Lauter reizende Menschen
Skandal um eine Stute namens >Martha< drüben in Ceylon gehört?«
Jim schüttelte den Kopf. »Bestimmt nicht. Allerdings habe ich da keine großen Erfahrungen.«
»Nun, Len hat ein paar alte Turfzeitschriften gefunden, die sich bei Peter Rolfe angesammelt hatten. In einer Nummer befand sich das Foto eines Pferdes, das nach der Bildunterschrift in einen Dopingskandal verwickelt war.«
»Na und? So etwas kommt doch drüben alle nasenlang vor!«
»Gewiß. Nur ist Len felsenfest davon überzeugt, daß der mit der Stute abgebildete Jockei kein anderer als Purdy war. Natürlich in jungen Jahren...«
»Puh! Na, zu sicher sollte er seiner Sache aber nicht sein. Fotos in Zeitschriften sind nicht immer die besten...«
»Zugegeben. Aber als Len das Bild Purdy zeigte, da leugnete er mit ganz auffälligem Eifer. Und heute nacht hat der Dieb nichts anderes an sich genommen als — die Zeitschrift mit besagtem Bild!«
»Das beweist doch noch lange nicht, daß es Purdy war!«
»Nein! Aber Len kam mit dem Ärmel des Fremden in Berührung, und er ist sicher, den Pullover erkannt zu haben, den Purdy meist anhat.«
»Ein Pullover, wie es ihn zu Tausenden gibt!«
»Wiederum zugegeben. Aber trotzdem fügt sich doch alles ganz seltsam aneinander. Niemand anders wußte von der Zeitschrift; wer also hätte sie stehlen sollen?« — »Was fragen Sie mich?«
»Sagen Sie eines, Jim: Wenn es einen solchen Skandal in Ceylon gegeben hat und wenn der Jockei damals disqualifiziert wurde — würde ihm das heute hier bei uns etwas ausmachen?«
»Es würde ihm in der ganzen Welt etwas ausmachen — und zwar auf Lebenszeit!«
»Nun, der Jockei sah Purdy, wenn man den Altersunterschied einrechnet, zum Verwechseln ähnlich. Sie wissen doch, wie eigenartig sein Haar ziemlich weit vorne zwei Wirbel bildet, nicht wahr?«
»Was wollen Sie damit schon beweisen? Wirbel haben viele Leute — ich auch zum Beispiel, wenn auch weit hinten.«
»Ja doch, Jim! Aber wenn Sie alles in allem nehmen: das Haar, die Ähnlichkeit, Purdys wütendes Leugnen, und wenn Sie hinzufügen, daß der Einbrecher von heute nacht einen grobgestrickten Pullover trug und ausgerechnet die betreffende Zeitschrift — und nichts anderes! — mitnahm...«
Langes Schweigen folgte. Jim schien alle seine Aufmerksamkeit wieder dem Stück Braten zuzuwenden und kehrte Ross den Rücken zu. Erst nach einer ganzen Weile meinte er: »Es ist schon eine verteufelte Sache! Aber bisher ist doch alles reine Vermutung.«
»Bisher schon — aber ich habe schon Schritte eingeleitet, damit es mehr wird als das. Bevor ich zu Ihnen kam, war ich in Lakeville, um von dort aus Wright anzurufen. Er ist bereits in Aktion und wird bald einiges über Purdys Vergangenheit ausgegraben haben. Ich werde nicht überrascht sein, wenn sich herausstellen sollte, daß der Jockei auf >Martha< Ihr ehrenwerter Chef ist!«
»Na und? Selbst dann wäre er noch kein Mörder!«
»Das habe ich auch nicht behauptet. Aber wenn Sie jetzt Ihr Steak nicht vom Feuer nehmen, verbrennt es zu Kohle!«
Jim legte das duftende Fleisch auf einen Teller. »Essen tue ich erst nachher — es sei denn, Sie beteiligten sich an der Mahlzeit. So, Sie haben schon gegessen? Na, dann mag es meinetwegen kalt werden! Erst muß ich den Fall klären. Purdy ist ein anständiger Kerl, zuweilen vielleicht ein wenig verschlossen und mürrisch, aber ich möchte mich für seine Ehrlichkeit verbürgen, Und ein Mord ist ihm genausowenig zuzutrauen wie... wie...«
»Wie Kelly, oder Howard, oder Owens?« fragte Ross in aller Ruhe. Klirrend ließ Jim die Gabel fallen und fuhr zu Ross herum.
»Allerdings: wie Mick, George oder Nigel! Wen haben Sie sonst noch auf Ihrer Liste? Mir scheint, keiner meiner guten Freunde ist vor Ihnen sicher!«
»Entschuldigen Sie, Jim, aber es hat ja keinen Sinn, die Augen einfach zuzumachen! Tatsächlich stehen sie alle unter Verdacht. Sie alle haben ein Motiv. Keiner von ihnen hat ein Alibi. Sehen Sie das nicht ein?«
Neues langes Schweigen folgte. Endlich murmelte Jim bedächtig: »Sie haben ja recht. Ich darf nicht scheuen wie ein nervöser Gaul; ich muß durchhalten — abwarten. Und was wird inzwischen aus Annabel?«
Ross’ Stimme wurde freundlich. »Sie ist gut aufgehoben, Jim. Und niemand hat auch nur das geringste gegen sie. Weder ihr noch ihrer Freundin würde jemand ein Haar krümmen. Meinen Sie denn, ich ließe die beiden auch nur eine einzige Stunde an der Tankstelle, wenn ich das Gefühl hätte, sie
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