Lautloses Duell
den Kaffee in der Küche fertig, doch das Frühstück ließen sie ausfallen; sie wollten so schnell wie möglich zur CCU. Bishop gab seiner Frau zum Abschied einen Kuss, nahm sie an den Händen und sagte: »Wegen dieses Termins … Du musst nur anrufen, und in fünfzehn Minuten bin ich im Krankenhaus, ja?«
Sie küsste ihn auf die Stirn. »Sie führen doch nur ein paar Tests mit mir durch, Schatz.«
»Nein, nein, nein, hör mir zu«, sagte er feierlich. »Wenn du mich brauchst, komme ich sofort.«
»Wenn ich dich brauche, rufe ich dich an«, versprach sie. »Ehrenwort.«
Sie waren schon auf dem Weg zur Tür, die in die Garage führte, als plötzlich ein röhrendes Geräusch aus der Küche ertönte. Jennie Bishop fuhr mit dem wieder zusammengesetzten Staubsauger über den Teppich. Dann schaltete sie ihn aus, kam ihnen nach und umarmte ihren Mann.
»Funktioniert wieder prima«, sagte Jennie. »Vielen Dank, Schatz.«
Bishop runzelte verwirrt die Stirn. »Ich –«
Gillette unterbrach ihn rasch: »Das muss ja die halbe Nacht gedauert haben, bis das Ding wieder zusammen war.«
»Und hinterher hat er alles fein säuberlich aufgeräumt«, sagte Jennie Bishop mit einem schelmischen Lächeln. »Allein das ist ein Wunder.«
»Also …«, setzte Bishop erneut an.
»Wir müssen los«, fiel ihm Gillette ins Wort.
Jennie winkte ihnen nach und machte sich daran, Brandons Frühstück vorzubereiten, wobei sie den wieder zum Leben erweckten Staubsauger wiederholt lächelnd ansah.
Draußen flüsterte Bishop dem Hacker zu: »Und? Hat es wirklich die halbe Nacht gedauert?«
»Der Staubsauger?«, erwiderte Gillette. »Ach was, höchstens zehn Minuten. Ich hätte es in fünf Minuten geschafft, aber ich wusste nicht, wo das Werkzeug ist. Ich musste mir mit einem Küchenmesser und einem Nussknacker behelfen.«
»Ich dachte, Sie verstünden nichts von Staubsaugern.«
»Bis gestern. Aber ich wollte wissen, warum er nicht funktionierte. Jetzt weiß ich alles über Staubsauger.« Gillette stieg in den Wagen und wandte sich noch einmal an Bishop. »Was meinen Sie … Könnten wir noch mal an dem kleinen Supermarkt dort vorne halten. Müsste eigentlich auf dem Weg liegen, oder?«
29 Kapitel 00011101
Leider kamen sie trotz allem, was Triple-X Bishop bei seinem Anruf erzählt hatte, auch in seiner neuen Inkarnation als Deathknell nicht an Phate heran.
Sobald Gillette bei der CCU eintraf, lud er HyperTrace auf einen Rechner und schickte ihn auf die Suche nach MOL.com. Er erfuhr, dass der vollständige Name des Internet-Providers ›Monterey Internet On-Line‹ lautete. Sein Sitz war in Pacific Grove, Kalifornien, ungefähr hundertfünfzig Kilometer von San Jose entfernt. Doch nachdem sie die Sicherheitsabteilung der Telefongesellschaft beauftragt hatten, den Anruf von MOL zu Phates Computer zurückzuverfolgen, stellte sich beim nächsten Mal, als der Mörder online war, heraus, dass es überhaupt kein Monterey Internet On-Line gab und der Server sich in Wirklichkeit in Singapur befand.
»Das ist schlau«, murmelte eine noch nicht ganz wache Patricia Nolan und nippte an ihrem Starbucks-Kaffeebecher. Ihre Morgenstimme war tief und hörte sich wie die eines Mannes an. Sie setzte sich neben Gillette, wie immer in ein zerknittertes Sweatshirt-Kostüm gezwängt, heute allerdings in Grün. Offensichtlich war sie keine Frühaufsteherin. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, sich das Haar aus dem Gesicht zu streichen.
»Ich kapiere überhaupt nichts«, brummte Shelton. »Was soll daran schlau sein? Was soll das alles überhaupt?«
»Phate hat sich seinen eigenen Internet-Provider gebastelt«, antwortete ihm Gillette. »Und er ist sein einziger Kunde. Vielleicht noch Shawn. Und der Server, über den sie ins Netz gehen, sitzt in Singapur. Von dort aus können wir sie unmöglich bis zu ihren Rechnern zurückverfolgen.«
»So wie eine Briefkastenfirma auf den Cayman-Inseln«, sagte Frank Bishop, der, obwohl er so gut wie kein Vorwissen zum Blauen Nichts hatte, mit immer besseren Vergleichen aus der realen Welt kam.
»Trotzdem«, fügte Gillette rasch hinzu, als er die enttäuschten Gesichter ringsum sah, »ist die Adresse nicht unwichtig.«
»Wieso das?«, fragte Bishop.
»Weil wir ihm jetzt einen Liebesbrief schreiben.«
Linda Sanchez wankte mit verschlafenen Augen durch die Vordertür der CCU und schwenkte eine Tüte von Dunkin’ Donuts. Als sie an sich hinuntersah, fiel ihr auf, dass ihre braune Kostümjacke falsch zugeknöpft war
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