Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lauter reizende alte Damen

Lauter reizende alte Damen

Titel: Lauter reizende alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
ich.«
    »Oh, an Mr Boscowan erinnere ich mich noch gut. Warten Sie mal, das muss – na, mindestens fünfzehn Jahre her sein. Er ist mehrere Jahre hintereinander hergekommen. Es hat ihm hier gefallen. Er hat sogar ein Haus gemietet, eins von den Häusern von Bauer Hart. – Das war ein typischer Künstler«, fuhr sie nachdenklich fort. »Er hatte so eine komische Jacke an. Aus Samt oder Cord. Und die Ellbogen waren durchgewetzt. Er trug grüne und gelbe Hemden. Der war immer ganz bunt. Aber seine Bilder haben mir gefallen. Sehr sogar. Einmal hat er sie ausgestellt. Weihnachten, glaube ich. Nein, das kann nicht stimmen; es muss im Sommer gewesen sein. Im Winter war er nie hier. Doch, die Bilder waren schön. Wissen Sie, nichts Ausgefallenes, nur ein Haus und ein paar Bäume oder zwei Kühe an einem Zaun. Es war hübsch, und man konnte alles erkennen. Nicht wie die Bilder von den heutigen jungen Leuten.«
    »Kommen denn oft Maler her?«
    »Ach, eigentlich nicht. Ein, zwei Damen kommen im Sommer zum Zeichnen. Aber von denen halte ich nichts. Und dann war vor einem Jahr ein junger Mann da, der sich als Künstler bezeichnete. Er hat sich nie rasiert. Und die Farben haben mir gar nicht gefallen. Lauter Geschmier, und man konnte nichts erkennen. Aber er hat eine Menge Bilder verkauft – und gar nicht billig.«
    »Nur fünf Pfund«, sagte Mr Copleigh. Er mischte sich so plötzlich in die Unterhaltung, dass Tuppence aufschreckte.
    »Mein Mann meint«, erklärte Mrs Copleigh, »dass kein Bild mehr als fünf Pfund kosten dürfe. Die Farben kosten niemals soviel. Das meint er. Nicht wahr, George?«
    »Hm«, sagte George.
    »Mr Boscowan hat ein Bild von dem Haus am Kanal bei der Brücke gemalt – Wasserburg oder Wasserwiese, nicht? Ich bin heute daran vorbeigekommen.«
    »Ach, von da sind Sie gekommen? Die Straße ist schmal, was? Und das Haus liegt so einsam. Also ich, ich würde da nicht wohnen wollen. Viel zu einsam, findest du nicht auch, George?«
    George gab ein Geräusch von sich, das Verneinung ausdrückte und Verachtung für die Ängstlichkeit weiblicher Wesen.
    »Da wohnt Alice Perry«, sagte Mrs Copleigh.
    Tuppence verzichtete auf weitere Auskünfte über Mr Boscowan und wandte sich den Perrys zu. Es war besser, sich der von Thema zu Thema hüpfenden Mrs Copleigh anzupassen.
    »Merkwürdige Leute«, sagte Mrs Copleigh.
    George grunzte zustimmend.
    »Die leben ganz für sich. Die verkehren mit niemandem. Und diese Alice Perry sieht wie der letzte Mensch aus, wirklich.«
    »Verrückt«, sagte Mr Copleigh.
    »Na, das würde ich ja nun nicht sagen. Sie sieht zwar so aus, mit diesen langen Haaren… Und meistens hat sie Männerzeug an und große Gummistiefel. Und sie sagt so komische Sachen und gibt einem oft keine Antwort, wenn man sie was fragt. Aber ich würde nicht sagen, dass sie verrückt ist. Eben seltsam.«
    »Ist sie beliebt? Haben die Leute sie gern?«
    »Es kennt sie ja keiner, obwohl sie schon seit Jahren hier sind. Es wird viel über sie geredet, aber geredet wird ja immer.«
    »Und was redet man über sie?«
    Direkten Fragen konnte Mrs Copleigh nicht widerstehen. Sie beantwortete sie mit Begeisterung.
    »Es heißt, dass sie Geister beschwört. Nachts. Und dann soll ein Licht durch das Haus geistern, heißt es. Und sie soll viele gelehrte Bücher lesen. Mit Zeichnungen, wissen Sie, mit Kreisen und Sternen. Aber wenn Sie mich fragen, dann ist Amos Perry der, der nicht ganz richtig im Kopf ist.«
    »Ach, beschränkt ist er«, sagte Mr Copleigh duldsam.
    »Na ja, da kannst du Recht haben. Aber über den ist auch so was erzählt worden. Er ist in seinen Garten vernarrt, versteht aber nichts davon.«
    »Sie haben nur das halbe Haus, nicht wahr?«, fragte Tuppence. »Mrs Perry hat mich sehr freundlich eingeladen.«
    »So? Hat sie das? Na, ich weiß ja nicht, ob ich gern in das Haus ginge.«
    »Ihre Hälfte ist in Ordnung«, warf Mr Copleigh ein.
    »Und die andere nicht? Die Frontseite, die zum Kanal geht?«
    »Ach, da gibt es so Geschichten. Jetzt hat lange niemand mehr dort gewohnt. Es soll was nicht stimmen. Es ist geredet worden. Aber wenn man es genau wissen will, dann kann sich keiner erinnern. Es ist lange her. Das Haus ist schon über hundert Jahre alt. Es heißt, dass eine hübsche Dame da gewohnt hat, die ausgehalten worden ist, von einem Herrn vom Hof.«
    »Vom Hof der Königin Viktoria?« fragte Tuppence neugierig.
    »Nein, das glaube ich nicht. Die alte Königin war ja sehr streng. Es muss davor

Weitere Kostenlose Bücher