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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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Philipp, daß man uns als Köder betrachten könnte, als Kaninchen, das man einem Bären zum Fraß vorwirft, um zu prüfen, wie scharf dessen Zähne wirklich sind?«
    Das ist eine Idee, die Philipp im ersten Augenblick als äußerst grotesk erscheinen will, aber gleich darauf muß er sich sagen, daß sie so abwegig nicht ist. »Es liegt an uns, nicht das Kaninchen zu spielen«, sagt er.
    Glenn Morris stellt sein Glas abrupt auf den Tisch zurück. Er lächelt mit schief gezogenem Mund. »Wirklich?« fragt er. »Glaubst du tatsächlich, daß wir noch über so etwas wie ein Stück unseres freien Willens verfügen? Daß wir einen Durchschlupf finden könnten in dem psychologischen Netz, mit dem sie uns gefangen haben?«
    »Wir sind keine Kaninchen, Sir!«
    »Nein? Kaninchen vielleicht nicht. Aber Ratten! Weißt du, daß man Ratten durch psychogene Behandlung dazu gebracht hat, nichts mehr zu fürchten als die Dunkelheit? Sie flüchten in das Licht, Philipp. Stell dir das vor, Ratten flüchten in das Licht!«
    Das Gespräch ist an einem Punkt angelangt, von dem an es sinnlos wäre, dem Commander mit Argumenten zu kommen. Glenn Morris hat sich viel zu tief in seine eigenen Gedanken verstrickt. Heute wird er aus diesem Gewirr nicht mehr herausfinden.
    So trinkt Philipp seinen gedopten Juice aus und erhebt sich. »Haben Sie noch Befehle für mich, Commander?«
    Er ist müde. Müde und zerschlagen wie schon lange nicht mehr. Und er verspürt den Wunsch, jetzt still und stumm an der Seite Doras zu liegen, sie zu fühlen und ihren tiefen Atemzügen zu lauschen.
    Der Commander blickt träge auf. Seine Augäpfel sind mit einem trüben Schleier überzogen. »Befehle, Captain?« Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen, er scheint angestrengt zu überlegen, dann strafft er sich plötzlich. »Befehle? Aber ja! Ich erwarte, daß Sie mir bis morgen mittag den ersten Bericht über die Ermittlungen Ihrer Forschungsgruppe, vorlegen. Und zwar unterschriftsreif, Captain. Ich will, daß er sich bereits morgen in den Händen des Ministers, zumindest aber in denen des Staatssekretärs befindet.«
    »Den ersten Bericht, Sir? Ich glaubte, die Arbeit der Gruppe würde nach den Ergebnissen unseres heutigen Einsatzes…«
    »Captain!« Unvermittelt ist die gewohnte Schärfe in die Stimme des Commanders zurückgekehrt. »Ihr zugegebenermaßen überdurchschnittlicher Verstand berechtigt Sie nicht, in anderen als den von mir vorgeschriebenen Bahnen zu denken. Die Aufgabe Ihrer Arbeitsgruppe kann erst als gelöst gelten, wenn sich diese fremden Orbiter auf unseren Meßschirmen zeigen. Und zwar ohne Ausnahme. Haben Sie mich verstanden?«
    »Jawohl, Sir! Zu Befehl!«
    »Dann können Sie jetzt gehen, Captain!«
    Manchmal, vor allem in Situationen wie dieser, spürt Philipp etwas wie Bewunderung für diesen Mann. Das ist keine Bewunderung, die mit Achtung oder gar Hochachtung zu tun hat, nein, sie ist von der Art, wie man sie für jemanden empfindet, der sich freiwillig in Gefahren begibt, obwohl er damit nichts bewirkt und niemandem als dem eigenen Selbstwertgefühl einen Nutzen erweist. Indem er beispielsweise den Atlantik in einem Schlauchboot zu überqueren versucht oder zu Fuß einen Alleingang zum Nordpol unternimmt.
    Glenn Morris füllt sein Glas erneut bis zum Rand. »Sie sollten wirklich weniger trinken, Sir.«
    Der Commander blickt auf, offenbar weniger zornig als verwundert. »Weshalb, Captain? Fürchten Sie, ich könnte denjenigen, den Sie als Commander Morris kennen, zerstören? Ist es so? Fürchten Sie das, ja? Dann lassen Sie sich gesagt sein, daß es diesen Glenn Morris nie gegeben hat, Captain. Was Sie bisher gesehen haben, war ein Bild, eine Statue. Wußten Sie, daß Statuen hohl sind, Phil?
    Und nun machen Sie, daß Sie endlich aus meiner Kammer verschwinden, Sie Narr!«
     
    In dieser Nacht ist es, während er an der Seite Doras liegt und die Wärme ihrer Haut auf sich übergehen fühlt, als wollte die unter der Asche der Ereignisse halberstickte Flamme wieder auflodern. In dieser Nacht ist Dora der Frau, die er immer in ihr gesucht und von Anbeginn an geliebt hat, sehr ähnlich.
    Und doch ist die imaginäre Wand, die sie stets getrennt hat, auch in dieser Nacht spürbar, dieses unsichtbare Gebilde aus einem namenlosen Stoff, das sie hindert, ganz zueinander zu finden. Immer ist ihnen ein Rest von Gemeinsamkeit vorenthalten geblieben. So auch heute.
    Er ist feinfühlig geworden in der Zeit an der Seite Doras. Er spürt die geheimsten

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