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Lautlos

Lautlos

Titel: Lautlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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seinem Unmut Luft gemacht.
    »Ich soll Stillschweigen bewahren! Maul halten. Das trichtern sie mir jetzt seit Donnerstagabend ein, ich kann es nachbeten, aber gestern sind sie massiv geworden.«
    »Wer sind sie? Die Polizei?«
    »Nein. Doch, auch die, aber ich hatte Besuch von unseren eigenen Leuten. Völlig verrückt. Sie haben mir nahe gelegt, die Angelegenheit als nicht geschehen zu betrachten!«
    »Was soll das heißen? Sie sollen nicht darüber reden?«
    »Ich soll gar nicht dabei gewesen sein.«
    »Unverständlich.«
    »Ich versteh's ja selbst nicht. Ich glaube, Sie würden mich am liebsten in meinem Zimmer einschließen, damit ich bloß mit niemandem rede.«
    »Na schön, gewissermaßen haben sie ja Recht. Sie wollen für die Dauer des Gipfels eben keine schlechte Presse. Vielleicht möchten sie auch die Ermittlungen nicht gefährden und keinen Wirbel machen. Uns haben sie das Gleiche ans Herz gelegt.«
    »Was? Ihr Gehirn waschen zu lassen?«
    »Verschwiegenheit. Die Polizei in diesem Fall.« O'Connor hatte gelacht und achselzuckend Fatalismus bekundet. »Und das, wo ich verschwiegene Leute auf den Tod nicht ausstehen kann. Man findet nie heraus, ob sie interessant sind oder einfach dämlich.«
    »Es hat nichts in den Zeitungen gestanden. Kein Wort von einem Attentat, nur was von verschärften Pressekontrollen. Es war alles voller Journalisten auf dem Vorfeld, die müssen was gemerkt haben. Clinton kam zu spät, verschwand wieder im Flieger, kam erneut raus, das ist doch nicht normal. Aber nichts! Nichts!«
    »Doch. Es stand zu lesen, er hätte sich entschuldigt. Weltpolitisches Allerlei, das ihn an Bord festgehalten hatte, und so weiter.«
    »Ich weiß nicht.«
    »Ach, Aaron, die machen auch nur ihren Job. Warten Sie bis nach dem Gipfel. Wahrscheinlich ist der erste Leitartikel Ihrer.«
    Silberman war nicht überzeugt gewesen.
    Aber mehr gab es darüber nicht zu sagen, also hatten sie das Thema gewechselt und sich über Wirtschaftshilfe und Schuldenerlasse für die Dritte Welt unterhalten. Irgendwie war Köln politisiert. Ein großes Theater, an dem Politik gegeben wurde, und man diskutierte das Programm.
     
    Wagner betrachtete sich prüfend in dem großen, frei stehenden Spiegel neben dem Bett.
    »Ich find's nett, dass er uns besuchen kommt«, sagte sie, während sie die Knöpfe ihrer Levi's schloss.
    »Ja, ich komischerweise auch«, rief O'Connor aus dem Bad. »Dabei konnte ich ihn anfangs nicht besonders leiden.«
    »Ich glaube schon, dass du ihn leiden konntest. Du konntest lediglich nicht leiden, dass er nicht gleich vor dir in die Knie gegangen ist.«
    Sie fuhr sich mit den Fingern durch das lange, honigfarbene Haar und überlegte, ob sie es zum Pferdeschwanz binden sollte. Dann beschloss sie, es zu lassen, wie es war. Lang und liebevoll in Unordnung gebracht. Neuerdings gefiel es ihr so besser als die glatt gekämmte, kontrollierte Variante.
    »Wenn du so weitermachst, werde ich ihn noch richtig lieb gewinnen«, spottete O'Connor. Er kam aus dem Bad. Immer noch kündeten kleinere Verbände und Pflaster an den Händen von seinem Sturz durch das Glasdach des Terminals, aber es störte das Gesamtbild nicht. Er trug sandfarbene Jeans und ein schwarzes Poloshirt und sah blendend aus. Sie gingen über den Flur zum Aufzug und fuhren nach unten in die Lobby.
    Die mehrstöckige Halle des Maritim unter dem gigantischen Glasgiebeldach war angelegt wie eine Straße, mit Geschäften, Restaurants und Cafés. Im hinteren Teil des Basements lag ein Bistro. Die Tische nahe der gläsernen Rückfront boten einen schönen Blick auf den Rhein.
    Lavallier erhob sich, als er sie kommen sah.
    »Sie sehen beide sehr gut aus«, sagte er.
    »Danke«, sagte O'Connor.
    Sie schüttelten einander die Hände und nahmen Platz.
    »Sie wissen ja, wir haben Urlaub«, sagte Wagner. »Wenn auch keinen ganz freiwilligen.«
    »Ja, ich weiß.« Lavallier lächelte. »Genießen Sie das schöne Wetter. Wir haben nicht so viel davon in Köln. Oh, bevor ich es vergesse …« Er griff in eine Tüte neben seinem Stuhl und förderte eine Flasche zutage. »Man sagte mir, dass Sie so was mögen, Doktor. Ich hoffe, es entspricht einigermaßen dem Niveau, auf dem Sie sich zu ruinieren gedenken.«
    O'Connor nahm die Flasche in Empfang und betrachtete mit hochgezogenen Brauen das Etikett.
    »Glenfarclas!« Er grinste. »Sie sind ein Experte, Monsieur le Commissaire ! Wie hätte ich das ahnen können?«
    »Gar nicht. Der Mann im Spirituosenladen hat mir

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