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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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Nuancen ihrer Psyche, und er weiß, daß auch sie sich dieses Mangels an Wärme bewußt ist. Sie müht sich, das Feuer anzufachen, aber sie tut es wie jemand, der in die Flammen bläst, weil ihn fröstelt.
    Die Kälte ist schuld. Die Kälte, die in diesem metallenen Sarg hockt, in jeder Ecke und in jeder Kammer, zwischen den Geräten im Arsenal und in den tausend Fühlern, die sich in den Raum hinaustasten. Eine solche Umgebung ist ein ungeeigneter Ort für eine Liebesbeziehung, wie er sie sich vorstellt.
    Wieso eigentlich? Bietet euch diese Station weniger, als die Erde bieten könnte? Eine Kammer, ein Bett, Frühstück am Morgen mit der jungen Sonne im Fenster, grüne Bäume und Sträucher im Garten, die sich vor dem warmen Hauch des Windes verneigen?
    Nein, von geringen Abweichungen abgesehen, mangelt es euch an nichts. Wenn auch eure Kammer aus Metallplastwänden besteht, deren unpersönliche Sachlichkeit durch die Stoffbespannung nur optisch zu verbergen ist, wenn auch der Sonnenfleck während eines Frühstücks die Kantine fünfmal durchwandert, als sei es fünfmal Tag und ebensooft Nacht geworden, wenn sich auch keine Bäume und Blumen im Wind wiegen, sondern Algenmutanten im Wasser gläserner Behälter. Das alles ist es nicht.
    Die Wand, die euch trennt, ist in euch. Sie ist in euch errichtet worden durch das Entsetzliche, an dem ihr Anteil habt. Und sie ist weder von der Wärme eurer Körper zum Schmelzen zu bringen, noch wird sie vom Anblick der Sonne oder flutender Algen durchlässiger. Auch dann nicht, wenn es die Morgensonne von Calman’s Edge wäre und die alten Bäume am Hexenstuhl. Diese Wand ist unzerstörbar. Weil sie aus Kälte gemacht ist. Aus der Kälte der Welt, in der ihr zu leben gezwungen seid und die längst auch in euch eingedrungen ist.
    Als er am Morgen erwacht, ist er allein. Das Bett hat einen Rest von Doras Wärme bewahrt.
    Drei Minuten später jagt ihn Rotalarm hoch.
     
    »Wie konnte das geschehen, Graves?« Die Stimme des Commanders ist zwar leise, aber in ihr ist eine Schärfe, die an das Zischen gefährlicher Schlangen erinnert. »Ich frage Sie, wo Sie Ihren Verstand gelassen hatten, Graves!«
    »Lieutenant Taylor hat sich ordnungsgemäß zu einem Forschungsflug abgemeldet, Sir.«
    »Mit einem von mir unterzeichneten schriftlichen Befehl?«
    »Nein, Sir! Mündlich. Ich habe nicht das dienstliche Recht…«
    »Und das nennen Sie ordnungsgemäß, Graves?« Noch immer spricht Glenn Morris nicht lauter, aber seine Wut ist jetzt unverkennbar. »Ich werde Sie vor ein Kriegsgericht bringen, Graves. Darauf können Sie sich verlassen. Wer hat den Alarm ausgelöst?«
    »Ich, Sir!« Brake erhebt sich und nimmt Haltung an. »Ich habe bemerkt, daß Lieutenant Taylor gestartet war, und von Graves erfahren, daß sie keinen entsprechenden Befehl vorweisen konnte. Graves hat sich danach erkundigt, Sir. Aber seine Dienststellung…«
    »Schon gut, Lieutenant! Was man Ihnen allenfalls vorwerfen könnte, ist, daß Sie es zu spät bemerkt haben. Und daß Sie nun auch noch versuchen, die Partei des Mister Graves zu ergreifen.«
    »Sir, ich…«
    »Ich sagte: Schon gut! Ihre Kommentare sind überflüssig.« Dann wendet er sich zur Seite. »Balmein! Beenden Sie den Alarm!« Das Heulen und Blinken des Rotalarms verebbt. Philipps Gedanken überschlagen sich. Dora ist also an die Ausführung ihres Plans gegangen. Mit größeren Chancen sicherlich, als es anfangs abzusehen war. Sie wird landen. Sie wird leben. Er aber wird sie niemals wiedersehen. Ein weiteres Kapitel seines Lebens hat ein schnelles Ende gefunden. Mit derselben plötzlichen Ausschließlichkeit wie alle anderen zuvor.
    Was bleibt, ist ein tiefer, nicht lokalisierbarer Schmerz und ein dumpfes Brausen, das ihn wie eine undurchdringliche Glocke umgibt. Er schließt die Augen, und alles um ihn her versinkt in Dunkelheit und diesem Brausen, einem Chaos, von dem er nicht weiß, ob aus ihm Entsetzen oder Genugtuung erwachsen wird.
    Da erhebt sich die Stimme des Commanders über den nivellierten Pegel: »Wann ist sie gestartet?«
    Glenn Morris fragt es, ohne sich an jemanden direkt zu wenden, erst als die Antwort ausbleibt, beginnt er zu schreien: »Ich habe gefragt, wann sie gestartet ist, Graves! Antworten Sie!«
    Graves’ Stimme, leise und betroffen: »Vor etwa…, nun, Sir…, es mag ungefähr siebenunddreißig Minuten her sein.«
    »Großer Gott! Siebenunddreißig Minuten. In dieser Zeit kann sie überallhin geflogen sein. Graves, ich habe es

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