Lauter reizende alte Damen
liefern, ohne Verdacht zu erwecken. Nur jemand wie unsere Mrs Kakao konnte sie verdächtigen, und zwar deshalb, weil sie selbst nicht ganz normal war und Sinn für anormale Leute hatte – oder weil sie sie schon kannte.«
»Ich glaube nicht, dass Miss Packard finanzielle Vorteile vom Tod ihrer Schützlinge haben könnte.«
»Das weißt du nicht. Es wäre schlau, nicht aus allen Todesfällen Nutzen zu ziehen. Wenn sie ein oder zwei besonders reiche Frauen dazu bringt, ihr Geld zu vermachen, dann braucht sie immer noch einige ganz natürliche Todesfälle, von denen sie nicht profitiert. Könnte es nicht so sein, dass Dr. Murray – ich sage könnte – an Miss Packard gedacht hat? Der zweite Fall passt vielleicht auf eine Köchin, ein Hausmädchen oder sogar auf eine Krankenschwester. Eine tüchtige, nicht mehr junge Frau mit einem Tick. Vielleicht hatten sie einige der alten Damen geärgert. Aber dazu kennen wir niemanden gut genug.«
»Und der dritte Fall?«
»Der ist am kompliziertesten«, gab Tuppence zu. »Jemand, der mit leidet, der verzweifelt ist…«
»Vielleicht hat er den aus gutem Grund erwähnt. Ich muss an die irische Schwester denken.«
»Die nette, der wir die Stola geschenkt haben?«
»Ja, die, die Tante Ada so gern hatte. Sie hatte alle so gern; sie war traurig, wenn sie starben. Als wir mit ihr sprachen, war sie beunruhigt. Du hast es erwähnt, weißt du noch, Tuppence? Sie ging fort, hat uns aber nicht gesagt, warum.«
»Ach, vielleicht war sie zu zart besaitet. Schwestern sollen nicht zu mitfühlend sein. Das ist nicht gut für die Patienten. Sie sollen kühl und tüchtig sein und Vertrauen erwecken.«
»Schwester Tuppence spricht aus Erfahrung!« Tommy grinste. »Um auf das Bild zurückzukommen«, sagte Tuppence, »ich finde interessant, was du von Mrs Boscowan erzählt hast.«
»Sie war auch interessant«, sagte Tommy. »Die interessanteste Frau, die uns bisher in dieser Sache über den Weg gelaufen ist Sie scheint Dinge zu wissen, ohne sie zu denken. Sie weiß zum Beispiel offenbar etwas über dieses Dorf, was wir nicht wissen.«
»Diese komische Sache mit dem Boot! Dass früher kein Boot auf dem Bild gewesen sein soll. Warum ist jetzt ein Boot da?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Tommy.
»Stand auf dem Boot ein Name? Ich kann mich nicht erinnern. Aber ich habe es auch nie so genau angesehen.«
»Doch, Waterlily steht drauf.«
»Warte, woran erinnert mich das?«
»Keine Ahnung.«
»Oh«, rief Tuppence, »es gibt noch eine Möglichkeit. Ich meine, wer mich überfallen haben könnte. Ein Außenseiter – jemand, der mir von Market Basing gefolgt ist, um herauszubekommen, was ich vorhatte. Ich habe doch so viele Fragen gestellt. Ich war bei allen Häusermaklern. Alle haben Ausflüchte gemacht und mir keine konkreten Antworten gegeben. Das war schon nicht mehr normal. Es war genauso wie damals, als wir überall nach Mrs Lancaster fragten. Rechtsanwälte, Banken, ein Besitzer, den man nicht erreichen kann, weil er im Ausland ist. Tommy, dasselbe Muster! Jemand folgt mir; er will wissen, was ich tue – und dann bekomme ich einen Schlag über den Schädel. Und damit sind wir beim Grabstein auf dem Friedhof. Warum durfte ich diesen alten Grabstein nicht genauer ansehen?«
»Waren die Worte gemalt oder eingraviert?«
»Ich glaube, sie waren eingemeißelt. Von jemandem, der nichts davon verstand. Nur der Name: Lily Waters – und das Alter – sieben Jahre. Das war noch lesbar, aber dann kamen nur Bruchstücke: ›Wer‹, glaube ich… ›geringsten einen‹ und ›ärgert‹… und dann ›Mühlstein‹…«
»Das kommt mir bekannt vor.«
»Es ist bestimmt aus der Bibel. Aber der, der es geschrieben hat, konnte sich vielleicht nicht genau an den Text erinnern.«
»Das Ganze ist sehr merkwürdig.«
»Wen kann ich gestört haben? Ich wollte doch nur dem Vikar helfen; und dem armen Mann, der nach seinem Kind suchte. – So, da wären wir wieder bei dem verlorenen Kind. Mrs Lancaster hat von einem armen Kind gesprochen, das hinter dem Kamin eingemauert war; und Mrs Copleigh hatte es mit eingemauerten Nonnen und mit einer Mutter, die ihr Baby umgebracht hat, mit einem Geliebten, einem unehelichen Kind und einem Selbstmord. – Es ist alles Tratsch und Klatsch, ein fürchterliches Schauermärchen. Trotzdem, Tommy, eine Tatsache gibt es, die nichts mit Gerede und Spukgeschichten zu tun hat.«
»Und die wäre?«
»Dass im Kamin des Kanalhauses diese alte Puppe gelegen hat. Und zwar
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