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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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einerlei, der nächste Schuß wird die Odin in einen Feuerball verwandeln. Es wird alles so schnell gehen, daß du kaum etwas davon spüren wirst. Steh endlich auf und geh, Philipp McBruns! »Setzen Sie sich, Phil! Lassen Sie uns vernünftig reden.«
    Wie hart dieser Stuhl ist. Als säßest du auf einem Stein irgendwo auf deiner Erde, auf einer Wiese deiner Heimat, auf einem kühlen, harten Stein. Wie gern würdest du jetzt auf dem Hexenstuhl sitzen, Philipp Barrymore.
    Willst du etwa wieder gegen Campzäune anrennen? »Diese Tests waren notwendig, Phil. Versuch die Natur in ihrer Ganzheit zu begreifen. Immer hat nur der Stärkere überlebt, Phil. Das ist ein Naturgesetz. Ohne die Wirkung dieses natürlichen Grundsatzes hätte die Evolution nicht stattfinden können, er ist eine ihrer wichtigsten Komponenten. Kann man uns vorwerfen, daß wir die Stärkeren sind, und kann man uns verdammen, weil wir die Stärkeren bleiben wollen? Darf man uns deshalb zu Verbrechern stempeln? Diejenigen, die dort unten starben, waren schwächer als wir, viel schwächer. Sie waren zu schwach, um der Evolution des Menschen von Nutzen sein zu können. Begreif das doch, Phil.«
    Es sind die gleichen entsetzlichen Argumente, es ist die gleiche blutige Deformation wissenschaftlicher Erkenntnisse, es ist das Gedankengut eines Faschisten.
    Schweig, Phil! Du mußt schweigen. Laß ihn reden! Er redet mehr für sich selbst als zu dir. Sich will er überzeugen. Sich selbst seinen Frust und seinen Ekel vom Herzen reden. Laß ihn, schweig!
    »Sie wären ohnehin gestorben. Wenn nicht heute, dann morgen. An Hunger, Vitaminmangel, verseuchtem Trinkwasser. Oder sie hätten sich gegenseitig umgebracht, denn auch unter den Schwachen gibt es wieder Stärkere. Sie nützen der Menschheit nichts. Sie sind wie…, wie Skelton. Wenn du weißt, was ich meine.«
    »Oder wie der kleine Graves, ja?«
    Er blickt dich an, der Commander, und in seinen Augen ist etwas wie Besorgnis. »Meinetwegen auch wie Graves«, sagt er schließlich.
    Er hat sich etwas beruhigt, dieser große Mann im rostroten Overall, und doch kannst du dich des Eindrucks nicht erwehren, daß er sich bewußt an seine Überzeugung klammert, krampfhaft fast, wie dir scheinen will, an einem Weltbild festhaltend, das doch längst durchlöchert ist von Virusmutanten und Laserstrahlen, von künstlichen Krankheiten und kalkuliertem Tod, Megatod. Und jetzt plötzlich sieht er wieder müde aus, sehr müde.
    Geh endlich, Philipp Barrymore!
    »Du sollst dich setzen!« sagt Morris leise. Seine Fingernägel verursachen ein schabendes Geräusch zwischen den Locken auf seiner Brust.
    Das Netz um dich her scheint sich aufgelöst zu haben wie Winternebel in den ersten Stürmen des neuen Frühlings. Doch sieh dich vor, Philipp, er ist unberechenbar. Und er ist durch nichts zu überzeugen als durch eigene, hautnahe Erkenntnis.
    Glenn Morris legt die Hände vor sich auf dem Tisch zusammen, blickt hinab auf die Haarfülle, die zwischen den Verschlußleisten seines Overalls hervorquillt, und lächelt ein wenig.
    »Stört dich das?« fragt er versonnen. »Nein? Ich brauche das, weißt du? Es ist so…, so beruhigend, sich selbst zu spüren. Man weiß, daß man existiert, daß dieser vergängliche Körper noch immer funktioniert. Es ist angenehm, verstehst du?«
    Hätte das nicht Glenn Morris gesagt, der Commander dieser Vernichtungsmaschine, der Erfüllungsgehilfe tausendfachen Todes, wahrscheinlich täte dir jemand, der nur die eigene Brust hat, um sich an ihr aufzurichten, entsetzlich leid. Ist es nicht so, Philipp McBruns? Du würdest ihn für einen armen, von Zweifeln geplagten Menschen halten, der irgendwann an sich selbst zerbrechen wird. Das alles ist Unsinn, mein Lieber! Leute wie dieser Commander funktionieren weiter, auch wenn sie längst schon zerbrochen sind. Sie sind wie Drachen, deren giftiges Blut auch dann noch tötet, wenn man ihnen die Köpfe abgeschlagen hat. Sie sind längst selbst zu Vernichtungsmaschinen geworden.
    »Was hältst du von diesen sogenannten Vier-D-Satelliten, Phil? Liegt derartiges überhaupt im Bereich der heutigen technischen Möglichkeiten?«
    Jetzt endlich ist er bei seinem eigentlichen Thema angelangt. Das ist es, was ihm Sorgen bereitet. Nicht der tausendfache Tod, nicht das millionenfache Leid, für das er verantwortlich zeichnet, sondern die Furcht, daß er einem Stärkeren unterliegen könnte, daß er jetzt zu den Schwächeren, zu den nach seinem Verständnis Todgeweihten

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