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Lauter Irre

Lauter Irre

Titel: Lauter Irre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharp
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Eindruck kompletten Wahnsinns noch zu verstärken, hatte er die Erläuterung seiner Säurebad-Technik immer wieder mit Bemerkungen unterbrochen, dass er seine Frau liebe und sich Sorgen um sie mache.
    Albert Ponson teilte diese Sorge. Bei dem Gedanken, in die Küche zu marschieren und Vera zu verkünden, dass ihr verfluchter Ehemann die Wassertonne hinter der Garage in der Absicht ausgemessen hatte, ihren Sohn dort hineinzustopfen und dann mit siebzig Litern konzentrierter Salpetersäure zu begießen, gefror ihm das Blut in den Adern.
    »Es ist eine große Tonne, aber wenn Esmond da drin liegt, dann brauche ich wohl nicht mehr als achtzig Liter«, hatte Horace gesagt. »Ich kann ja später noch etwas nachschütten, wenn sich die Leiche zum größten Teil aufgelöst hat. Und da ist ein Deckel drauf, also käme niemand auch nur im Traum auf die Idee, dort nach ihm zu suchen. Da würde man doch zuallerletzt nach ihm suchen, meinst du nicht?«
    Albert Ponson war kaum noch in der Lage gewesen, überhaupt zu denken. Das Äußerste, was er fertigbrachte, war, wieder und wieder zu murmeln: »Ich glaub’s einfach nicht, was ich da höre.« Jetzt jedoch, als er zaudernd vor der Küchentür stand, dachte er angestrengt nach und kam zu einem Entschluss. Der würde Vera nicht gefallen, aber da musste sie eben durch. Besser, als Esmond in einem Säurefass zu verlieren.
    »Ich habe mich lange mit Horace unterhalten«, berichtete er ihr. »Und was er braucht, ist völlige Ruhe, wenn er einen totalen Nervenzusammenbruch vermeiden will. Und offensichtlich ist ein Teil des Problems, dass er Esmond hier im Haus ständig um sich hat.«
    »Aber er ist doch gar nicht ständig zu Hause. Er ist in der Schule. Und außerdem, selbst wenn er hier wäre, Horace ist doch so gut wie gar nie da. Er ist in der Bank. Oder im Pub. Er geht in aller Herrgottsfrühe, und dann kommt er betrunken nach Hause und …«
    »Ja, das weiß ich ja alles«, fiel Albert ihr ins Wort. »Aber das kommt davon, dass Esmond … Das ist eins von Horaces Symptomen. Er leidet unter … na ja, unter Stress.«
    »Stress? Was denn für Stress? Und was ist mit mir? Glaubst du vielleicht, ich bin nicht gestresst, mit einem alkoholsüchtigen Ehemann, der nach Hause kommt und versucht, meinen einzigen Sohn mit einem Küchenmesser umzubringen und …«
    »Ich weiß. Ich weiß, dass du gestresst bist«, unterbrach Albert sie abermals, verzweifelt bemüht, sich nicht in eine Diskussion über Horaces Mordgelüste verwickeln zu lassen. Verglichen mit Wassertonnen voller Salpetersäure waren Küchenmesser Kleinkram.
    »Die Sache ist die, Horace braucht …« Er stockte und suchte nach einem passenden Wort. »Er braucht Freiraum. Er hat eine Lebenskrise.«
    »Eine Lebenskrise?«, wiederholte Vera zweifelnd.
    »Ja, eine Midlifekrise, so ähnlich … so, als wäre er in den männlichen Wechseljahren. Was ist denn los?«
    Vera hatte auf höchst unangenehme Weise geschnaubt.
    »Von wegen männliche Wechseljahre«, fauchte sie verbittert. »So ist er schon, seit ich ihn geheiratet habe. Er hätte nicht bis zur Lebensmitte warten zu brauchen, um die männlichen Wechseljahre zu kriegen. Wenn du wüsstest, was ich in den letzten sechzehn Jahren auszuhalten hatte. Wenn du nur wüsstest …«
    Doch Albert wollte es nicht wissen. Er war kein zimperlicher oder auch nur ansatzweise empfindsamer Mensch, doch es gab Dinge, über die er definitiv nichts hören wollte, und das Sexleben seiner Schwester war eins davon.
    »Hör zu«, sagte er. »Du hast mich hergebeten, damit ich mit Horace rede und das Ganze ins Lot bringe, und genau das versuche ich ja. Und was ich sage, ist, dass Horace kurz vor einem ziemlich heftigen Zusammenbruch steht. Also wenn du möchtest, dass er seinen Job verliert und Stütze beantragen muss und zu Hause vor der Glotze hockt …«, er hielt inne; unverhofft kam ihm eine Idee, »das heißt, wenn ihr dann noch eine Glotze habt, bei all den Schulden, die er angehäuft hat …«
    Die Vorstellung, dass Horace Schulden hatte, ließ Vera auffahren, genau wie Albert es erwartet hatte. Sentimental war sie ja vielleicht, doch sie war immer noch eine Ponson, und Geld war ihr wichtig.
    »Oh Gott«, stieß sie hervor. Das war ja noch schlimmer, als sie gedacht hatte. »Sag bloß nicht, er hat uns zu allem anderen auch noch in Schulden gestürzt. Er hat gespielt, nicht wahr? Erst das Trinken, dann die Sache mit dem Messer, und jetzt das. Oh Albert, was sollen wir nur tun?«
    Albert zog

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