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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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her, die selbst die Flammen in euch gefrieren läßt. An Bord dieser Station hat die Liebe kein Domizil. »Ich werde jetzt gehen, Dora. Ich…«
    »Phil!« Ihre Stimme ist überraschend hell.
    Sie ist aufgesprungen, steht vor dir in ihrem dünnen Neglige, steht auf Zehenspitzen, heftig atmend, und du spürst ein Zucken in deinen Händen, aber du hebst die Arme nicht, du verharrst stumm und verkrampft, auch wenn ihr Kuß unerwartet heftig ist.
    Und dann abermals ihre Stimme, nah an deinem Ohr und flüsternd: »Sieh dich vor, Phil! Du darfst dir keinen Fehler leisten. Wäge also jeden deiner Schritte sehr genau ab. Und… und halte dich von Jane Blackwood fern. Unbedingt, hörst du? Sie wäre dein Verderben.«
    Und du nickst benommen, als habe euer Traum eben erst angefangen. Das Nachdenken wird später kommen. Und vielleicht auch die Hoffnung, du könntest dich deinem Ziel trotz allem genähert haben.
     
    Wenn es sich bei diesen Sonden um Waffen handelt, dann sind sie schlecht konzipiert. Denn die ersten beiden habe ich weisungsgemäß abgeschossen, als wären es hilflose Kaninchen.
    Ich mußte nur die Sicherheitsdistanz, die Fächerbreite und den Faktor der Energiedichte programmieren, danach die Sonde auf den Zielschirm bringen, und die Automatik des Werfers erledigte alles Weitere. Es war ein Kinderspiel, kaum der Rede wert.
    Was mir Kopfzerbrechen bereitet, das sind die Reaktionen der anderen, die gelassene Ruhe des Commanders, das hintergründige Lächeln Hasketts, vor allem aber die Gleichgültigkeit, mit der Dora die Treffer zur Kenntnis nahm. Sie blickte nicht einmal auf. Als hätte niemand etwas anderes erwartet.
     
     
Unter fremden Himmeln
     
    Es war, als hätte man sein junges Leben mit einem riesigen Messer in zwei Teile geschnitten, in ein Bis-jetzt und ein Ab-jetzt.
    Sie hatten ihn fortgeführt von den beiden stillen Männern auf dem Pflaster der Straße, über einen dunklen Acker hinweg, der keine Früchte trug, und durch Büsche, deren Dornen nach ihm griffen, als wollten sie ihn festhalten für immer. Das alles war wie ein Alptraum gewesen, aus dem man sich nicht hinausstehlen konnte, den man bis zu Ende träumen mußte, und dazu gehörten auch der dunkle Unterstand irgendwo zwischen den Klippen, in dem sie ihn vorerst verbargen, die stinkende Petroleumlampe und die glimmenden Punkte schweigend gerauchter Zigaretten.
    »Was ist mit Pa?« hatte er irgendwann in das Dunkel gefragt, und die Lichtpunkte hatten für eine Sekunde heller geleuchtet.
    Und dann, vielleicht eine Minute später, hatte der alte Pickett mit krächzender Stimme Antwort gegeben: »Er war die Bombe, mein Junge!«
    Die Welt war nicht eingestürzt, und er hatte nicht verzweifelt gefragt: Warum nur? Weshalb hat er das getan? Er hatte es gewußt. Und begriffen. Und so hatte er weder Trauer noch Mitleid gespürt, sondern etwas wie Hochachtung vor der Konsequenz, mit der sein Vater einen Weg zu Ende gegangen war, obwohl der nicht zum Ziel führen konnte.
    Mehr als vierzehn Tage hatte er in diesem Unterstand bleiben müssen, in stinkender, feuchter Luft, die durch seine Kleidung gekrochen war und in seine leichten Schuhe. Einmal war Ma gekommen und einmal Sandy, da waren der alte Pickett und Sandys Vater nach draußen gegangen, aber es war nicht mehr so wie früher gewesen.
    Auch nicht, als sie ihn später auf Picketts Dachboden versteckt hatten.
    Ma war wie ein Stein gewesen, hart und ohne Leben, sie hatte ihm nur immer gegenübergesessen und ihn angesehen mit ihren tränenlosen Augen, und Sandy war ihm vorgekommen wie eine Holzpuppe, er hatte gefroren, wenn er sie in den Armen gehalten hatte, selbst auf dem Klappbett unter Picketts wärmster, schafwollener Decke.
    Da sie sich bewußt waren, daß sie sich in absehbarer Zeit ohne die geringste Chance eines Wiedersehens würden trennen müssen, hatten sie sich bereits unendlich weit voneinander entfernt.
    Zwei Monate nach Vaters Tod hatte ihn Pherson dann eines Nachts mit seinem Boot hinaus auf das Meer gerudert. Während der Fahrt, die länger als zwei Stunden gedauert hatte, war kein Gespräch in Gang gekommen. Er hatte schweigend im Heck des Bootes gekauert, und Sandys Vater hatte nur zwei Sätze über die Lippen gebracht. Einen ganz am Anfang, als sie an Bord der Jolle gegangen waren: »Um deine Mutter werden wir uns kümmern, Junge«, und den anderen am Ende, als sie sich einem Schiff genähert hatten, das sacht über das leise glucksende Wasser geglitten war: »Mach uns keine

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