Lautlos im Orbit (1988)
zufriedenstellend verlaufen.
Professor Marilyn Larkin, diese steinharte Asketin aus Denver, hat der Sowjetunion Einsätze nichtregistrierter und obendrein verbotener Waffensysteme vorgeworfen. Es handele sich um einen doppelten Anschlag auf die in vielen Jahren ausgehandelten Verträge, was folgerichtig die Annullierung aller bisherigen Verhandlungsergebnisse der Gespräche von Brüssel seitens der USA nach sich ziehen müsse.
Daß der Präsident diesen letzten, endgültig trennenden Schritt noch nicht vollzogen habe, sei ausschließlich seiner Langmut und seinem unbedingten Willen zur friedlichen Lösung des Problems zu verdanken. Er verlange jedoch kategorisch die Verurteilung der Herstellung solcher Waffen als völkerrechtswidrig und bestehe auf dem Beschluß, die bereits existierenden Systeme unverzüglich außer Dienst zu stellen und innerhalb weniger Wochen zu verschrotten. Von den USA sei in diesem Fall selbstverständlich keine Gegenleistung zu erwarten. Sie sei berechtigt, zu erklären, daß sich ihr Land, sollte sich die Vollversammlung wider Erwarten weigern, den von ihrem Präsidenten aufgezeigten Weg einzuschlagen, selbst zu helfen wissen werde. Im Verständnis der Regierung, die sie hier zu vertreten habe, stehe nämlich die Pflicht zum Frieden durchaus nicht über dem Recht auf Freiheit und Menschenwürde.
Während und nach der Rede Frau Professor Larkins kam es im Auditorium zu erheblichen Mißfallenskundgebungen, doch als nach ihr Roshtor Mensan, der indische Delegierte, an das Pult trat, zog augenblicklich wieder Ruhe im Saal ein. Es war die Stille der Erwartung, denn Mensan galt als ebenso scharfsinnig wie unterhaltend.
Er enttäuschte seine Zuhörer nicht. In einer sehr komplex angelegten Rede deutete er unter anderem an, daß bisher noch niemand, auch Frau Professor Larkin nicht, den Waffencharakter der genannten Systeme auch nur annähernd habe nachweisen können. Außerdem sähe er sich veranlaßt, die Vertreterin der USA auf einen Grundsatz der Vereinten Nationen hinzuweisen, der besage, daß die Delegierten allein ihr Land zu vertreten hätten, woraus doch wahrhaftig nicht das Recht herzuleiten sei, das Gremium mit der Meinung von Regierungsoberhäuptern zu konfrontieren.
Nach Mensan meldeten sich sechs weitere Delegierte zu Wort. Wie zu erwarten, blieben die Meinungen geteilt. Trotzdem war abzusehen, daß man sich nicht zu einer Verurteilung entschließen würde.
Die geheime Abstimmung ergab dann auch eine Ablehnung des Antrags der USA mit einfacher Mehrheit.
Die anschließende Rede des Delegierten der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Gennadi R. Kusnezow, trug durchaus sensationellen Charakter. Auf die vor der Abstimmung dargelegten Meinungen und Behauptungen sowie auf das Ergebnis der Abstimmung selbst ging Kusnezow nur mit wenigen Worten ein, was seine Erklärung, bei den, wie er sie nannte, »Parasatelliten« handele es sich keineswegs um Waffensysteme, sondern lediglich um zivile Forschungsobjekte, eher unterstrich als in Frage stellte. Im Hauptteil seiner Rede verwahrte er sich dann mit energischen Worten gegen Angriffe seitens des US-amerikanischen Großsatelliten, den er als »Kampfstern« bezeichnete, und vor allem gegen das Absetzen nichtregistrierter Testsonden, über deren Aufgaben und Bedeutung man, wie er polemisch erklärte, nur Vermutungen anstellen könne, und zwar Vermutungen schrecklichsten Inhalts. Im Namen seines Landes und dessen Bevölkerung verlange er die uneingeschränkte Verurteilung dieser Aktivitäten.
An dieser Stelle seiner Darlegungen zeigte Frau Professor Larkin deutlich Unbehagen, das sie jedoch, ein dem Auditorium nicht unbekannter Vorgang, augenblicklich in Aggressivität umsetzte. Sie sprang auf und schrie etwas von haltlosen Verdächtigungen, von Zwecklüge und Diffamierung, eine Taktlosigkeit, die ihr eine Verwarnung wegen Mißachtung des Gremiums und Übertretung der Tagesordnung einbrachte.
Kusnezow aber erklärte, ohne auch nur mit einem Wort auf die Anwürfe der Larkin einzugehen, daß er selbstverständlich in der Lage, sei, seine Behauptungen Punkt für Punkt mit Hilfe unmißverständlicher Aufzeichnungen zu beweisen.
Die Vorführung des Beweismaterials fand auf Antrag Professor Larkins unter Ausschluß der Delegationen unbeteiligter Nationen statt, ein, wie Kusnezow vor der Presse äußerte, sehr unkluger Schritt, den er aufgrund der Satzung der UN jedoch leider nicht zu korrigieren vermochte. Der Antrag auf Geheimhaltung
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