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Lauter reizende alte Damen

Lauter reizende alte Damen

Titel: Lauter reizende alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Ballettschule? Oder der Kunstschule? Mr Boscowan hatte sie in einer Schule untergebracht. Jedenfalls hat sie in London diesen Mann kennen gelernt. Ihre Mutter war sehr dagegen. Sie hat ihr verboten, sich mit ihm zu treffen. Als ob das was genützt hätte! Sie war ein bisschen naiv in der Beziehung. Offiziersfrauen sind oft so. Aber wenn es um einen hübschen jungen Mann geht, dann tun die Mädchen nicht, was ihnen gesagt wird. Und diese Lilian schon gar nicht. Er ist manchmal hergekommen; und sie haben sich heimlich getroffen.«
    »Und dann ist das passiert?«, fragte Tuppence. Sie hoffte, dass diese gebräuchliche Umschreibung Mr Copleighs Anstandsgefühl nicht verletzen würde.
    »Er muss es gewesen sein. Na ja, das ließ sich ja nicht verheimlichen. Ich hab es längst vor ihrer Mutter gemerkt. Sie war ein schönes Mädchen, groß und kräftig. Aber ich glaube, sie konnte nicht viel verkraften. Sie brach zusammen. Sie rannte wie wild draußen herum und sprach mit sich selbst. Aber der Mann hat sie auch gemein behandelt. Als er merkte, was los war, hat er sie sitzen lassen. Eine richtige Mutter wäre natürlich zu ihm gegangen und hätte ihm klargemacht, was seine Pflicht war, aber Mrs Charrington brachte so was nicht fertig. Na, sie hat’s schließlich gemerkt und das Mädchen fortgebracht. Dann stand das Haus wieder zum Verkauf. Ich glaube, sie war noch mal hier, um die Möbel zu holen, aber im Dorf war sie nicht. Es ist dann viel geredet worden, aber ich weiß nicht, ob was dran war oder nicht.«
    »Manche erfinden so was einfach«, stellte Mr Copleigh ganz unerwartet fest.
    »Das ist wahr, George. Aber die Geschichte könnte gestimmt haben. Und du sagst ja selbst, das Mädchen sah so aus, als wäre es nicht ganz richtig im Kopf.«
    »Und was für eine Geschichte war das?«, fragte Tuppence.
    »Ach, darüber möchte ich eigentlich gar nicht sprechen. Es ist schon so lange her. Und ich will nichts sagen, was ich nicht genau weiß. Mrs Badcocks Louise hat es aufgebracht. Aber das Mädchen hat ja schon immer schrecklich gelogen!«
    »Und was war es?«
    »Sie hat gesagt, die kleine Charrington hätte erst das Baby umgebracht und dann sich selbst. Die Mutter wäre vor Kummer um den Verstand gekommen, und die Verwandten hätten sie in ein Heim bringen müssen.«
    Wieder wurde es Tuppence fast schwindlig, und sie hatte das Gefühl, auf ihrem Stuhl zu schwanken. Könnte Mrs Charrington Mrs Lancaster sein? Hatte sie ihren Namen geändert? Hatte sie vor Kummer über die Tochter den Verstand verloren?
    Mrs Copleighs Stimme fuhr erbarmungslos fort: »Ich hab nie ein Wort davon geglaubt. Damals haben wir nicht viel auf Klatschgeschichten geachtet – wir hatten andere Sorgen. Wir waren alle verrückt vor Angst über das, was in unserer Gegend geschah. Über wirkliche Vorfälle…«
    »Warum? Was war denn?«, fragte Tuppence, die sich nicht vorstellen konnte, was in dem kleinen, friedlichen Dorf noch alles passiert sein könnte.
    »Oh, davon haben Sie damals bestimmt in den Zeitungen gelesen. Warten Sie, ja, das ist jetzt ziemlich genau zwanzig Jahre her. Sie haben es sicher gelesen. Erst war es ein neunjähriges kleines Mädchen. Sie ist eines Tages nicht aus der Schule nach Hause gekommen. Die ganze Nachbarschaft hat nach ihr gesucht. Im Wald von Dingley ist sie gefunden worden. Erwürgt. Ich kann gar nicht dran denken! Ja, sie war die Erste, und dann, nach drei Wochen, passierte es noch mal. Hinter Market Basing. Aber immer noch in unserer Gegend. Es könnte gut ein Mann mit einem Auto gewesen sein. – Und es kam zu noch mehr Morden. Manchmal in Abständen von einem oder zwei Monaten. Aber es kam immer wieder vor. Einmal nur zwei Meilen von hier entfernt; fast noch im Dorf.«
    »Und die Polizei hat nichts herausgefunden?«
    »Ach, die haben alles versucht. Sie haben ziemlich schnell einen Mann eingesperrt. Er kam aus der Gegend von Market Basing. Es hieß, er habe wichtige Aussagen zu machen. Sie haben erst den festgenommen, dann noch einen, aber jedes Mal mussten sie ihn nach vierundzwanzig Stunden wieder laufen lassen. Sie stellten fest, dass er es nicht gewesen sein konnte.«
    »Das weißt du nicht, Liz. Vielleicht wussten sie genau, wer es gemacht hat. Ich hab gehört, dass das oft so ist. Die Polizei kennt den Mann ganz genau, kann es aber nicht beweisen.«
    »Ja, wenn sie Frauen haben oder Eltern«, bestätigte Mrs Copleigh. »Dagegen kommt die Polizei nicht an. Wenn eine Mutter sagt, mein Junge war an dem Abend zu

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