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Lauter Irre

Lauter Irre

Titel: Lauter Irre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharp
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Großen und Ganzen eine Rolle spielte. Albert war immer schon ein Halunke gewesen, der, wenn es Gerechtigkeit gab, eine ganze Reihe von Jahren hinter Gittern verbringen müsste. Das hier jedoch war des Guten um einiges zu viel. Die riesige blutverkrustete Fläche in dem Schlachthaus und das spurlose Verschwinden seiner Frau und des jungen Burschen deuteten darauf hin, dass den beiden etwas wahrhaft Schauerliches zugestoßen war.
    Nachdem sie eine erkleckliche Menge getrocknetes Blut vom Boden des Bungalows gekratzt und die blutigen Handabdrücke an den Garagenwänden fotografiert hatten, fanden sie ein sauberes Handtuch und wischten damit das frische Blut auf. Sie durchsuchten die Ruinen und fügten die leeren Patronenhülsen und den von Erbrochenem befleckten Teppich ihren Beweisen hinzu, ehe sie aufs Revier zurückkehrten.
    Unter dem triefenden Gestrüpp hatte Albert einige Bruchstücke der Unterhaltung zwischen den drei Detectives mitbekommen und war entsetzt. Er hatte das Schlachthaus gebaut, um die Steuerbehörde von seinen anderen Geschäften abzulenken, doch nun hatte er bei der Polizei einen fürchterlichen Verdacht gesät. Dass das Schild implizit andeutete, er sei ein mordlüsterner Kannibale, hatte er nicht vorhergesehen. Hinzu kam, dass er erst vor Kurzem eine Werbeanzeige mit derselben Botschaft wieder aus der Lokalzeitung hatte nehmen müssen, nachdem sich der Pfarrer darüber entrüstet hatte; bestimmt würde die Polizei bald auch davon erfahren. Jetzt hatte er den Salat, aber hallo!
    Um das Ganze noch schlimmer zu machen, schwamm der ganze Laden praktisch in Tierblut, und wenn sie versuchten – was sie mit Sicherheit tun würden –, menschliche DNS-Proben zu finden, so würde es ihnen unmöglich sein, dergleichen von den Hektolitern Rinder- und Schweineblut zu unterscheiden, die sich im Laufe der Jahre auf dem Boden angesammelt hatten.
    Während Albert zitternd vor Kälte im Garten lag, begann er allmählich die Überzeugung der Polizisten zu teilen, dass er eine ganze Reihe von Jahren hinter Gittern verbringen würde, allerdings für ein Verbrechen, das er gar nicht begangen hatte. Nachdem er zu diesem schwerwiegenden Schluss gekommen war, wartete er, bis dieser verdammte Polizist, der die Überreste des Bungalows bewacht hatte, endlich auf einem Stuhl inmitten der Trümmer des Fernsehzimmers eingenickt war. Als Albert sich vergewissert hatte, dass der Mann fest schlief, kroch er aus dem Gestrüpp hervor und schlich auf Zehenspitzen die Straße hinunter zu seinem Gebrauchtwagenhandel. Er würde sich einen der weniger beliebten und auffälligen Wagen schnappen und eiligst aus der Gegend verschwinden.
    Die ganze Zeit über fragte er sich, wo Belinda und Esmond steckten. Vielleicht waren sie immer noch im Krankenhaus, und Esmond wurde gerade der Magen ausgepumpt. In diesem Fall sollte er lieber auch dort hinfahren …
    Bei näherer und ganz naher Betrachtung hielt er das nicht für so eine gute Idee. Vielleicht würden sie denken, er hätte versucht, sich des Bengels durch eine Alkoholvergiftung zu entledigen, und würden ihn aufgrund dieses Verdachts festnehmen. Oder sie warfen einen einzigen Blick auf ihn und riefen die Polizei.
    Am Ende entschied Albert, dass es besser wäre, sich zügig vom Acker zu machen. Er suchte die Schlüssel eines Honda hervor und war kurz darauf mit 160 Sachen in Richtung Southend unterwegs. Dort würde er sich in einer kleinen Pension einmieten, nicht in irgendeinem schicken Hotel, wo sie fragen würden, ob sie ihm das Gepäck aufs Zimmer tragen sollten und warum er denn so nass sei.
    Nein, er würde sich etwas Billiges und Bescheidenes suchen, wo keine Fragen gestellt wurden. Und bar würde er auch bezahlen.
    Das war der Moment, in dem Albert aufging, dass er gar kein Bargeld bei sich hatte und dass sein Vermögen in dem Safe unter dem Schlafzimmerteppich lag. Und just als ihm das klar wurde, zwang ihn ein Polizeiwagen mit blinkendem Blaulicht zu bremsen und an den Straßenrand zu fahren.
    Eine Stunde später hatte er ins Röhrchen geblasen und befand sich in Polizeigewahrsam. Die Anklage lautete Trunkenheit am Steuer und Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit – 190 Stundenkilometer – in einem nicht zugelassenen Fahrzeug mit schadhaften Bremsen und abgefahrenen Reifen.
    »Morgen früh kommen Sie vor den Bezirksrichter«, ließ man ihn wissen. »Sie sollten sich glücklich schätzen. Sie hätten sich umbringen können und eine ganze Menge anderer Leute noch

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