Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lautloses Duell

Titel: Lautloses Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
sah den Hacker unsicher an. »Warum rufen Sie sie nicht an?«, fragte er.
    »Anrufen? Wen denn?«»Ihre Frau. Warum nicht?«»Es ist schon zu spät«, winkte Gillette ab. »Dann wecken Sie sie eben auf. Sie wird schon nicht daran sterben. Außerdem klang es ohnehin so, als hätten Sie nicht mehr viel zu verlieren.« Bishop schob dem Hacker das Telefon hin. »Was soll ich denn sagen?« Zögernd nahm er den Hörer in die Hand.
    »Ihnen fällt schon was ein.« Er schaute auf die Hände des Hackers. »Tun Sie einfach so, was würden Sie etwas tippen. Entschuldigung, ich meinte ›tippern‹.«
    »Ich weiß nicht recht …«
    Gillette wählte die Nummer aus dem Gedächtnis, schnell, bevor er es sich anders überlegte. Wenn nun ihr Bruder abhob? Oder ihre Mutter? Was, wenn –
    »Hallo?« Seine Kehle krampfte sich zusammen. »Hallo?«, wiederholte Elana. »Ich bin’s.«
    Eine kurze Pause, während der sie sicherlich auf die Uhr schaute. Trotzdem gab sie keinen Kommentar zu der späten Uhrzeit ab.
    Warum sagte sie denn nichts? Warum sagte
er
nichts? »Ich dachte nur, ich ruf mal an. Hast du das Modem gefunden? Ich habe es in den Briefkasten gesteckt.« Sie antwortete nicht sofort. Dann sagte sie. »Ich bin schon im Bett.«
    Ein brennender Gedanke: War sie
allein
im Bett? Lag Ed neben ihr? Im Haus ihrer
Eltern
? Doch er verdrängte die Eifersucht und fragte leise: »Hab ich dich geweckt?«
    »Was willst du, Wyatt?« Er sah Bishop an, doch der Polizist erwiderte seinen Blick lediglich mit einer hochgezogenen Augenbraue. »Ich …«
    »Ich lege mich jetzt wieder hin«, sagte Elana. »Darf ich dich morgen wieder anrufen?«
    »Es wäre mir lieber, du würdest nicht hier im Haus anrufen. Christian hat dich gesehen und war nicht sehr begeistert.«
    Ihr zweiundzwanzigjähriger Bruder, Student der Betriebswirtschaft und mit dem Temperament eines griechischen Fischers ausgestattet, hatte Gillette schon damals bei der Verhandlung allen Ernstes Prügel angedroht.
    »Dann ruf du
mich
an, wenn du allein bist. Du erreichst mich
    unter der Nummer, die ich dir gestern gegeben habe.« Schweigen. »Hast du sie noch?«, fragte er. »Die Nummer?«
    »Ich habe sie.« Und dann: »Gute Nacht.«
    »Denk dran, dich mit einem Anwalt in Verbindung zu setzen,
    wegen diesem –« Ein Klicken in der Leitung, und auch Gillette legte auf. »Allzu gut habe ich’s nicht hingekriegt.«
    »Wenigstens hat sie nicht sofort aufgelegt. Das ist doch schon was.« Bishop stellte die Bierflasche in den Recycling-Eimer. »Ich hasse es, so lange zu arbeiten. Ich trinke gerne ein Bier zum Abendbrot, aber wenn ich so spät esse, muss ich nachts immer ein paar Mal zum Pinkeln raus. Ich werde langsam alt. Tja, und morgen haben wir einen anstrengenden Tag vor uns. Hauen wir uns aufs Ohr.«
    »Wollen Sie mich wieder irgendwo anketten?«, erkundigte sich Gillette.
    »Zweimal in zwei Tagen abzuhauen wären selbst für einen Hacker äußerst schlechte Manieren. Ich denke, wir verzichten auf das Armband. Das Gästezimmer ist gleich hier. Handtücher und eine neue Zahnbürste finden Sie im Bad.«
    »Vielen Dank.«
    »Wir stehen hier immer so um Viertel nach sechs auf.« Mit diesen Worten verschwand der Detective im nur notdürftig beleuchteten Flur.
    Gillette lauschte dem Knacken der Dielen, dem Geräusch des Wassers in den Rohren. Dann ging eine Tür zu.
    Jetzt war er allein, umgeben von der drückenden Stille eines fremden Hauses, und seine Finger tipperten Dutzende von Nachrichten auf einer unsichtbaren Maschine.
    Es war noch nicht 6 Uhr 15, als ihn sein Gastgeber weckte. Es war erst kurz nach fünf.
    »Muss wohl Weihnachten sein«, sagte der Detective. »Wir haben ein Geschenk bekommen.«
    Wie die meisten Hacker war auch Gillette der Meinung, Schlaf müsse gemieden werden wie die Pest, aber beim Aufwachen war er nicht gerade der Schnellste. Mit noch geschlossenen Augen murmelte er: »Ein Geschenk?«
    »Triple-X hat mich vor fünf Minuten auf meinem Handy angerufen. Er hat Phates echte E-Mail-Adresse. Sie lautet
[email protected].
«
    »MOL? Noch nie was gehört von einem Provider diesen Namens.« Gillette schälte sich aus dem Bett und kämpfte gegen die Benommenheit an.
    »Ich habe das gesamte Team aus dem Bett geklingelt«, fuhr Bishop fort. »Sie sind bereits unterwegs ins Büro.«
    »Das heißt, wir müssen auch los?«, brummte Gillette immer noch verschlafen.
    »Das heißt, wir müssen auch los.«
    Zwanzig Minuten später waren sie geduscht und angezogen. Jennie hatte

Weitere Kostenlose Bücher