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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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sofort nach Erreichen des Sicherheitsabstandes in Glutbälle zu verwandeln. Das gelänge selbst meinem Kollegen Skelton ohne besondere Mühe.
    Nun, ich werde sehen. Heute abend werde ich die Pläne studieren. Ich jedenfalls werde vorbereitet sein.
     
    Wachschluß. Der Außengang zu den Unterkünften, schwach gebogen, eine mäßig ansteigende Röhre, Türen mit kleinen Schildchen, wandernde Lichtreflexe.
    Damals, als ich an Bord kam, habe ich mehr als vierzehn Tage gebraucht, ehe ich mein irdisch geprägtes Gleichgewichtsgefühl davon überzeugt hatte, daß visuelle Sinneseindrücke keine Kriterien für die Lage eines Körpers im Raum sind. Anfangs habe ich die Augen schließen müssen, wollte ich mich nicht durch das wandernde Licht verwirren lassen. Jetzt aber habe ich mich längst an das alles gewöhnt, jetzt gehe ich diesen Weg so sicher wie im Traum, und wenn ich die Augen schließe, dann verändert sich in mir und um mich her nicht mehr das mindeste.
    Hinter mir liegen wieder einmal knapp vierundzwanzig Stunden Wache, und mir scheint, daß mich die Untätigkeit im Sessel der Leitanlage mehr ermüdet als die Hektik an den Tagen zuvor. Schlafen will ich jetzt, mindestens sechzehn Stunden lang nichts als schlafen.
    Hörst du die Schritte, Phil, die leichten, schnellen Schritte hinter dir? Blick dich nicht um, du bist viel zu müde, um dich durch ein Gespräch aufhalten zu lassen.
    Doch die Schritte kommen näher.
    Und dann eine Berührung am Arm, geflüsterte Worte, nah, ganz nah: »Schieß sie ab, Philipp McBruns! Du mußt sie vernichten! Alle! Hörst du? Eliminiere sie!« Und die Navigatorin Dora Taylor geht an dir vorbei, hocherhobenen Hauptes, als sei nichts gewesen, als seist du Luft für sie, Philipp, ihr Blick ist starr geradeaus gerichtet.
    Da hältst du sie an der Hand fest. »So nicht, Navigatorin!«
    Sie wendet gemessen den Kopf, fixiert dich aus ihren dunklen Augen, bleibt nicht stehen, aber tief im Inneren dieser Augen glimmt ein verlorenes Lächeln. »Wie bitte?«
    »Hören Sie!« sagst du und gibst ihre widerstrebende Hand nicht frei. »Nach einer solchen Andeutung können Sie nicht so einfach an mir vorüber…«
    »Schweigen Sie, Captain McBruns! Ich habe Sie für wesentlich klüger gehalten.«
    »Was hat das mit Klugheit zu tun? Schließlich waren Sie es, die mich…«
    »Ich bat Sie zu schweigen, Captain! Und wenn Sie schon nicht begreifen sollten, daß man sich an Bord einer Station wie dieser nicht über jedes Thema unterhalten darf, dann versuchen Sie wenigstens die Bitte einer Frau zu respektieren. Sind Sie dazu imstande, Captain Philipp McBruns?«
    Das nun ist genau der Ton, der dir unter die Haut geht. Auf diesen leicht vibrierenden Klang in ihrer Stimme hast du lange gewartet. Und du spürst, wie die Distanz zwischen euch zu schrumpfen beginnt. Deshalb läßt du ihre Hand nicht los. Und du genießt diesen Satz: Versuchen Sie wenigstens die Bitte einer Frau zu respektieren. Nicht etwa die einer Kollegin, nein, die einer Frau. »Einverstanden«, sagst du. Und weil dir das zuwenig scheint, setzt du hinzu: »Vorerst wenigstens«, und bist enttäuscht, daß sie dir nun doch ihre Hand mit einem überraschenden Ruck entzieht.
    Dieses »Vorerst wenigstens« kann alles verderben. Kopf hoch und weitergehen, das sähe Dora Taylor ähnlich.
    Doch sie reagiert anders. Sie bleibt stehen, blickt dich an und nimmt nun ihrerseits deine Hand. »Na gut, Philipp McBruns«, flüstert sie. »Dann komm schon mit.«
    Und dein Herz hämmert, daß du fürchtest, sie müßte es hören.
     
    Doras Verhalten erinnert an Konspiration. Sie hat mich mit sich gezogen, an meiner und ihrer Kabinentür vorbei, mit einem hintergründigen Lächeln auf den Lippen, da ihr meine Hoffnungen nicht verborgen bleiben konnten, und nun sitzen wir in der Messe, stochern mit den Bestecken in irgend etwas herum, von dem ich später nicht sagen könnte, was es war, unterhalten uns über alles mögliche, nur nicht über das, was an Bord dieser Station geschieht oder noch geschehen könnte, und schon gar nicht darüber, was in ihrem Lächeln war, als sie mich an den Türen ihrer und meiner Kabine vorüberzog. Wir vermeiden alle Themen, von denen wir glauben, sie könnten von gemeinsamem Interesse sein.
    Die Navigatorin Dora Taylor vermag sehr anregend über die alles durchdringende Präsenz der Mathematik zu plaudern, in der Musik zum Beispiel, rückführbar auf eindeutig zu kalkulierende Strukturen und Zusammenhänge, handele es sich nun

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