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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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Gringo«, sagte der Indio und hob die Waffe. Das Auge des Lasers war wie ein schwarzes Loch, hinter dem die Unendlichkeit lauerte.
    Dann verkrampfte sich das braune Gesicht des Mannes zu einer ohnmächtigen Grimasse aus Zorn und Wut und Abscheu, er stieß einen Fluch aus, wandte sich ab und lief nach draußen. Glenn Morris aber ließ sich zurückfallen und verbarg das Gesicht auf den Armen. Ihm war, als fiele er in einen endlos tiefen Abgrund.

    Der schmetternde Knall einer explodierenden Handgranate brachte ihn wieder zu sich, und aufblickend sah er den Indio hinüber zum Waldrand rennen. Kurz bevor der kleine braune Mann die ersten Bäume erreichte, fetzte eine Garbe in das weiße Paket auf seinem Rücken. Doch er rannte weiter und tauchte gleich darauf zwischen den Reihen der Kaffeebäume unter.
    Dann erschienen draußen auf dem Platz Männer in grünlichen Schutzanzügen und Schnürstiefeln. Sie trugen moderne Schnellfeuergewehre in den Händen, und in den Netzen auf ihren Stahlhelmen steckten Büschel frischgrüner Kaffeezweige.
    Da stand Glenn Morris auf und ging hinaus in die Sonne, den Staub und das Geschrei. Am liebsten hätte er geheult.
     
    »Ja, Lieutenant, so war das, damals an jenem sechsundzwanzigsten März«, sagte Captain Morris und rührte nachdenklich in seinem Glas mit Juice. »Sie haben mich dort herausgeholt, Contras, die vom Pentagon ausgerüstet und bezahlt worden waren. Als sie das Dorf angriffen, waren sie dreißig Leute, und wir waren noch sieben, als wir schließlich die Küste erreichten, wo unsere Schiffe ankerten.
    Oh, sie haben es mich fühlen lassen, daß sie für Geld in den Tod geschickt worden waren. Wegen eines einzelnen. Meinetwegen. Sie behandelten mich gut, keine Frage, aber ich kam mir vor wie jemand, der sich Bluthunde hält. Es gibt nur einen Grund, weshalb sie ihn nicht zerfleischen: weil sie gelernt haben, daß sie von niemandem sonst Futter bekämen.
    Nein, sie waren nicht unfreundlich zu mir, aber wenn sie starben, dann sah ich an ihrem letzten Blick, daß sie mich zur Hölle wünschten.
    Und wie sie starben. Jeden Tag einige. Oh, was war dieser alte Commandante aber auch für ein Fuchs. Als wir aufbrachen, da hatte er das Dorf schon umzingeln lassen. Und von da an gingen sie uns nicht mehr von den Fersen.
    Einmal habe ich auch den Indio, der mich gefangengenommen hatte, wiedergesehen. Wir waren bereits am Fuß des Küstengebirges angelangt, als sie uns von einem kleinen Hügel herab angriffen, eine Gruppe von vielleicht zehn oder zwölf Indios, deren Anführer er zu sein schien. Er fuchtelte noch immer mit meinem Laser herum, und auch den Fallschirm trug er noch auf dem Rücken. Die schöne, ehemals weiße Seide war total zerschlissen und grau vom Dreck. Wahrscheinlich benutzte er sie als Unterlage zum Schlafen.
    Auf der gesamten Strecke von dem Dorf bis zur Küste hatten sich stets vier von unseren Leuten in meiner Nähe gehalten, so eine Art Leibwache, verstehst du? Drei von ihnen wurden bei diesem Angriff getötet. Nur einer überlebte. Und ich! Stell dir das vor! Ausgerechnet ich, der ich den Anlaß zu dem erbarmungslosen Kampf bot, kam unverletzt davon.«
    Glenn Morris schüttelte den Kopf. Bitterkeit klang aus seiner Stimme, die sehr leise geworden war.
    »Das ist es, was ich nicht begreife, Phil. Weshalb hat er mich nicht erschossen? Weder im Dorf noch später bei den Hügeln. Gelegenheiten hatte er, weiß Gott, mehr als eine. Was nur kann ihn abgehalten haben, mich zu töten?«
    Sein Glas klirrte, als er es auf den Tisch stellte. Es mußte ihn zutiefst getroffen haben, daß er einem kleinen, schmutzigen Indio sein Leben verdankte. Und eine psychische Wunde, die wohl nie ganz vernarben würde. Die an ihm fraß wie ein unheilbares Fieber.
    Vielleicht hatte der Mann, den Glenn Morris abwertend als Indio bezeichnete und der in Philipps Verständnis längst zu einem Helden geworden war, zu einem von vielen, die sich gegen Unmenschlichkeit und Selbstüberhebung zur Wehr setzten, gerade das gewollt. Vielleicht hatte er den fremden Eindringling geschont, weil er hoffte, das ewig lebendige Entsetzen in dessen Herzen werde eines Tages zum fruchtbaren Substrat werden, auf dem sich Einsicht und Selbsterkenntnis entwickeln könnten.
    Da allerdings hatte er sich geirrt. Wenn es in Glenn Morris je so etwas wie die Samen von Einsicht und Erkenntnis gegeben hatte, jetzt waren sie längst verdorrt. Was geblieben war, hieß Haß und gekränkte Eigenliebe.
    »Dieser verfluchte

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