Lavendel gegen Ameisen
seine Fingernägel. «Wegen dem Sack meinst du?»
«Ja, genau. Auf den ersten Blick sieht es ja so aus, als wäre jemand völlig ausgerastet und hätte blind drauflosgeschlagen. Aber wir wissen jetzt, dass es nicht so war. Der Täter muss, als Landmann dort lag, ganz kühl überlegt haben. Es sollte nach einem Racheakt aussehen, und so hat er es dann auch in aller Ruhe arrangiert.»
Toppe suchte wieder nach Zigaretten, er hatte tatsächlich vergessen, sich welche zu kaufen.
«Ich glaube trotzdem nicht an einen vorsätzlichen Mord», sagte van Appeldorn. «Das passt einfach hinten und vorn nicht.»
«Nein», bestätigte Toppe. «Der Ort ist einfach schlecht gewählt.»
«Richtig. Und nehmen wir einmal an, die Tatwaffe ist tatsächlich Welbers’ Brecheisen, dann weist das deutlich auf eine Tat im Affekt hin. Wenn der Mord geplant gewesen wäre, hätte der Täter die Tatwaffe doch mitgebracht.»
Eine Zeit lang sagten sie nichts mehr.
Toppe wühlte wieder in seinem Bart. «Blöd ist der Täter jedenfalls nicht. Er hat ganz kalkuliert gehandelt.»
Van Appeldorn stand auf und holte Zigaretten aus seiner Jacke, die er an den Garderobenständer gehängt hatte, und hielt Toppe die Schachtel hin.
«Landmann ist ein Unsympath», sagte er. «Ich habe mit meinem Freund gesprochen, Uwe Kirschke, der Anwalt. Der ist nicht besonders gut auf Landmann zu sprechen. Er sagt, man kam überhaupt nicht an diesen Mann heran. Normalerweise laufen bei Gericht vor Prozessen, meist ganz nebenbei, Vorabgespräche zwischen Anwalt und Richter, ganz unverbindlich, wohlgemerkt. Kirschke sagt, Landmann hätte da immer total abgeblockt.»
«Was ja an sich nicht falsch ist», gab Toppe zu bedenken.
«Sicher, wenn man’s genau nimmt.» Van Appeldorn grinste schief. «Aber egal, Landmann war ausgesprochen unbeliebt. Kirschke meint, er kenne keinen bei Gericht, der gut mit Landmann ausgekommen wäre. Selbst die Sekretärinnen hat der getriezt, wo er konnte. Er war wohl der Prototyp des kleinkarierten Beamten.»
«Was haben denn die Leute vom Tennisclub über Landmann gesagt?»
«Der gleiche Tenor. Keiner kam an Landmann heran. Steendijk sagt, sie hätten seit Jahren zusammen Tennis gespielt, trotzdem hätten sie privat keinerlei Kontakt gehabt. Landmann hatte nie Interesse an engeren Beziehungen.»
Toppe fröstelte, er dachte an die Ehefrau und Sabine. «Aber daraus ergibt sich natürlich kein Mordmotiv.»
«Oder jede Menge, wie man’s nimmt. Landmann hat sicher viele Menschen vor den Kopf gestoßen, und beruflich muss er auch so einige vergrätzt haben, wie Suerick zum Beispiel. Nur, wo willst du da anfangen?»
«Wir halten uns einstweilen an die Fakten, die wir haben. Wir hören einfach nicht auf, bis wir alle Spuren vom Tatort ausgewertet haben. Wir werden weiter in Landmanns Leben suchen, und wir werden, verdammt nochmal, herausfinden, wer oder was ‹Che› ist.»
Toppe stand auf und zog seinen Pullover an, den er über die Stuhllehne gehängt hatte. «Ich bin kaputt. Lass uns morgen früh weitermachen.»
«Ich schreibe nur noch meinen Bericht, dann gehe ich auch. Gute Nacht, Helmut.»
«Nacht, Norbert.»
In Toppes Wohnung war alles dunkel. Gabi schlief wohl schon.
Sein Magen knurrte, und er ging leise in die Küche. Auf dem Tisch stand ein Schälchen mit gehackten Zwiebeln, daneben eine Tube Mayonnaise und eine Flasche Gewürzketchup. Er schaute im Backofen nach – Gabi hatte eine Fleischrolle warmgestellt. Er küsste sie in Gedanken.
«Fleischrolle spezial», sein Leibgericht. Norbert mochte über die Holländer sagen, was er wollte, für diese kulinarische Erfindung konnte man sie nicht genug loben.
Während er reichlich Zwiebeln, Mayonnaise und den süßen Ketchup auf der Fleischrolle verteilte, wusste er plötzlich, was er am nächsten Morgen als Erstes tun würde: die Presse einschalten.
Wenn auf dem Hasselter Trimmpfad wirklich so viele Leute joggten, wie Welbers gesagt hatte, dann musste doch eigentlich irgendjemand Landmann am Donnerstagabend gesehen haben – und vielleicht sogar seinen Mörder.
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Zwölf
Toppe war sauer, als er im Präsidium ankam.
Er hatte einen penetranten Zwiebelgeschmack im Mund und eine Mordswut im Bauch.
Beim Frühstück hatte er sich fürchterlich mit Gabi gestritten. Sie hatte sich beklagt, dass alles an ihr hinge, der Bau vor allem, und dass ihr Vater ihr in den Ohren läge, es müsse doch endlich mal vorangehen. Nach einigem Hin und Her war Toppe
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