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Lavendel und Blütenstaub

Lavendel und Blütenstaub

Titel: Lavendel und Blütenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Habersatter
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und dicht verwachsen.
     
    Sie stand vor dieser Hecke, barfuß und nur im Nachthemd bekleidet, das ihr bis zu den Waden reichte. Der Bach wisperte und brodelte gefährlich. Immer lauter wurde er und sie hielt sich verzweifelt die Ohren zu. Seit wann war er so laut? Und seit wann störte er sie so sehr?
    Mit der Hecke hatte sie sich immer sicher gefühlt und die Kinder hatten es nie gewagt, auf die andere Seite zu gelangen. Zu groß war die Angst gewesen, von der Mutter erwischt und gescholten zu werden!
    Sie drehte sich um, schloss die Augen und atmete tief durch. Dann nahm sie die Hände von den Ohren, das Rauschen war wieder leiser geworden und klang nun weniger gefährlich.
    Sie blickte auf.
    Ihr Herzschlag hatte sich beruhigt und sie drehte sich wieder zurück, sah auf die Hecke. Es raschelte. War da jemand?
    Ein Kinderlachen ertönte.
    "Hallo?", rief sie. Es kam jedoch keine Antwort. Stattdessen wurde es dunkel um sie herum.
     
    Erleichtert blickte sich Anna im Schlafzimmer um. Es war ruhig. Keine Straßengeräusche drangen zu ihr. Nur das Zwitschern der Vögel glitt sanft in das helle Schlafzimmer.
    Anna war Stella unendlich dankbar, dass sie die Entlassung veranlasst hatte. Kaum war Anna zu Hause gewesen, hatte sie Appetit verspürt und auch wieder mehr Kraft in ihrem Körper gefühlt.
    Bis auf den Traum, der nun schon einige Male wiedergekehrt war, war die Nacht ruhig und ohne Zwischenfälle verlaufen. Schmerzen hatte Anna keine mehr gehabt, was wohl an den Medikamenten liegen dürfte, die sie von Stella bekam. Zwar wurde ihr davon hin und wieder übel, doch damit konnte sie leben.
    Seit Anna zu Hause war, fühlte sie sich eigentlich wie immer. Sie war agil und aß ihre kleinen Portionen wie vor dem 'Zwischenfall', wie sie es gedanklich nannte. Nur wenn sie mit der Hand auf den Bauch drückte, konnte sie etwas Festes spüren, so wie jetzt im Bett, als sie auf dem Rücken lag. Dr. Werneck hatte gemeint, es sei die vergrößerte Leber mit den Tumoren. Diese erinnerten sie daran, dass sie unheilbar krank war und bald sterben würde.
    Sterben - das war es, wovor auch Erwin so Angst hatte, ging es Anna durch den Kopf. Sonst wäre er nicht so aufgebracht gewesen, weil Stella sie nach Hause gebracht hatte. Doch sie war zäh, sagte sie sich voller Überzeugung. Und sie hatte noch Lebenswillen. Solange der Garten mit Leben pulsierte, würde auch sie das pure Leben in sich tragen.
    Die Sonne schien bereits hell und frische Luft drang durch das gekippte Fenster in das Schlafzimmer herein. Anna fühlte sich ausgeruht. Sie streckte sich und stand auf.
    Nachdem sie sich angezogen hatte, ging sie langsam hinunter. Sie wollte Stella nicht wecken, die im selten genutzten Wohnzimmer auf der Couch schlief. Anna war meistens nur in der Küche und im Garten. Das Wohnzimmer wurde seit Johanns Tod nur noch als Stauraum genutzt. Nur hin und wieder setzte sie sich vor den Fernseher, um eine Dokumentation oder eine Reportage zu sehen. Nachrichten las sie in der Zeitung oder hörte einmal täglich das Radio, mehr brauchte sie nicht. Sie war auch ohne elektronischer Berieselung glücklich.
    Anna ging in die Küche und stellte Teewasser auf. Durch die geöffnete Terrassentür ließ sie frische Luft in die Küche. Der Lavendel, der neben der Tür hing, duftete intensiv. Geräuschvoll atmete sie ein.
    "Guten Morgen, Mama."
    Anna drehte sich erschrocken um.
    "Oh. Entschuldige, dass ich dich erschreckt habe. Hast du gut geschlafen?" Stella drückte Anna einen Kuss auf die Wange. Die blonden, gelockten Haare standen ihr wirr vom Kopf. Sie trug ein langes Shirt, das ihr fast bis zu den Knien reichte, und sah verschlafen aus.
    Anna lächelte. Als sie Stella so sah, musste sie daran denken, dass sie früher auch so lange blonde Haare gehabt hatte. Ob sie am Morgen auch so liebenswert ausgesehen hatte?
    "Ich hab ganz gut geschlafen, danke," beantwortete sie Stellas Frage. "Und du?"
    "Soll ich ehrlich sein?" Stella grinste. "Oben in meinem alten Kinderzimmer habe ich besser geschlafen." Sie zwinkerte Anna zu und ging zur Kaffeemaschine. Sie stellte eine Tasse darunter und drückte auf den Knopf. Zischend und gurgelnd rann der Kaffee herunter. Stella schnupperte genüsslich. "Hm, das riecht gut. Und das, obwohl diese Maschine von Erwin ist." Sie grinste.
    "Stella!"
    "Was ist?" Sie sah unschuldig zu Anna und ging ins Wohnzimmer zurück.
    Während Stella sich wusch und anzog, ging Anna in den Garten. Sie fröstelte ein wenig, da sich eine große

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