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Lauter reizende alte Damen

Lauter reizende alte Damen

Titel: Lauter reizende alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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seinem Herrn einen Knochen bringt.
    »Warten Sie, Sir, in der ist ein Umschlag. Ich will jetzt noch die andere Seite probieren.«
    Diesmal vollführte er den Schlangenmenschentrick mit der anderen Hand. Dann stand die zweite Schublade vor Tommy.
    »In der ist auch etwas«, sagte Albert. »Noch zwei versiegelte Umschläge. Natürlich habe ich keinen geöffnet. Das würde ich nie tun!« Er sprach im Brustton der Überzeugung. »Sie müssen sie öffnen!«
    Tommy nahm zuerst einen versiegelten Umschlag, der der Länge nach gerollt und mit einem Gummiband umwickelt war. Das Gummiband fiel bei der ersten Berührung ab.
    »Sieht wertvoll aus«, murmelte Albert.
    Auf dem Umschlag stand: Geheim.
    »Na bitte«, frohlockte Albert. »›Geheim.‹ Das ist eine Spur!« Tommy öffnete den Umschlag. In ihm war ein Notizbuchblatt, das mit einer sehr krakeligen, stark verblassten Handschrift beschrieben war. Tommy drehte das Blatt hin und her, Albert beugte sich schnaufend über seine Schulter.
    »Mrs MacDonalds Rezept für Lachscreme«, las Tommy. »Ein besonderer Gunstbeweis. – Man nehme zwei Pfund in mittelgroße Stücke geschnittenen Lachs, einen halben Liter Jersey-Sahne, ein Weinglas Brandy und eine frische Gurke.«
    Er brach ab. »Tut mir Leid, Albert. Aber diese Spur führt direkt in die gute Küche.«
    Albert gab traurige und enttäuschte Geräusche von sich.
    »Macht nichts«, sagte Tommy. »Jetzt kommt der nächste Versuch.«
    Der zweite versiegelte Umschlag schien nicht ganz so alt zu sein. Er trug zwei blassgraue Wachssiegel, auf denen eine Heckenrose zu erkennen war.
    »Hübsch«, sagte Tommy. »Für Tante Ada sehr romantisch. Vermutlich lernen wir jetzt, wie man Rinderpastete macht.«
    Er öffnete den Umschlag und zog erstaunt die Brauen hoch. Zehn sauber gefaltete Fünfpfundnoten fielen heraus.
    »Die sind aber schön«, sagte Tommy. »Sie sind noch aus dem Krieg. Gutes Papier. Wahrscheinlich längst ungültig.«
    »Geld!« murrte Albert. »Was wollte sie mit dem Geld?«
    »Ach, das ist der Notgroschen einer alten Dame. Tante Ada hatte immer einen Notgroschen. Vor vielen Jahren hat sie mir erklärt, jede Dame brauche immer fünfzig Pfund in kleinen Scheinen für eventuelle Notfälle.«
    »Na, brauchen kann man das immer.«
    »Möglicherweise sind sie gar nicht wertlos. Ich muss mal mit meiner Bank sprechen«, sagte Tommy.
    »Wir haben noch einen Brief. Den aus der anderen Schublade.«
    Albert gab die Hoffnung nicht auf.
    Er war dick und trug drei feierliche rote Siegel. Auf der Vorderseite stand in spitzer Schrift:
     
    »Im Falle meines Todes soll dieser Umschlag ungeöffnet an me i nen Anwalt, Mr Rockbury von Rockbury & Tomkins, oder an meinen Neffen Thomas Bere s ford geschickt werden.«
     
    Es waren mehrere eng beschriebene Blätter. Die Handschrift war schlecht, sehr dünn und manchmal unleserlich. Tommy las stockend vor:
     
    »Ich, Ada Maria Fanshawe, schreibe hier Dinge auf, welche mir von Menschen erzählt worden sind, die in dem Altersheim Haus Sonnenhügel wohnen. Ich kann nicht beschwören, dass die Be o bachtungen der Wahrheit entsprechen, aber es scheint mir eine b e gründete Annahme, dass hier verdächtige – möglicherweise krim i nelle – G e schehnisse stattgefunden haben oder noch stattfinden. Elizabeth Moody, eine törichte Frau, die ich aber nicht für eine Lügnerin halte, behauptet, hier im Haus eine Verbrecherin e r kannt zu haben. Es ist möglich, dass eine Giftmörd e rin bei uns ihr Unwesen treibt. Ich lasse mich nicht leicht beeinflussen, werde aber die Augen offen ha l ten. Ich habe mir vorgenommen, alle Tatsachen, die ich erfahre, hier niederzuschreiben. Die ganze A n gelegenheit kann auch eine Phantasterei sein. Mein Anwalt oder mein Neffe Thomas Beresford mögen sich damit befassen.«
     
    »Was habe ich gesagt!«, rief Albert triumphierend. »Ich hab’s Ihnen doch gesagt! EINE SPUR!«

14
     
    » I ch meine, wir müssen darüber nachdenken«, sagte Tuppence.
    Nach einem glücklichen Wiedersehen im Krankenhaus war sie ehrenvoll entlassen worden. Jetzt saß das wiedervereinte Paar im Salon der besten Suite des »Lamm« in Market Basing.
    »Du denkst nicht nach!«, befahl Tommy. »Du weißt, was der Arzt gesagt hat, ehe er dich gehen ließ: keine Aufregungen, weder geistige noch physische Anstrengungen! Du solltest ein wenig kürzer treten.«
    »Tue ich das etwa nicht?«, fragte Tuppence. »Ich habe die Beine hochgelegt; ich habe zwei Kissen unter dem Kopf. Und was das Denken

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