Lavendel gegen Ameisen
was …»
«Hab ich», freute Ackermann sich. «Ich war nämlich bei dem Direktor von Hermans’ Schule, dem Dr. Reinhard. Der sagt, dat der Hermans einer von den fähigsten Lehrer im ganzen Kollegium is’, un’ zwar in jede Beziehung, sagt er. Der sagt, wartet ma’, hier steht et, ‹gewissenhaft, korrekt, fleißig, kooperativ›. War auch immer auf Fortbildung un’ so. Außerdem is’ Hermans außergewöhnlich gebildet un’ intelligent, sagt er. Er, der Dr. Reinhard, hat dat auch alles in seine Beurteilung geschrieben un’ …»
«Was für eine Beurteilung?», fragte Toppe.
«Hab ich auch gefragt», antwortete Ackermann stolz. «Für den Direktorposten. Da muss nämlich der Chef ’ne Beurteilung schreiben, sagt er. Also, der Doktor meint, Hermans würd’ die Stelle wohl kriegen, soweit er dat beurteilen könnt, beonders jetz’, wo er auch noch, ‹auf mein Anraten hin›, sagt er, inne Partei eingetreten is’. Da hat sich der Doktor natürlich besonders für verwendet, sagt er.»
«In die Partei eingetreten?», fragte Toppe. «In welche denn?»
«Na, bestimmt in die richtige», feixte van Appeldorn, «sonst hat er hier in Kleve keine Schnitte.»
«Ach was», winkte Toppe ab. «Hermans in der CDU, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.»
«Is’ aber wahr», sagte Ackermann. «Der Doktor hat et mir erzählt. Ich hab extra noch ma’ gefragt, weil ich auch dacht, Hermans wär ’n Roter. So, wie der sich auf’m Tonband angehört hat, wa?»
«Da kann man mal sehen», sinnierte Toppe. «Der muss aber wirklich scharf auf die Stelle sein.»
Der Sonntag versprach tatsächlich mal ein warmer Tag zu werden.
Über den Donsbrüggener Wiesen lag der typische dünne Nebel, gerade so hoch, dass die Köpfe der Butterblumen noch herauslugten.
Toppe parkte seinen Wagen gegenüber von Hermans’ Haus.
Zehn vor acht, die Straße lag wie ausgestorben.
Niederrheinischer Sonntag, erst um zehn vor zehn, wenn die Kirchenglocken zu läuten begannen, würden die ersten Leute aus ihren Häusern kommen.
Im Rückspiegel sah er ein Auto langsam heranrollen.
Van Appeldorn stieg aus, schloss leise die Wagentür und kam zu ihm herüber.
«Morgen. Hast du den Durchsuchungsbeschluss?»
«Sicher.» Toppe klopfte auf seine Jackentasche.
Ein drittes Auto näherte sich leise: Berns, van Gemmern und Astrid Steendijk.
Toppe nickte zufrieden. So wenig Aufsehen wie möglich, sie mussten ja nicht gleich die ganze Nachbarschaft aufscheuchen.
Er schaute zu Hermans’ Haus hinüber. Die Rollläden waren hochgezogen, aber nichts rührte sich.
Wo blieb Ackermann?
In diesem Moment hörte man von hinten quietschende Reifen und einen röhrenden Motor.
«Dann kam Ackermann», bemerkte van Appeldorn trocken.
Es war ein Streifenwagen. Er parkte schwungvoll vor Toppes Auto ein, und ein fröhlicher Ackermann sprang pfeifend heraus.
Van Appeldorn und Toppe stiegen gleichzeitig aus.
«Du hast vergessen, Blaulicht und Sirene einzuschalten», knurrte van Appeldorn.
Toppe kochte vor Wut. «Was soll das, Ackermann? Sind Sie noch ganz gescheit?»
Ackermann zog den Kopf ein. «Meine Kiste is’ gestern abend verreckt, un’ da hab ich die hier geliehen für heut Morgen.»
«Sie fahren jetzt sofort um die nächste Ecke und stellen den Wagen dort ab, und zwar leise!»
«Geht klar, Chef, geht klar.»
Toppe atmete tief durch. «Na, dann», murmelte er und klingelte.
Ein Mädchen, ungefähr zehn Jahre alt, öffnete die Tür.
«Ja?», fragte sie und schaute ihn neugierig an.
«Guten Morgen, ich möchte bitte deinen Vater sprechen», sagte Toppe, so freundlich, wie es ihm im Moment möglich war.
«Judith, wer ist denn da?», rief Frau Hermans und kam aus der Küche in die Halle. Verwirrt, fast ein wenig erschrocken, schaute sie auf die Menschenansammlung vor ihrer Haustür.
«Ja?»
«Guten Morgen, Frau Hermans. Sie erinnern sich sicher, ich bin Hauptkommissar Toppe. Wir möchten Ihren Mann sprechen.»
«Der … der ist beim Langlauf.»
Sie runzelte die Stirn. «Was ist denn los? Was wollen Sie von ihm?»
«Wir haben Hinweise darauf, dass Ihr Mann mit der Ermordung von Arno Landmann im Zusammenhang steht», antwortete Toppe vage.
Sie riss entgeistert die Augen auf. «Mein Mann? Sie müssen verrückt sein!»
«Wir werden jetzt eine Hausdurchsuchung vornehmen. Möchten Sie den Durchsuchungsbeschluss sehen?», griff van Appeldorn ein.
«Durchsuchungsbeschluss», flüsterte sie und schüttelte ungläubig den Kopf.
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