Lautlose Jagd
nichts gewusst. »Der General hat wahrscheinlich zu tun gehabt, um Ihre Hände vom Auslösegriff wegzuhalten.«
»Sie sind hier der Arschkriecher, Long«, warf Seaver ihm vor.
»Ihr Kopf steckt so tief in Furness' Arsch, dass sie furzen muss, damit Sie atmen können.«
Long stürzte sich plötzlich mit solcher Wut auf Seaver, dass der Angegriffene zunächst verblüfft war. Seine Faust traf den Piloten an der Unterlippe, die blutend aufplatzte, bevor Seaver ihn abwehrte.
»Schluss damit!«, rief Furness energisch. Jemand versuchte Long an den Armen festzuhalten, aber er riss sich los und wollte sich erneut auf Seaver stürzen. Diesmal trat Furness zwischen die Kontrahenten. »Schluss damit, habe ich gesagt, John!«, verlangte sie erneut.
»Dafür trete ich dieses Arschloch in den Hintern!«, drohte Long. »Er bringt seine Besatzung schon wieder beinahe um, und dann hat er den Nerv, über Sie und mich zu lästern?«
»Achtung!«, rief jemand laut. Alle nahmen Haltung an, als Patrick McLanahan und Hal Briggs den Raum betraten.
Patrick begutachtete erst Seavers blutende Unterlippe, dann Long und zuletzt Furness. »Was zum Teufel geht hier vor, Oberstleutnant?«, erkundigte er sich.
»Hangarfliegen, Sir«, antwortete Furness.
»Wollen Sie mich verscheißern, Oberstleutnant?«, knurrte Patrick. »Ich frage Sie noch mal: Was zum Teufel geht hier vor?«
»Wir diskutieren über unsere Einsätze am ersten Übungstag, Sir«, antwortete Furness. »Solche Diskussionen werden manchmal etwas hitzig geführt.«
»Woher hat der Major die blutende Unterlippe?«
»Ich habe mich beim Rasieren geschnitten, Sir«, behauptete Rinc.
»Ach, wirklich?« Patrick ging zu Seaver hinüber und musterte ihn forschend. Seaver sah angestrengt geradeaus. »Ich glaube eher, Sie haben einen Faustschlag abgekriegt, Major Seaver. Oberstleutnant Briggs?«
Hal Briggs griff nach John Longs rechter Hand und hob sie hoch, damit alle sie sehen konnten. Long wollte sich losreißen, aber Briggs Finger packten wie ein Schraubstock zu. Einer von Longs Fingerknöcheln war aufgeplatzt. »Sieht so aus, als hätte Oberstleutnant Long ihn mit der rechten Faust getroffen, Sir«, meldete Briggs.
»Hat er Sie geschlagen, Major?«, fragte Patrick.
»Nein, Sir.«
»Lügen Sie mich nicht an, Major!«, sagte Patrick scharf. »Für jede Auseinandersetzung gibt es Gründe - es gibt sogar Gründe, einen anderen Offizier tätlich anzugreifen. Das kann ich verstehen; ich kann es sogar entschuldigen, wenn der Täter mutwillig provoziert wurde und sein Verhalten aufrichtig bedauert. Aber ich dulde nicht, dass aus irgendeinem Grund gelogen wird. Ein Lügner ist ein Mensch von zweifelhaftem Charakter. Ein Lügner ist nicht als Pilot einer meiner Maschinen geeignet. Kein Lügner darf die Uniform einer kämpfenden Einheit tragen oder die Einheit kommandieren. Einem Lügner steht es nicht zu, den Boden zu betreten, auf dem wahre amerikanische Helden gestanden haben.«
Patrick baute sich vor Rinc Seaver auf. »Also, was sind Sie, Major? Wollen Sie mir ins Gesicht lügen? Wollen Sie mir beweisen, dass Sie keinen Charakter haben? Oder sagen Sie mir jetzt die Wahrheit, damit wir diesen Vorfall als Offiziere beilegen können?«
»Ich sage Ihnen die Wahrheit, Sir«, antwortete Seaver.
»Mehr verlange ich gar nicht, Major«, sagte Patrick viel sanfter. »Immerhin scheint Ihnen Unrecht getan worden zu sein. Dem Unschuldigen schadet die Wahrheit nie. Was ist also passiert? Hat der Chef meines Sicherheitsdienstes sich getäuscht? Oder hat Oberstleutnant Long Sie geschlagen?«
»Ich habe mich beim Rasieren geschnitten, Sir«, behauptete Seaver.
»Wollen Sie mich verarschen, Major?«, fragte Patrick aufgebracht. »Wo sind Sie Ihrer Meinung nach? Im Umkleideraum neben der Turnhalle Ihrer High School in Galena, wo Sie sich mit Schulkameraden darüber streiten, wer Polly Sue zum Abschlussball einladen darf? Erinnern Sie ihn daran, Oberstleutnant Briggs.«
»Sie sind hier in Dreamland, Major«, knurrte Hal Briggs. »Im Umkreis von hundert Meilen wird alles und jeder Tag und Nacht überwacht und abgehört. Sie tragen einen Minisender im Körper.
In diesem Raum sind Mikrofone und Videokameras angebracht.
Sie können sich nicht mal unter Ihrer Bettdecke einen runterholen, ohne dass wir es wissen, Major!«
»Wir brauchen uns nur die Aufzeichnungen von Ihrem ›Hangarfliegen‹ anzusehen, um die Wahrheit zu erfahren«, fuhr Patrick fort. »Ich frage Sie jetzt nochmals, und Sie sind
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