüberlegtes tat. Ebenso wenig, wie er sich vorstellen konnte, dass Horace Vera auf den Klippen von Beachy Head einen leidenschaftlichen Antrag gemacht hatte. Verdammt, er musste sternhagelvoll gewesen sein, dass er in Veras Beisein auf Esmond losgegangen war. Sogar Albert hätte zweimal nachgedacht, ehe er sich mit seiner Schwester anlegte.
    »Ich verstehe immer noch nicht, was ich da machen könnte«, fuhr er fort. »Ich meine … na ja, mein Rat wäre, ihn von der Flasche fernzuhalten.«
    »Du glaubst doch wohl nicht, dass ich ihm erlaube, hier im Haus zu trinken?«, entrüstete sich Vera. »Das tue ich nämlich ganz sicher nicht. Bloß ein Glas Wein zu Weihnachten, aber das ist etwas anderes.«
    Wieder musste Albert sich ein völlig neues Bild vom Charakter seines Schwagers machen.
    »Du willst mir doch wohl nicht erzählen, er lässt sich in irgendwelchen Pubs volllaufen? Horace in einem Pub? Ich fasse es nicht. Bankangestellte gehen doch nicht mal in die Nähe eines Pubs. Das verstößt gegen ihre Standesregeln.«
    »Na ja, irgendwo betrinkt er sich ganz fürchterlich, so viel steht fest. Er kommt nach Hause und riecht wie eine Brauerei. Und er kommt immer spät. Er steht ganz früh morgens auf und kommt so spät zurück, dass ich sein Abendessen im Ofen warmstellen muss. Geh auf jeden Fall rauf und rede mit ihm. Ich will wissen, was los ist.«
    Albert gab nach. In der Gebrauchtwagenszene von Essex mochte er den Leuten vielleicht Respekt einflößen, gegen seine Schwester jedoch hatte er sich noch nie durchsetzen können. Er ging nach oben und stellte fest, dass Horace grauenvoll aussah.
    »Hallo«, dröhnte er. »Was hab ich da gehört, du hättest zu tief ins Glas geschaut und wärst mit’nem Messer auf Esmond losgegangen?«
    Mr. Wiley rutschte tiefer in sein Bett. Er konnte seinen Schwager selbst in den besten Zeiten nicht ertragen, und dies waren die denkbar schlimmsten. Er hatte furchtbare Kopfschmerzen, und die Schrecken des Abends verfolgten ihn noch immer. Von einem Mann ausgefragt zu werden, den er für einen Verbrecher und möglicherweise auch noch für eine Art Gangsterboss hielt, war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
    »Ich weiß gar nicht, wovon du redest«, murmelte er schwach. »Mir geht’s nicht besonders.«
    »Brauchst du mir nicht zu erzählen, Horace, brauchst du mir nicht zu erzählen«, erwiderte Albert und zog mit einem Ruck die Vorhänge auf.
    Stöhnend duckte sich Mr. Wiley unter die Bettdecke, doch sein Schwager war nicht zu bremsen. Albert rächte sich für Horaces jahrelange moralische Überlegenheit. Er setzte sich schwer auf die Bettkante und zog dem von Übelkeit gequälten Mann die Bettdecke vom Gesicht. Im hellen Sonnenlicht sah Mr. Wiley noch schlechter aus und fühlte sich sogar noch elender, als er aussah. Selbst Albert Ponson war erschüttert.
    »Meine Fresse«, bemerkte er. »Du hast was deutlich Schlimmeres als’nen Kater, Kumpel. Aber hallo.«
    »Ich weiß.«
    »Weißt du, was es ist?«, erkundigte sich Albert beinahe mitfühlend. Das hier war ja etwas fürs Totenbett.
    »Ja«, antwortete Horace. »Das weiß ich sehr wohl.«
    »Doch wohl keine Syph, oder?« Alberts Gedanken pflegten schmutzige Wege einzuschlagen.
    »Keine was?«, fragte Horace, dessen Gedanken das nicht taten.
    »Na du weißt schon. Die alte Nummer. Syph oder Tripper.«
    »Ganz bestimmt nicht«, empörte sich Horace, der vor Schreck einen Augenblick sein Unwohlsein vergaß. »Wofür zum Teufel hältst du mich?«
    »Schon gut, schon gut. Kein Grund, sich deswegen aufzuregen. Ich frag ja nur. Kann doch jedem passieren.«
    »Also mir nicht«, gab Horace zurück und sank nur leicht besänftigt wieder auf sein Kissen.
    Albert Ponsons nächste Bemerkung half ihm ganz und gar nicht.
    »Ich sag doch nur,

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