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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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Vorstellung, wie diese Situation enden wird. Eins nur scheint mir sicher zu sein: Es ist unmöglich, den fremden Satelliten zu vernichten, ohne dabei Selbstmord zu begehen.
    Vielleicht, Philipp Barrymore, ist das deine Chance. Alles wird sich wie von selbst ergeben. Du mußt nur sitzen und in die Dunkelheit starren, bis dort draußen, irgendwo inmitten dieses wunderschönen Regenbogens, dessen zarte Farben sich wie liebkosend an die Erde schmiegen, ein heller Funke auftaucht. Dann mußt du die Facette schwenken, nach Gefühl, versteht sich, denn genaugenommen bist du blind wie ein Grottenolm, und während der heranrasende Punkt dort draußen zu einem Brocken zerstrahlbarer Materie wird, mußt du den roten Knopf drücken. Feuer! Einmal. Zweimal, wenn es hoch kommt, zu mehr wird die Zeit nicht reichen. Wahrscheinlich wirst du ihn erst beim zweiten Schuß erwischen, und er wird euch dann schon so nahe sein, daß sich die Odin an seinem Feuer entzündet. Wären damit nicht all deine Probleme gelöst, Philipp Barrymore?
    Aber es wäre auch eine Chance für den Commander. Denn es wäre das Feuer der Odin, das den anderen vernichtet. Ein teuer erkaufter Beweis seiner Überlegenheit, gewiß, der letzte Beweis, den er erbringen könnte.
    Na und? Tausende und aber Tausende haben im Verlauf der Menschheitsgeschichte solche Beweise um den Preis ihres Lebens erwirkt! Millionen! Also beweise die Stärke des freiesten Landes der Erde, indem du das Feuer eher entzündest als die anderen, Philipp. Auch wenn es dasselbe Feuer sein wird, derselbe Tod. Und hoffe, daß es der letzte derartige Beweis sein wird.
    Hinter dir ist kein Atem mehr, Philipp!
    Sie sind erstarrt in Erwartung des Endes.
    Und in der eben noch absoluten Stille das Geräusch schneller Finger, die über Sensoren huschen. Jane Blackwoods Finger. Ein Stakkato an der unteren Grenze des Hörbaren.
    »Commander! Der Satellit müßte uns doch längst…!« Ihre Stimme, gepreßt aus zugeschnürter Kehle. »Sehen Sie, Commander!«
    Sie hat die Koordinaten der Odin und des vermeintlichen Angreifers auf einem Display übereinandergeschaltet. Die Kurskurven treffen sich zwar, aber sie kreuzen sich nicht. Das Ganze sieht wie ein stilisiertes Y aus, die Flugbahn des fremden Satelliten trifft die der Odin und endet an ihr, während die Odinbahn sich fortsetzt. Ein unerklärlicher Vorgang, wenn nicht…
    »Er ist verschwunden, Sir«, sagt Bergerson mit Grabesstimme. »Bei Gott, er ist weg!«
    Der Visoschirm zeigt nur noch die provozierend gemächlich rotierende Bola. Sonst nichts. Was bedeutet, daß sich der andere Satellit in Luft aufgelöst haben muß. Ach was? In Nichts! Selbst Luft wäre tödlich gewesen bei Addition der Geschwindigkeiten, mit denen die Odin und der Fremde aufeinander zugerast sind.
    Aber er ist nicht angekommen, der Fremde. Nicht ganz. Wenn man den Kurven auf Janes Bildschirm vertraut, und es gibt keinen Grund, das nicht zu tun, dann hat er die Odin erreicht und sich im selben Moment in Nichts verwandelt, eine einmalige, eine unmögliche Begebenheit, ein Vorgang, an den zu glauben ein hohes Maß an Phantasie oder technischer Ignoranz voraussetzt.
    »Die vierte Dimension!« sagt jemand hinter mir mit so tonloser Stimme, daß mir unklar bleibt, ob es Newman oder Brake war. Ich kann mir gut vorstellen, daß sie allein die Möglichkeit, die anderen hätten sich einen technischen oder gar waffentechnischen Vorsprung verschafft, in ein fürchterliches Dilemma stürzen muß. Zumindest für den Augenblick. Später, bei einigermaßen klarer Überlegung, werden auch sie zu der Schlußfolgerung kommen, daß ein Übergang in eine andere Dimension einfach nicht stattgefunden haben kann. Erkenntnisse von solch gewaltigem Format lassen sich nicht mehr geheimhalten, das Netz der gegenseitigen Überwachung ist in den letzten Jahren überaus eng geworden.
    Die Einsicht wächst langsam. Dann baut sich Spannung auf. Da ist etwas geschehen, für das sie keinen Namen haben. Das allein wäre schon frustrierend genug. Aber es ist ja viel schlimmer. Denn sie haben auch Angst gehabt, nackte Angst um das eigene Leben, aus unbesiegbaren Helden sind sie für Minuten unversehens zu hilflosen Kindern geworden. Das werden sie denen da drüben nie vergessen. Einen solchen Schimpf tut man ihnen nicht ungestraft an.
    Und die Bola rotiert nach wie vor mit stoischer Gleichförmigkeit. Die Bola! Um Himmels willen! Diese Stille in der Zentrale ist wie ein Schrei nach Rache. Und an wem sonst sollte

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