Lavendel-Glorias Letzter Wille ROTE LATERNE Band 7 (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
sich ernsthaft, ob sie nicht einen Fehler gemacht hatte.
Schließlich kam die Kellnerin an den Tisch zurück.
»Bitte, folgen Sie mir«, bat sie.
»Ich..,«
»Ja, bitte, kommen Sie mit!«
Karin wurde durch einen Gang geführt. Rechts ging eine Tür ab, durch die Karin nun gebracht wurde. Die Räume, die dahinter lagen, wirkten privat.
Das Mädchen brachte Karin in ein behaglich eingerichtetes Zimmer. Dort sollte sie warten.
Nach einer ganzen Zeit trat eine rothaarige Frau ein. Karin hatte sie noch nie vorher gesehen. Auch im Café war ihr diese Dame nicht begegnet.
»Bonjour«, sagte die Dame.
»Bonjour«, gab Karin zögernd zur Antwort.
»Wer sind Sie?«, wollte die Dame wissen.
»Mein Name ist Karin Clemens!«
»Aber ...« Verwirrt fuhr sich die Frau mit der Hand über die Stirn. »Aber ...«
»Was ist denn?«, wollte Karin wissen. »Wollen Sie meinen Ausweis sehen, Madame?«
»O ja, bitte bitte darum!« forderte die rothaarige Dame auf. Unter dem Puder schien ihr Gesicht nun etwas bleicher geworden zu sein.
Karin holte ihren Ausweis aus dem Handtäschchen und reichte ihn hinüber. Die Frau nahm in mit spitzen Fingern und schlug ihn auf. Sie betrachtete ihn intensiv. Dann reichte sie ihn Karin zurück.
»Ich fürchte«, sagte sie, »da ist eine Verwechslung passiert.«
»Eine Verwechslung?«, fragte Karin.
»Ja, vor einer halben Stunde ist eine junge Dame hier gewesen. Sie sagte, sie sei Karin Clemens, und ich habe sie zu Doktor Nägele geschickt.«
»Du liebe Güte!«, stieß Karin hervor. »Wie sah sie aus? Können Sie sie beschreiben?«
»Sie trug einen dunklen Lackmantel, hatte ein Kopftuch auf und trug eine Sonnenbrille. Sie war etwas kleiner als Sie. Sie sprach auch anders. Sie sprach so ...«
»Fernöstlich?«, fragte Karin.
»Ja, wenn ich mich richtig entsinne, sprach sie so.«
»Ma-Lei-Tsung!«, stieß Karin hervor.
»Wie bitte?«
»Ich kann mir denken, wer diese junge Dame war. Sie ... Um Himmelswillen, Herr Doktor Nägele befindet sich jetzt in Lebensgefahr, Madame. Sie müssen ihn informieren!«
»Das - das würde ich gerne tun, Mademoiselle Clemens. Aber dort, wo sich Herr Doktor Nägele zurzeit aufhält, gibt es kein Telefon. Ich müsste hinfahren. Begleiten Sie mich?«
»Selbstverständlich«, sagte Karin atemlos. Ihr lag viel daran, diesen geheimnisvollen Johann Nägele kennenzulernen. Wer war diese Frau, und was wusste sie über ihn?
Unterwegs begann die Frau darüber zu reden.
»Er ist mein geschiedener Mann«, sagte sie. »Nach unserer Scheidung fanden wir wieder zusammen. Nur heiraten würde ich ihn nicht mehr. Mon dieu, worauf hat er sich nur eingelassen? Er war früher so sauber, so anständig, so ehrlich. In den letzten Jahren hat er nur schwarzes Geld verwaltet, wenn Sie wissen, was ich damit meine.«
»O ja«, sagte Karin. »Ich verstehe Sie sehr gut, Madame Nägele.«
»Ich heiße nicht mehr Nägele«, entgegnete sie darauf. »Mein Name ist Dupont. Aus verschiedenen Gründen habe ich seinerzeit meinen Mädchennamen wieder angenommen.«
Sie hatten die Gegend um den See verlassen. Es wurde sehr einsam. Waldige Hügel zogen sich beiderseits der Straße entlang.
Plötzlich jagte an ihnen ein dunkler Wagen mit halsbrecherischer Geschwindigkeit vorbei. Man konnte nicht erkennen, wer am Steuer saß oder wieviel Insassen in diesem Wagen waren.
»Hinterher!«, rief Karin. »Wir müssen diesem Wagen hinterher!«
»Ich muss erst wissen, was los ist«, sagte Madame Dupont und trat das Gaspedal durch. Nach knapp zehn Minuten zweigte ein schmaler ungeteerter Weg nach rechts ab. Deutlich sah man Fahrspuren im frischen Lehm. Der Wagen jagte über den Hang hinauf. Dort stand ein Holzhaus im Schweizer Landhausstil. Eine ältere Frau in weißer Schürze und grauem, zusammengestecktem Haar kam aus dem Haus gelaufen. Madame Dupont stieg aus und lief auf die Dame zu. Karin folgte ihr.
Ein Schwall französischer Worte haspelte von den Lippen der kleinen, älteren Dame, die offensichtlich Nägele in die Einsamkeit als Haushälterin begleitet hatte.
»Man hat ihn mitgenommen«, erklärte Madame Dupont tonlos. »Madame Elvira sagt mir eben, dass es sich um eine Chinesin gehandelt hat. Kennen Sie diese Chinesin?«
»Ja«, sagte Karin. »Es ist eine Prostituierte aus Frankfurt. Eine Lokalbesitzerin. Sie ist hinter dem Geld her. Sie saß im Flugzeug nach Zürich. Wir müssen etwas tun, Madame Dupont. Wir müssen die Polizei benachrichtigen.«
»Die Polizei? Nein, das geht
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