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Lautloses Duell

Titel: Lautloses Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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körperlicher Arbeit von seinen kriminellen Anwandlungen heilen).
    Anderson war von alldem weniger gerührt als überrascht. Die meisten Hacker, die Anderson bislang gejagt hatte, stammten aus völlig gestörten Familienverhältnissen.
    Er klappte die Akte zu und reichte sie Bishop, der geistesabwesend darin herumlas, allem Anschein nach von den technischen Details verwirrt, die sich auf die Computer bezogen. »Das Blaue Nichts?«, murmelte der Detective. Kurz darauf gab er auf und reichte Anderson die Akte wieder zurück.
    »Wie sieht der Zeitplan für die Beurlaubung aus?«, wollte Shelton wissen.
    »Die nötigen Unterlagen liegen bereits im Gericht. Sobald wir einen Bundesrichter aufgetrieben haben, der sie unterschreibt, gehört Gillette uns.«
    »Ich möchte Sie noch einmal ausdrücklich warnen«, sagte der Direktor und nickte in Richtung des selbst gebastelten Computers. »Wenn Sie den Kerl mitnehmen wollen, von mir aus. Sie sollten nur nicht vergessen, dass er ein Junkie ist, der seit Wochen keine Nadel mehr gesehen hat.«
    »Ich finde, wir sollten das FBI benachrichtigen«, meinte Shelton. »Wir könnten bei diesem Fall sowieso ein paar Agenten gebrauchen, erst recht jemanden, der ihn im Auge behält.«
    Aber Anderson schüttelte den Kopf. »Wenn wir das FBI benachrichtigen, kriegt auch das Verteidigungsministerium Wind davon und gibt uns eins auf die Mütze, weil wir den Hacker rausgeholt haben, der ihren Standard-Zwölf geknackt hat. Dann ist Gillette innerhalb einer halben Stunde wieder im Bau. Nein, wir müssen uns sehr bedeckt halten. Der Entlassungsschein ist ganz unverfänglich auf den Namen John Doe ausgestellt.«
    Anderson sah zu Bishop hinüber und ertappte ihn dabei, wie er abermals sein Handy überprüfte. »Was meinen Sie, Frank?«
    Der hagere Detective raffte sich zu mehreren vollständigen Sätzen auf: »Na ja, Sir, ich finde, wir sollten ihn rausholen, je eher, desto besser. Der Killer sitzt wahrscheinlich nicht tatenlos herum und verplaudert seine Zeit. So wie wir.«

4 Kapitel 00000100
    Eine schreckliche halbe Stunde saß Wyatt Gillette in seiner kalten, mittelalterlichen Zelle und weigerte sich, darüber zu spekulieren, ob es wirklich passieren würde – ob sie ihn tatsächlich herausholten. Er gestand sich nicht einmal den Anflug einer Hoffnung zu, denn im Gefängnis verabschiedet man sich als Erstes von seinen Erwartungen.
    Dann öffnete sich die Tür mit einem fast lautlosen Klicken, und die Bullen kamen zurück.
    Anderson sah Gillette an, der im linken Ohrläppchen seines Gegenübers einen winzigen braunen Punkt entdeckte, dort, wo vor langer Zeit einmal ein Ohrring gesteckt haben musste. »Ein Bundesrichter hat eine vorläufige Entlassung unterschrieben.«
    Gillette atmete ruhig aus. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er die ganze Zeit über mit zusammengebissenen Zähnen und schmerzhaft angespannten Schultern dagesessen hatte. Jetzt entspannte er sich.
    »Sie können sich entscheiden: Entweder Sie bleiben draußen ständig irgendwo angebunden, oder Sie tragen eine elektronische Fußfessel.«
    Gillette überlegte kurz. »Fußfessel.«
    »Sie bekommen ein ganz neues Modell«, sagte Anderson. »Aus Titanium. Die Dinger lassen sich nur mit einem Spiralschlüssel anlegen und abnehmen. Bis jetzt hat sich noch keiner davon befreien können.«
    »Na ja, einer hat’s geschafft«, warf Bob Shelton belustigt ein, »aber der hat sich den Fuß abgeschnitten. Ist auch nicht weit gekommen, bevor er verblutete.«
    Inzwischen konnte Gillette den stämmigen Bullen ebenso wenig leiden, wie der ihn, aus welchem Grund auch immer.
    »Damit können wir Sie im Umkreis von hundert Kilometern aufspüren, das Signal dringt sogar durch Metall«, führte Anderson aus.
    »Ist schon klar«, sagte Gillette und wandte sich an den Direktor: »Ich brauche noch ein paar Sachen aus meiner Zelle.«
    »Was für Sachen?« Der Mann lachte. »Sie kommen ja bald wieder, Gillette. Lohnt sich gar nicht erst, zu packen.«
    Gillette sah Anderson an. »Ich brauche ein paar von meinen Büchern und Notizblocks. Außerdem habe ich jede Menge Ausdrucke, von
Wired
und von
2600

    Der Polizist von der CCU, der beide Zeitschriften abonniert hatte, erwiderte: »Ja, die könnten ganz hilfreich sein.« Zum Direktor sagte er: »Das geht in Ordnung.«
    Ein durchdringender, elektronischer Ton kreischte ganz in der Nähe auf. Gillette zuckte bei dem Geräusch zusammen. Er brauchte ein paar Sekunden, bis er den Klang einordnen konnte, einen Klang,

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