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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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befanden, eine unerträglich feuchte, stehende Hitze zwischen den Baumreihen brütete.
    Hin und wieder kamen sie an einen Bach oder einen Bewässerungsgraben, deren Ufer dicht bewachsen waren. Aber der Indio ließ nicht zu, daß Morris von dem Wasser trank. Er nannte keinen Grund für sein Verbot, wahrscheinlich wollte er sich nicht der Gefahr aussetzen, mit seinem körperlich überlegenen Gefangenen durch unübersichtliches Gebüsch kriechen oder die flachen Dämme hinab- und hinaufklettern zu müssen.
    Das notwendige Trinkwasser beschaffte er allerdings. Und zwar auf eine Art und Weise, die in Glenn Morris etwas wie widerwillige Bewunderung auslöste.
    Durch den natürlichen Uferbewuchs der Kanäle und Creeks wanden sich häufig armdicke Lianen, die an manchen Stellen wie Girlanden zwischen den Bäumen hingen. Wenn man einen solchen Bogen an seiner tiefsten Stelle mit einem scharfen Messer durchtrennte, dann tröpfelte aus den beiden Schnittstellen nach und nach bis zu je ein Liter klares und wohlschmeckendes Wasser heraus.
    Der Indio setzte den Schnitt mit der Geschicklichkeit eines versierten Taschenspielers. Erst beim zweiten- oder drittenmal vermochte Glenn Morris den blitzschnellen Bewegungen wenigstens annähernd mit den Augen zu folgen. Im Zug derselben Bewegung, mit der er den schweren Laser hinter seinen Gürtel schob, riß der Indio sein Messer heraus, hieb den Lianenstrang durch, daß es aussah, als wäre ein plötzlicher Sonnenstrahl zwischen den Baumkronen hindurchgebrochen, und wechselte die Waffen abermals aus. Es war wirklich eine einzige und so schnelle Bewegung, daß sich Messer und Laser gleichzeitig in der Hand des Indios zu befinden schienen.
    Dann hingen die Lianen still in der heißen Luft von den Ästen, und die beiden löschten ihren Durst, Seite an Seite stehend, durch den Strick verbunden und eine faustgroße Kapsel zwischen sich, die nur durch einen Daumendruck gehindert wurde, Tod und Verderben zu verbreiten.
    In solchen Momenten stieg in Glenn Morris der deprimierende Gedanke auf, seine Ausbildung und sein Wille könnten der Verbissenheit dieses kleinen braunen Mannes unterliegen, und sein Ärger mischte sich mit Bewunderung, ein Konglomerat, aus dem in diesen zwei Tagen hemmungsloser Haß wurde.
    Glenn Morris war sich bewußt, daß die Zeit drängte. Wenn sie einen Ort erreichten, an dem ihn der Indio den Sicherheitskräften des Landes übergeben konnte, würde er wenige Tage später der internationalen Öffentlichkeit als gefangener Terrorist vorgestellt werden. Nicht auszudenken!
    Er nahm sich vor, unbedingt zu schweigen. Er hatte nie begreifen können, was diese Leute bewog, sich auf derartigen Schaustellungen zu ihrer Tätigkeit zu bekennen, ja womöglich noch Reue zu zeigen. Sein Selbstverständnis weigerte sich, die Möglichkeit einzuräumen, daß aus harten Männern innerhalb weniger Tage oder Wochen bereitwillig plaudernde Narren wurden, die sich ihrer ehemaligen Entschlossenheit nun zu schämen schienen, große Kinder, deren Verhalten er als feige empfinden mußte.
    Zwar sagte er sich, daß es Mittel und Wege zu geben schien, diesen Umschwung geistigen Verhaltens und moralischer Wertungen zu erzielen, aber er vermochte sich nicht vorzustellen, daß er selber in ähnlicher Weise reagieren könnte.
    Als er bemerkte, daß er über Möglichkeiten nachzudenken begann, die bisher weit außerhalb seiner Vorstellungskraft gelegen hatten, war er zutiefst betroffen, ein Gefühl, das ihn veranlaßte, sich unbewußt zu straffen.
    Er mußte sich jetzt konzentrieren. Auf sich, auf den Indio hinter sich und auf die Chance, ihn zu überwältigen.
    »Geh!« sagte der Mann und berührte ihn mit dem Kühlkopf des Lasers. »Wir sind gleich da!«
     
    Sie näherten sich von Westen her einem kleinen Dorf, dessen in mehreren Reihen angeordnete Häuser mit schönen roten Ziegeln gedeckt waren. Die Straßen, die bis in die Plantagen reichten, wo sie in Sandwegen endeten, waren sauber und gepflegt. Sie kamen dem Ort sehr schnell näher. Bis sie sahen, daß auf den Straßen eine gewisse Hektik herrschte, etwas wie eine schwer durchschaubare Aufbruchstimmung. »Steh!« sagte der Indio und trat neben seinen Gefangenen.
    Sie standen lange und blickten auf den Ort, wo das Treiben auf den Straßen schnell zunahm, und sie sahen, wie Gegenstände auf zweirädrige Karren verladen wurden und Menschen mit Bündeln auf dem Rücken nach Süden zwischen den Bäumen der Plantagen verschwanden.
    Irgendwann stieß der

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