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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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Anhäufung toter, wenn auch zugegebenermaßen hochorganisierter Materie handeln.
    Ein kurzer Blick hinüber zu Glenn Morris. Der steht hinter Dora Taylors Sessel, die Hände locker auf die Lehne gelegt. In seinem Gesicht wetterleuchtet es. Dann krallen sich die Finger in den weichen Stoff, ein Rucken des Kopfes, die Stimme ist kühl und ohne Timbre: »Doktor Haskett! Hören Sie mir jetzt bitte gut zu! Die Befehle hier an Bord erteilt nur einer. Und das ist der Kommandant. Ich hoffe, daß ich Sie nicht ein zweites Mal darauf hinweisen muß.« Ein kurzes, seufzendes Einatmen. »Feuer!«
    Der Klang eines zerspringenden Glases, tausendfach verstärkt. Die Laseremission taucht den Zielschirm in eine plötzliche Flut gleißenden Lichtes.
    Du hast also gefeuert, Philipp McBruns! Gefeuert, ohne zu überlegen. Hättest du es auch getan, wenn zu vermuten gewesen wäre, daß sich in diesem kleinen Raumkörper, der eben noch dort drüben war, Menschen befanden? Ein fürchterlicher Gedanke! Kann ein Mensch denn die eigene Persönlichkeit so schnell an eine blinde Maschinerie verlieren, kann er zum Mörder werden infolge eines bedingten Reflexes, automatisch, als funktionelle Komponente eines höheren Organismus, der die ehemalige Individualität zugunsten absoluter Zweckmäßigkeit assimiliert hat? Allein die Möglichkeit läßt dich fürchten, du könntest dich bereits auf dem besten Weg befinden, Teil dieses Organismus zu werden, wesentlicher Teil eines Vernichtungsapparates, den du noch vor wenigen Monaten haßtest, wie man nur etwas hassen kann. Und den du heute, da du sein wahres Wesen erkannt hast, eigentlich noch mehr hassen müßtest.
    Der Bildschirm des Zielsuchers ist leer wie ein eben geschaufeltes Grab.
    Müßtest du dich nicht selber hassen, Philipp Barrymore?
    »Analyse!« Schweigen.
    »Die Analyse! Geben Sie mir, verdammt noch mal, die Meßwerte, Sergeant Blackwood! Ich will endlich wissen, woraus dieses Ding da drüben gemacht war, was es enthielt und wie…«
    Glenn Morris bricht ab, als er Janes Gesicht sieht, in dem nichts als ein ungeheures Staunen zu erkennen ist. Diesmal aber bewahrt sie die Ruhe, eine fast unnatürlich anmutende Ruhe. Vielleicht ist der Schock zu groß, um einen normalen Menschen aus der Fassung zu bringen. Ja, das ist es, eine Übersprungreaktion. Etwas Wesentliches ist in Jane Blackwood zerbrochen.
    »Sie mögen fluchen, soviel Sie wollen, Commander, da ist nichts zu messen, überhaupt nichts!«
    »Ah so?« zischt Glenn Morris. »Nichts zu messen? Würden Sie uns das bitte erläutern, Sergeant.«
    »Im Zielgebiet ist lediglich die Restenergiekonzentration des Lasers nachweisbar, Sir. Keinerlei Rudimente von Materie. Und das Energiepotential ist viel zu gering, als daß man annehmen könnte, der Satellit…«
    »Das ist unmöglich, Sergeant Blackwood! Unmöglich, sage ich!« Und nach einer Pause von mehr als einer Sekunde Länge: »Überprüfen Sie das Gerät, Sergeant! Danach abermalige Analyse. Ich muß wissen, was mit diesem Ding geschehen ist.«
    Auch das kann nur eine Übersprungreaktion sein. Glenn Morris ist klug genug, um zu begreifen, daß sie abermals ein Gefecht verloren haben. Sie werden genarrt durch diese Satelliten, die sich einmal sehen lassen und dann wieder nicht, die kommen und gehen, ohne die geringsten Spuren zu hinterlassen. In diesem Moment gleicht der Commander einem geprügelten Hund, der seinen Ärger an einem Stock abzureagieren versucht.
    »Der Lokator ist intakt, Commander. Denn alle anderen Werte werden ausnahmslos angezeigt. Vor allem aber ist das Havariesignal ausge…«
    Glenn Morris winkt ab. Mit einer Spur von Resignation, die er nicht eingestehen will, weder uns noch sich selber. Den Schlag aber hat er hinnehmen müssen. Er hat zweimal verloren.
    Kurze Zeit später zieht er sich in seine Kabine zurück. Sicherlich wird er nun ein langes Gespräch mit dem Ministerium führen. Ich nehme an, daß es kein sehr erfreuliches Gespräch sein wird.
     
    In den nächsten Tagen setzen wir keine Raketen ab. Wir unternehmen überhaupt nichts, treiben nur so dahin über das stetig wechselnde Panorama der Erde, über grüne Ebenen, gelbgraue Wüsten und tiefblaue Meere, wir schieben den dünnen Regenbogen des Horizonts vor uns her und warten. Wir sind zum Warten verurteilt worden.
    Denn es hat abermals eine längere Debatte vor der UNO-Vollversammlung gegeben, und die ist, wenn man das Ergebnis vom Standpunkt des Commanders aus beurteilt, in keiner Weise

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