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Lauter reizende alte Damen

Lauter reizende alte Damen

Titel: Lauter reizende alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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gewesen sein. Unter einem von den Georges. Na, dieser Herr ist oft zu ihr gekommen, und es heißt, dass sie sich gezankt haben und er ihr eines Nachts die Kehle durchgeschnitten hat.«
    »Wie schrecklich! Ist er dafür aufgehängt worden?«
    »Nein, eben nicht. Es ist nicht herausgekommen. Er soll sie im Kamin eingemauert haben.«
    »Was? Er hat die Leiche eingemauert? In einem Kamin?«
    »Manchmal wird auch erzählt, sie sei eine Nonne gewesen, die aus dem Kloster geflohen ist, und deswegen sei sie eingemauert worden. In den Klöstern machen sie das so.«
    »Aber sie ist doch nicht von Nonnen eingemauert worden?«
    »Nein. Das war er. Ihr Liebhaber, der sie ermordet hat. Und es heißt, dass er den ganzen Kamin zugemauert und mit einer großen Eisenplatte überdeckt hat. Auf jeden Fall ist die Arme nie wieder gesehen worden. Manche haben natürlich gesagt, sie sei mit ihm fortgegangen. Aber man hat merkwürdige Geräusche gehört und Lichter gesehen. Und viele Leute gehen in der Dunkelheit nicht in die Nähe.«
    »Aber was ist danach geschehen?«, fragte Tuppence, der der Ausflug in die Vergangenheit doch zu weit von dem fortführte, was sie erfahren wollte.
    »Ach, dann ist wohl nicht mehr viel gewesen. Ein gewisser Blodgick, ein Bauer, hat das Haus gekauft. Aber er hat es nicht lange behalten. Er war eigentlich ein Herr, und die Landwirtschaft hat er aus Spaß betrieben. Dem hat vor allem das Haus gefallen. Mit dem Land konnte er nichts anfangen. Er hat weiterverkauft. Es ist immer wieder in andere Hände gekommen – und immer sind Handwerker gekommen und haben umgebaut. Einmal hat ein Ehepaar es mit einer Hühnerfarm versucht. Schon da stand das Haus in dem Ruf, dass es kein Glück bringt. Aber das war alles noch vor meiner Zeit. Ich glaube, Mr Boscowan hat auch mal vorgehabt, das Haus zu kaufen, damals, als er es gemalt hat.«
    »Wie alt war dieser Mr Boscowan denn, als er hier war?«
    »Na, so vierzig oder ein bisschen älter. Er sah schon ganz gut aus. Aber ein bisschen zu dick war er. Und er war immer hinter den Mädchen her.«
    »Hm.« Diesmal war das Grunzen deutlich eine Warnung.
    »Na, wir wissen ja alle, wie diese Künstler sind«, sagte Mrs Copleigh und bezog Tuppence in dieses Wissen ein. »Dauernd fahren sie nach Frankreich. Sie wissen schon.«
    »War er nicht verheiratet?«
    »Damals noch nicht. Bei seinem ersten Besuch nicht. Er hatte es auf Mrs Charringtons Tochter abgesehen, aber da ist nichts draus geworden. Sie war ein hübsches Mädchen, aber für ihn viel zu jung. Sie war noch keine fünfundzwanzig.«
    »Wer ist denn Mrs Charrington?« Tuppence geriet über die immer neuen Personen in Verwirrung.
    Was, zum Teufel, tue ich hier eigentlich? fragte sie sich, als eine Woge der Müdigkeit sie überschwemmte. Ich höre mir lauter Klatsch an und bilde mir ein, dass es um Mord geht, und dabei stimmt das überhaupt nicht. Es hat angefangen, als eine nette alte Dame, die nicht mehr ganz klar war, sich an Geschichten erinnerte, die ihr ein Mr Boscowan oder sonst wer über das Haus erzählt hat, dessen Bild sie hatte. Es ging um diese Legende von der lebendig eingemauerten Frau! Und sie hat geglaubt, es sei ein Kind gewesen. – Und ich renne hier herum und will einen Mord ausgraben! Tommy hat Recht: Ich bin verrückt.
    Sie wartete auf eine Pause in Mrs Copleighs stetem Redestrom, um aufstehen und gute Nacht sagen zu können.
    Mrs Copleigh aber war nicht zu bremsen. »Mrs Charrington? Die hat einige Zeit im Haus Wasserwiese gewohnt. Mit ihrer Tochter. Eine reizende Dame. Sie war die Witwe eines Offiziers, wenn ich mich recht erinnere. Sie stand sich nicht gut, aber das Haus wurde billig vermietet. Sie hat immer im Garten gearbeitet. Mit dem Putzen war es nicht so weit her. Ich bin ein paarmal eingesprungen, aber dauernd konnte ich es nicht.«
    »Hat sie lange dort gewohnt?«
    »Zwei oder drei Jahre, schätze ich. Damals, als diese Sache war, hat sie wohl Angst bekommen. Und dann hatte sie selbst Kummer mit ihrer Tochter. Die hieß, glaube ich, Lilian.«
    Tuppence trank einen Schluck des starken Tees und beschloss, den Fall Charrington noch abzuwickeln, ehe sie zu Bett ging. »Und wieso hatte sie mit der Tochter Kummer? Wegen Boscowan?«
    »Nein, Mr Boscowan ist es nicht gewesen. Das glaube ich nicht. Es muss der andere gewesen sein.«
    »Und wer war das? jemand aus der Gegend?«
    »Nein, der hat nicht hier gewohnt. Sie muss ihn in London kennen gelernt haben. Sie war zur Ausbildung in London. Auf der

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