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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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militärischen Einheit ohne jeden Einfluß sind. Die Befehle wurden ausgeführt, ob sie hinterher positiv oder negativ bewertet werden, ist Angelegenheit jedes einzelnen und damit für die Gesamtheit irrelevant. Und also, verzeihen Sie, Sir, einer ernsthaften Betrachtung nicht wert.«
    Ich weiß nicht, ob ich mich gut aus der Affäre gezogen habe. Sicher bin ich mir dessen durchaus nicht. In letzter Zeit spüre ich ab und zu einen unüberwindlichen Widerwillen gegen den Zwang zu lügen. Gegen eine Notwendigkeit, der ich jahrelang gehorcht habe und von der ich nun zu fürchten beginne, sie könne meine Identität beschädigen. Manchmal frage ich mich, ob ich nicht schon auf dem besten Weg bin, auch innerlich von Philipp Barrymore zu Philipp McBruns zu werden. Eine Vorstellung, die mir angst macht. Und das gewiß nicht weniger, als sei ich für eine Gehirnwäsche zur radikalen Korrektur meiner Persönlichkeit vorgesehen. Mein Leben scheint mir ohnehin schon zu einer einzigen, lang anhaltenden Gehirnwäsche geworden zu sein, deren Wirkungen ich mich nicht immer angemessen zu entziehen vermag.
    Ich hoffe, Glenn Morris hat weder meine Besorgnis bemerkt noch mein verzweifeltes Bemühen, nicht genau das zu sagen, was ich von den Vorgängen in dieser Station halte.
    »Ich habe das Gefühl, meine Herren Offiziere«, murmelt er, schiebt die Rechte zwischen die Leisten seines Skaphanders und kratzt sich selbstvergessen, »daß Sie dieser Angelegenheit weniger Gewicht beimessen, als sie verdient. Es geht längst nicht mehr nur um uns und diese Tests, es geht um unser Land, um alles geht es. Sie wissen so gut wie ich, daß nicht nur die Tests eine Verletzung internationaler Verträge darstellen, sondern daß allein die bloße Existenz dieser Station gegen mehrere Vereinbarungen verstößt. So betrachtet, sind die Tests eigentlich nur zweitrangiger Natur, ein Ärgernis mehr, gewissermaßen.«
    »Aber jedermann wußte…«, versucht sich Harold Newman einzuschalten, wird jedoch sofort durch einen schnellen Blick des Commanders zum Schweigen gebracht.
    »Derartige Erörterungen sind nutzlos«, weist Glenn Morris den Einwand zurück. »Denn durch Lieutenant Taylors Verhalten kann diese bisher schweigend hingenommene, weil nicht leicht beweisbare Tatsache nunmehr offiziellen Charakter erhalten. Nach ihrer Aussage wäre jedes Leugnen nur noch lächerlich. Und das geht unser Land an, den Präsidenten, alle. Begreifen Sie, Newman?«
    Wir schweigen. Ich, weil ich zu ahnen beginne, welche Gedanken im Kopf des Commanders herumspuken, und Harold Newman wohl, weil es seiner schnörkellosen Denkweise schwerfällt, einen Unterschied zwischen offizieller und inoffizieller Existenz anzuerkennen.
    »Außerdem, Captain McBruns«, fährt Glenn Morris fort, wobei er mich aus schmal gekniffenen Augen mustert, »weiß ich nicht, wie ich Ihre Ausführungen einzuordnen habe. Aber auch das ist wohl nicht mehr wichtig. Wesentlich bedeutsamer erscheint mir eine Frage an mich selbst, eine, die ich mir in letzter Zeit nicht selten gestellt habe: War es gut, mich für Ihre Aufnahme in die Space Force einzusetzen, obwohl ich bemerkt hatte, daß Sie sich an den Angriffen nur sehr widerwillig beteiligten? War es nicht sehr leichtsinnig von mir, einem Gefühl der Sympathie nachzugeben, nur weil ich glaubte, eine verwandte Seele gefunden zu haben? Einsamkeit scheint ein schlechter Ratgeber zu sein.
    Nun gut, ich habe einer inneren Stimme gehorcht, das kann jedem von uns passieren, doch jetzt geht es mir wie Ihrem hypothetischen Soldaten, ich mache mir nachträglich Gedanken über mein Verhalten. Heute glaube ich, daß ich weder der Space Force noch mir einen guten Dienst erwiesen habe. Aber wahrscheinlich ist nicht einmal das mehr von Belang.«
    Ein wenig bin ich betroffen, und gleichzeitig spüre ich einen heftigen Lachreiz. Da sehe ich Newmans verdutztes Gesicht, der offenbar nichts verstanden hat, und gebe dem Lachreiz nach. Ich wüßte nicht, was in dieser entsetzlichen Situation besser sein könnte.
    Eine Weile lassen mich die beiden gewähren, während sich auf ihren Gesichtern zunehmend Ratlosigkeit breitmacht, die sich bei dem Commander schließlich in Ablehnung verwandelt.
    Dann unternimmt Glenn Morris den Versuch, die am Anfang des Gesprächs unverkennbar inquisitorische Atmosphäre wiederherzustellen. »Hör auf, Philipp!« sagt er. Und gleich darauf wesentlich lauter: »Sei endlich still, Mensch!«
    Aber so einfach ist das nicht. Man kann nicht

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