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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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Bild der Sonne gleitet.
    »Was ist, Captain? Nachdenklich geworden?« Glenn Morris dreht sein Glas in den Händen. »Komisch, nicht? Wie schnell doch die Zeit über einen hinweggehen kann. Gestern noch ein kraftvoller junger Adler, und heute ein verkalkter alter Vogel, dessen stumpfe Fänge nicht einmal mehr mit einem mickrigen Kaninchen fertig werden. Weißt du, was wir sind, Phil? Saurier sind wir. Alte, vom Leben vergessene Saurier!«
    »Es gab eine Zeit, Sir, da waren die Saurier das Beste, was die Evolution hervorgebracht hatte. Sie beherrschten die Erde. Es war folgerichtig, daß sie abtreten mußten, als sich die Bedingungen auf dem Planeten änderten. Wir werden uns damit abzufinden haben, daß wir unter ähnlichen Voraussetzungen auch ein ähnliches…«
    Da springt der Commander auf, daß die Gläser klirren. »Ich will aber nicht abtreten, hörst du?« schreit er. »Ich will mich nicht von denen, die da in ihren goldfunkelnden Anzügen im Raum herumsegeln; als wären alle anderen der letzte Dreck, in die Ecke drängen lassen. Wenn die erlebt hätten, was ich hinter mich gebracht habe, ich als einer der ersten auf dieser verdammten, im Orbit herumschippernden Zielscheibe, sie hätten die Hosen gestrichen voll gehabt. So ist das! Saurier! Daß ich nicht lache! Sieh dir doch die Nachkommen der Saurier an! Schildkröten und Eidechsen. Da nützen ihnen auch vergoldete Panzer nichts, sie bleiben, was sie sind: Schildkröten und Eidechsen!«
    Sein Gesicht hat sich gerötet. Vielleicht hat er noch nie jemandem einen so deutlichen Blick in sein Inneres gestattet, in diese zerrüttete Psyche eines Menschen, der in seiner ihm zugestandenen Zeit viel mehr vernichtet als geschaffen hat. Das kann nicht ohne Folgen bleiben. Selbst bei einem Mann wie Glenn Morris nicht. Man kann sich nicht ewig durch Aktionismus gegen das Nachdenken abschotten.
    Auch Philipp hat sich erhoben. Und da stehen sie nun nebeneinander und blicken auf das Bild des Monitors, über das der Atlantik rollt, eine jetzt weißblaue Fläche mit einer feinen Dunstschicht darüber, einen wundersamen, zarten Schleier, in den die Sonne goldene Farben mischt.
    Sie stehen Schulter an Schulter, und doch sind sie durch Welten geschieden, auch jetzt noch, da sie, von entgegengesetzten Seiten aus, an denselben Punkt gelangt sind.
    »Es ist nicht gut, Sir, sich an das Gewesene zu klammern. Sie haben getan, was Sie für Ihre Pflicht hielten, und wenn nun andere kommen und diese Pflichten übernehmen, dann sollten Sie ihnen nicht gram sein. Das ist der Lauf der Dinge. Immer und überall. Nach jedem von uns kommt ein anderer, der an unsere Stelle tritt.«
    Und dabei fragt er sich, ob auch an seine Stelle ein anderer treten wird, an seine Stelle auf dem Großsatelliten Zeus. Und er muß sich eingestehen, daß er sich dessen nicht sicher ist. Ebensowenig wie sich Glenn Morris vorzustellen vermag, daß ein Jüngerer ihn ersetzen könnte. Vielleicht, sagt Phil sich, müssen wir uns für unersetzlich halten, um uns unserer Aufgabe ganz widmen zu können.
    Glenn Morris wendet sich ab und läßt sich in seinen Stuhl fallen. Der Tisch stöhnt unter der Last seiner aufgestützten Ellenbogen. »Setz dich, Philipp! Hast du noch etwas in deinem Glas? Ja? Dann trink endlich, du Saurier!« Und er schüttet den Inhalt seines Glases von der Größe eines Zahnputzbechers in einem Zug in sich hinein. »Vielleicht, mein lieber Philipp McBruns, wissen die dort unten im Pentagon ganz genau, welche Gedanken uns bewegen. Sie haben ausgezeichnete Psychologen, die unsere Gefühle berechnen, jede unserer Reaktionen voraussehen und in ihre Pläne einbeziehen. Vielleicht haben sie errechnet, daß wir uns weigern werden, so mir nichts, dir nichts abzutreten, daß wir uns nicht so ohne weiteres zum alten Eisen werfen lassen werden. Weißt du, was ich damit sagen will, Philipp?
    Wie, wenn sie damit rechnen, daß wir ihnen mit der Drohung dieser Goldjungen im Nacken einen Beweis unserer ungebrochenen Kraft liefern werden? Es wäre doch eine Kleinigkeit für uns, diesen verdammten Beweis anzutreten. Ein Fingerdruck würde genügen, ein einziger Fingerdruck, und ein ganzer verhaßter Kontinent stünde in Flammen. Was könnte man uns schon vorwerfen? Doch höchstens, daß wir uns einer Unachtsamkeit schuldig gemacht haben. Wir übersahen, daß einer unserer Offiziere den psychischen Anforderungen nicht mehr gewachsen war. Entschuldigung, meine Damen und Herren von der UNO!
    Kannst du dir vorstellen,

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