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Lauter reizende alte Damen

Lauter reizende alte Damen

Titel: Lauter reizende alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Hause, oder seine Freundin sagt, wir waren im Kino, oder der Vater erklärt, dass er mit dem Sohn auf dem Feld gearbeitet hat – dagegen gibt es nichts. Selbst wenn sie glauben, dass der Vater, die Mutter oder die Freundin lügt, nützt es nichts, wenn es nicht einen anderen Zeugen gibt. – Jedenfalls war es eine furchtbare Zeit. Wir waren alle ganz aufgeregt. Wenn wir hörten, dass wieder ein Kind vermisst wurde, bildeten wir Suchmannschaften.«
    »Ja. So war das«, sagte Mr Copleigh.
    »Manchmal haben sie das Kind gleich gefunden, manchmal hat es wochenlang gedauert. Das muss ein Wahnsinniger gewesen sein. Es ist schrecklich« – Mrs Copleighs Stimme wurde tragisch –, »dass es solche Männer gibt. Jeder Mann, der Kinder überfällt, sollte umgebracht werden. Das kommt davon, wenn man sie in Klapsmühlen sperrt und gut behandelt. Früher oder später werden sie ja doch wieder rausgelassen, und es heißt, sie seien geheilt.«
    »Und niemand hier hat eine Ahnung, wer es gewesen sein könnte?«, fragte Tuppence. »Glauben Sie, dass es ein Fremder war?«
    »Na, wir brauchen ihn nicht zu kennen. Aber er muss aus dieser Gegend hier stammen. Aus dem Dorf kann er nicht gewesen sein.«
    »Aber das hast du doch immer geglaubt, Liz.«
    »Ach, das bildet man sich eben so ein. Ich habe damals alle Leute angestarrt. Und du auch, George. Und man fragte sich immer, ob es der vielleicht sein könnte, weil er sich in letzter Zeit so seltsam benahm.«
    »Wahrscheinlich benahm er sich gar nicht seltsam«, sagte Tuppence, »sondern sah wie jeder andere aus.«
    »Jeffreys, der war damals bei uns Polizeisergeant«, erklärte Mr Copleigh, »hat immer gesagt, er hätte so seine Vermutungen, aber da wäre nichts zu machen.«
    »Und der Mann ist nie gefasst worden?«
    »Nein. Es hat länger als ein halbes Jahr gedauert, und dann war plötzlich Schluss. Und danach ist hier nie wieder so etwas vorgekommen. Nein, ich glaube, dass er fortgezogen ist. Für immer. Und deswegen glauben die Leute auch, sie wüssten, wer es gewesen ist.«
    »Sie meinen, weil jemand für immer fortgezogen ist?«
    »Ja, natürlich ist darüber geredet worden.«
    Tuppence zögerte vor der nächsten Frage, glaubte aber, sie bei Mrs Copleighs Begeisterung ruhig stellen zu dürfen. »Und was glauben Sie, wer es war?«
    »Ach, das ist jetzt so lange her, dass ich es nicht sagen möchte. Aber es wurden Namen erwähnt… Manche dachten an Mr Boscowan.«
    »Ach?«
    »Na, weil er ein Künstler war und alle Künstler merkwürdig sind. Das wird ja behauptet. Aber ich hab’s nicht geglaubt.«
    Mr Copleigh mischte sich ein. »Auf Amos Perry haben viele getippt.«
    »Den Mann von Mrs Perry?«
    »Ja. Der ist doch irgendwie komisch. Er hätte es gut sein können.«
    »Haben denn die Perrys damals hier gelebt?«
    »Nicht in Wasserwiese. Sie hatten ein kleines Haus, vier oder fünf Meilen von hier. Die Polizei hat ihn beobachtet, das weiß ich sicher.«
    »Aber sie konnten ihm nichts nachweisen. Seine Frau hat ihn gedeckt. Er war abends immer bei ihr im Haus. Immer, hat sie gesagt. Nur am Samstag ging er mal in die Wirtschaft. Aber keiner von den Morden war am Samstagabend. Und Alice Perry glaubt man, wenn sie was aussagt. Die macht nie einen Fehler. Und der kann man keine Angst einjagen. Aber er ist es ja auch nicht. An ihn hab ich nie gedacht. Ich weiß, ich dürfte das nicht sagen, aber wenn ich einen bestimmen müsste, ich würde Sir Philip nennen.«
    »Sir Philip?« Schon wieder ein neuer Name, der Tuppence durch den Kopf wirbelte. »Wer ist Sir Philip?«
    »Sir Philip Starke. Er wohnt im Warrender-Haus. Früher, ehe es abbrannte, hieß es die alte Priorei. Die Warrenders haben die Gräber auf dem Friedhof. Warrenders hat’s hier immer gegeben. Seit König James.«
    »Ist Sir Philip mit den Warrenders verwandt?«
    »Nein. Der hat viel Geld verdient. Er oder der Vater. Mit Stahlwerken, soviel ich weiß. Sir Philip war ein Sonderling. Er hat hier gewohnt, obwohl die Werke irgendwo im Norden waren. Er war ein richtiger Einsiedler. Blass und dünn, richtig knochig. Und ein Blumennarr. Ein Botaniker. Er hat lauter kleine Wiesenblumen gesammelt, ganz unscheinbares Zeug. Ich glaube, er hat sogar ein Buch darüber geschrieben. Ja, der war schon klug, sehr klug. Seine Frau war eine freundliche Dame. Und hübsch. Aber ich fand, sie sah immer traurig aus.« Mr Copleigh stieß einen seiner Grunzlaute aus. »Du bist aber kühn! Dass du an Sir Philip denkst! Der hatte Kinder gern. Er hat

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