Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
leeres Haus betreten haben, dann wäre Emeline ruiniert. Vollkommen ruiniert.«
»Ah, Lavinia ...«
»Ich werde mich schon darum kümmern.« Sie ging zur Tür des Arbeitszimmers und öffnete sie. »Was ist denn hier los?« Anthony und Emeline, die gerade durch den Flur gingen, blieben stehen.
»Guten Tag, Mr March«, begrüßte Emeline Tobias.
»Miss Emeline.«
Anthony blickte vorsichtig. »Stimmt etwas nicht, Mrs. Lake?«
»Besitzt ihr denn überhaupt keinen Verstand?«, fragte sie wütend. »Emeline, es ist gut und schön, wenn du Mr Sinclair erlaubst, dich bis an die Haustür zu begleiten, aber du darfst ihn nicht einladen, mit ins Haus zu kommen, wenn niemand zu Hause ist. Was um alles in der Welt hast du dir nur dabei gedacht?«
Emeline sah verwirrt aus. »Aber Lavinia ...«
»Was ist, wenn jemand der Nachbarn dich gesehen hat?«
Anthony und Emeline warfen einander einen Blick zu. Dann trat ein wissender Blick in Anthonys Augen.
»Ich möchte sichergehen, dass ich das auch verstanden habe«, meinte er. »Sie machen sich Sorgen, dass ich Miss Emeline in ein Haus begleitet habe, in dem es niemanden gibt, der als Anstandsdame fungieren könnte. Richtig?«
»Genau.« Lavinia stützte die Hände in die Hüften. »Zwei unverheiratete junge Leute, die zusammen in ein Haus gehen? Was sollen die Nachbarn wohl denken?«
»Darf ich dich auf einen kleinen Fehler in deiner Logik aufmerksam machen?«, murmelte Emeline.
Lavinia warf ihr einen bösen Blick zu. »Und was sollte das wohl für ein Fehler sein?«
»Das Haus ist nicht leer. Du und Mr March, ihr seid beide hier. Man könnte doch wohl kaum eine passendere Anstandsdame wählen.«
Es gab ein kurzes, angespanntes Schweigen, während diese Bemerkung langsam in Lavinias Bewusstsein drang.
Tobias gelang es, sein Lachen zu unterdrücken. Er warf Lavinia einen Blick zu und fragte sich, wann sie endlich begreifen würde, dass sie völlig überreagiert hatte.
Manchmal wirkte es sich so auf die Nerven aus, wenn man gerade noch einmal davongekommen war, überlegte er.
Lavinia stotterte, ihr Gesicht lief hochrot an, dann nahm sie Ausflucht zum einzigen Argument, das ihr noch blieb.
»Das ist ja alles schön und gut, aber ihr habt nicht gewusst, dass wir hier waren, Emeline.«
»Was das betrifft«, erklärte Anthony bescheiden, »wir haben gewusst, dass Sie zu Hause sind. Der Lakai von Lady Wortham hat Miss Emeline zur Tür gebracht. Als sie die Tür mit ihrem Schlüssel aufgeschlossen hat, hat sie Tobias' Hut und seine Handschuhe gesehen und Ihren Umhang. Sie hat Lady Wortham versichert, dass Sie beide zu Hause sind, und die gute Lady hat die Erlaubnis gegeben, dass ich das Haus mit Miss Emeline betrete, ehe sie und Miss Priscilla weitergefahren sind.«
»Ich verstehe«, erklärte Lavinia matt.
»Offensichtlich habt ihr nicht gehört, dass wir in Lady Worthams Kutsche angekommen sind«, meinte Emeline. »Und ihr habt auch nicht gehört, wie ich ihr gesagt habe, dass ihr zu Hause seid.«
»Ah, nein.« Lavinia räusperte sich. »Wir haben nichts gehört. Wir waren im Arbeitszimmer beschäftigt.«
»Ihr müsst mit wichtigen Dingen beschäftigt gewesen sein«, meinte Anthony mit einem verräterisch unschuldigen Lächeln. »Immerhin haben wir einen ziemlichen Lärm gemacht, nicht wahr, Miss Emeline?«
»Ganz bestimmt«, stimmte ihm Emeline zu. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass uns jemand nicht gehört haben könnte.«
Lavinia öffnete den Mund, doch kein Wort kam heraus. Schnell schloss sie ihn wieder. Ihr rosig angehauchtes Gesicht wurde noch röter.
Spott blitzte in Emelines Augen auf. »Was war das denn nur für ein faszinierendes Thema, über das du dich mit Mr March unterhalten hast, dass du uns nicht gehört hast, als wir gekommen sind?«, wollte sie wissen.
Lavinia holte tief Luft. »Poesie.«
Hewlett-Packard
21. Kapitel
Lavinia stand zusammen mit Joan in dem Schutz einer Nische und betrachtete den überfüllten Ballsaal. Sie war hin und her gerissen zwischen ihrer Sorge um Tobias und dem Gefühl des Triumphes. Da sie gegen Ersteres nichts unternehmen konnte, erlaubte sie es sich, ihren neuesten gesellschaftlichen Coup zu genießen.
Der Colchester-Ball war alles, was sie sich als Hintergrund für Emeline nur hatte wünschen können. Der Ballsaal war im chinesischen Stil geschmückt, mit einer Mischung aus etruskischen und indischen Motiven. Spiegel und Vergoldung waren in glänzendem Überfluss eingesetzt worden, um den Effekt noch zu
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