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Lavendel gegen Ameisen

Lavendel gegen Ameisen

Titel: Lavendel gegen Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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studiert.
    Im rechten Fach lagen, nach Jahrgängen sortiert, Vorlesungsverzeichnisse der Uni Bonn aus den sechziger Jahren, alle in Folie eingebunden. Obenauf ein dunkelrotes Fotoalbum. Toppe betrachtete die Bilder auf den ersten Seiten. Sie schienen alle aus Landmanns Unizeit zu stammen. Offenbar hatte er einer Verbindung angehört. Zahlreiche Fotos zeigten ihn, mal allein, mal mit Brüdern, im Wichs, mit Kappe und gefülltem Bierkrug. Lauter blondglatte Jungsgesichter, tiefernst und wichtig.
    Toppe blätterte weiter. Alle Fotos hatten das gleiche Thema: Jungmänner unter sich, auf Maifahrt, unter Sommerbäumen, im Lokal. «Durch jede Kneipe geht ein Zug von Homosexualität», ging es ihm unwillkürlich durch den Kopf. Er legte das Album zurück, nahm den Kalender und die Akten und verließ den Raum.
    Im Flur traf er auf Frau Landmann, die immer noch telefonierte. «Ja, Mutter, ja. Ich rufe dich an, sobald ich Bescheid weiß. Natürlich, Mutter. Bis später.» Damit legte sie auf und schaute ihn fragend an.
    «Frau Landmann, ich habe diesen Kalender gefunden, in dem Ihr Mann sich offensichtlich Termine und Verabredungen notiert hat.»
    Sie nickte. Er schlug den Kalender beim 18. August auf. «Leider finde ich nur Abkürzungen. Sagen die Ihnen etwas?»
    Sie sah auf das Blatt und schüttelte langsam den Kopf. «‹B. S.› ist vielleicht ein Name, aber ‹Che›? Nein, ich habe keine Idee. ‹Wg. Do› heißt sicher ‹wegen Donnerstag›. Das hat er immer so abgekürzt. Aber wissen Sie, ich habe noch nie in diesen Kalender geschaut. Das Arbeitszimmer war das Reich meines Mannes, und er hatte es nicht so gern …» Sie führte den Satz nicht zu Ende, sondern zuckte die Achseln. «Ich weiß wirklich nichts damit anzufangen.»
    «Gut, aber vielleicht denken Sie noch einmal in Ruhe darüber nach. Wenn Ihnen doch noch etwas einfällt, können Sie mich anrufen, ja?»
    Sie nickte.
    «Ich möchte den Kalender und diese Ordner gern mitnehmen. Ist Ihnen das recht?»
    «Ja, natürlich, Herr Toppe, wenn Ihnen das hilft.» Sie blieb abwartend neben dem Telefon stehen.
    «Tja», sagte Toppe, «im Moment wäre das alles. Ich melde mich bald wieder bei Ihnen.»
    Sie ging an ihm vorbei zur Tür, öffnete sie und reichte ihm ihre kühle und trockene Hand.
    Wir haben nichts miteinander zu tun, dachte Toppe und ging.
    Er setzte sich in seinen Wagen und zündete sich seine letzte Eckstein an. Am besten nahm er diese Motorradsache gleich in Angriff, aber auf keinen Fall allein. Er erinnerte sich, dass es gleich neben der Grundschule eine Telefonzelle gab.
    «Hallo», meldete sich van Appeldorns Freundin.
    Er konnte es nicht leiden, wenn Leute am Telefon ihren Namen nicht nannten, und war entsprechend kurz angebunden. «Toppe hier. Kann ich Norbert sprechen?»
    «Nein, der ist noch beim Fußball. Aber das Spiel ist längst aus. Vielleicht versuchen Sie es mal im Vereinslokal Wanders.»
    «Ja, danke. Auf Wiedersehen.»
    Er kam nicht gut aus mit van Appeldorns Freundin. Warum das so war, wusste er eigentlich gar nicht so genau. Marion war geschieden, hatte eine siebenjährige Tochter und lebte schon seit ein paar Jahren mit seinem Kollegen zusammen. Toppe fand sie ein wenig forsch, und ihm war in ihrer Nähe immer etwas unbehaglich, dabei sah sie sehr gut aus. Wie ausgerechnet van Appeldorn mit ihrem großen Engagement in Frauenfragen klarkam, war ihm schleierhaft.
    «Norbert? Hier ist Helmut.» Er hatte ihn tatsächlich in der Kneipe erreicht. «Ich bin noch in der Annabergstraße. Kannst du kommen?»
    «Was? Jetzt?»
    Toppe fasste die Situation kurz zusammen, und van Appeldorn machte keinen Hehl daraus, dass ihm der Sinn nicht nach Arbeit stand, ließ sich dann aber doch breitschlagen.

    Sie trafen sich vor den Wohnblocks.
    «Meine Güte, hast du eine Fahne», knurrte Toppe vorwurfsvoll. «Wie viele Biere hattest du denn schon?»
    «Nicht genug», antwortete van Appeldorn und schloss sorgfältig sein Auto ab.
    Toppe sagte nichts mehr. Einen angetrunkenen van Appeldorn hatte er immer noch lieber an seiner Seite als die meisten anderen Kollegen in stocknüchternem Zustand.
    «Übrigens, Landmann muss seinen Mörder gekannt haben», bemerkte van Appeldorn beiläufig.
    Toppe war nicht überrascht. «Ja», bestätigte er, «oder die Mörder.»
    Die Häuser wirkten wie ausgestorben. Nicht einmal Kinder waren zu sehen oder zu hören.
    «Hängen alle vor der Glotze», vermutete van Appeldorn.
    Toppe ging schnell auf die erste Haustür zu und

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