Lavendel gegen Ameisen
Mädchen, meine ich, Sandra, Katja und Amelie.»
«Und Sie.» Es war eine Feststellung.
Sie wurde über und über rot.
«Mensch, Sabine.» Er lächelte. «So etwas ist doch völlig normal. Geht uns doch allen manchmal so.»
«Ja, ich auch ein bisschen», stotterte sie, «aber eigentlich nur, weil er so tolle Sachen weiß und so ganz anders ist in der AG als im Unterricht, wie ein Freund oder so. Aber aus meiner Klasse? Nein, ich glaube nicht, dass es ein Mädchen aus meiner Klasse ist. Die haben ja auch fast alle einen festen Freund.»
«Was natürlich gar nichts heißt», dachte van Appeldorn, aber das behielt er lieber für sich.
«Wer hat denn keinen festen Freund?»
«Na, ich. Und Nicole, die hat, glaub ich, gerade Schluss gemacht. Das heißt aber nichts. Die machen alle drei Wochen Schluss, Kalle und Nicole, und nach zwei Tagen sind sie dann doch wieder zusammen.»
«Aber Sie haben keinen Freund im Augenblick?»
«Nicht im Augenblick, überhaupt nicht. Ich darf das noch nicht von zu Hause aus. Da gäb’s richtig Ärger.»
«Und das macht Ihnen nichts aus?» Van Appeldorn war ehrlich erstaunt. Er hatte nicht gedacht, dass es heute noch so etwas gab. Obwohl, bei Landmann konnte er sich das vorstellen.
«Nö, nicht so viel. So ein richtig süßer Typ ist mir bis jetzt auch noch nicht über den Weg gelaufen. Aber wenn, dann würde ich schon versuchen, das zu Hause durchzusetzen, glaube ich.»
Van Appeldorn nickte. Jetzt, wo ihr Vater nicht mehr war, würde sie damit wohl weniger Probleme haben.
«Haben Sie Kontakt zu Mädchen aus anderen Klassen?»
«Wenig, man sieht sich eben in den Kursen. Aber ehrlich, Herr van Appeldorn, ich kenne keine, von der ich mir vorstellen könnte, dass sie etwas mit Dr. Hermans hat. Ich würd’s echt sagen, wenn ich was wüsste. Aber ich kann ja mal rumhören.»
«Nein, darum wollte ich Sie bitten. Es wäre besser, wenn Sie noch mit keinem darüber sprechen würden.»
«Mit gar keinem?» Sie klang enttäuscht.
«Mit gar keinem», antwortete er nachdrücklich, «jedenfalls im Moment noch nicht.»
«Okay», sagte sie ernst, «ich versprech’s, wenn Ihnen das so wichtig ist.»
«Danke, das ist nett.» Van Appeldorn lächelte. «Das wäre dann alles. Wenn Sie per Zufall etwas erfahren oder Ihnen doch noch etwas einfällt, dann rufen Sie mich an, ja? Wissen Sie, oft ist es nur eine Kleinigkeit, die man vergessen hat, weil sie nicht so wichtig schien, die uns aber weiterhelfen kann.»
«Ja», nickte sie, «ja, das stimmt wohl. Ich werde noch einmal in Ruhe nachdenken. Und wenn mir was einfällt, rufe ich Sie ganz bestimmt an.»
Es war nach neun, als alle endlich wieder im Büro waren und das Band abhören konnten.
«Ich verstehe jetzt übrigens, was du gemeint hast, Helmut», bemerkte van Appeldorn, als er das Gerät einschaltete.
Toppe registrierte, dass Astrid Steendijk, während sie zuhörte, ein paarmal verblüfft den Mund aufsperrte, und als das Band abgelaufen war, betrachtete sie van Appeldorn mit unverhohlenem Interesse.
Toppe hatte zum ersten Mal eine leise Ahnung, was Marion an van Appeldorn mochte.
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Einundwanzig
«Also, Sabine Landmann ist es dann wohl nicht», fasste Toppe zusammen.
Es war Samstag, der 4. September, der Morgen von Hermans’ Geburtstag, und sie saßen im Büro und trugen die Ergebnisse des gestrigen Tages zusammen.
Van Appeldorn hatte die Füße auf den Schreibtisch gelegt und sah aus, als schliefe er.
«Nein, das glaube ich auch nicht», sagte Breitenegger. «Aber bist du denn sicher, dass es tatsächlich um eine sexuelle Geschichte geht? Was haben denn deine Gespräche mit den Tennisleuten gestern ergeben?»
«Das war wirklich interessant.» Toppe nahm zwei engbeschriebene Zettel zur Hand. «Wir waren bei drei Leuten, Herrn Gutmann, Herrn Aldering und Herrn Reintjes. Ich habe versucht, ihnen den genauen Wortlaut von Landmanns Äußerungen zu entlocken, aber an den konnten sie sich nicht erinnern. Einhellig haben sie jedoch die Situation so beschrieben wie Astrid. Es war wohl so, dass man sich über Jugendliche und Drogen unterhielt und darüber, dass der Drogenkonsum und auch der Drogenhandel an den Schulen immer mehr zunimmt. Irgendjemand brachte dann die Fürsorgepflicht der Lehrer ins Spiel. Alle drei sagten mir, dass Landmann sich bis dahin gar nicht geäußert hatte, aber dann habe er plötzlich verächtlich geschnaubt und gesagt, dass man von den Lehrern doch wohl kaum so etwas wie Fürsorge
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