Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
Smiling Jack, der Eigentümer dieses Lokals, liebte sie so. Tobias hatte sich für diesen Abend umgezogen. In den abgetragenen Hosen eines Dockarbeiters, dem schlecht sitzenden Rock, der formlosen Kappe und den dicken Stiefeln erregte er nur wenig Aufmerksamkeit, als er sich zwischen den groben Gästen des Gryphon bewegte. Das ärgerliche Humpeln, wenn er ging, passte zu seiner Verkleidung, fand er. Die meisten der Menschen um ihn herum verdienten ihren Lebensunterhalt mit ihren Verletzungen. Ein Humpeln wie das seine war alltäglich. Genau wie Narben und fehlende Finger. Augenklappen und Holzbeine waren auch zahlreich vertreten.
Eine Dienstmagd mit ausladendem Busen versperrte Tobias den Weg. Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. »Hallo, gut aussehender Mann, was darf es denn heute Abend sein?«
»Ich habe Geschäfte mit Smiling Jack«, murmelte Tobias.
Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, so wenig wie möglich mit der Bedienung und den Gästen des Gryphon zu sprechen. Der raue Akzent der Docks, den er für seine Besuche in diesem Lokal annahm, brachte ihn durch kurze Unterhaltungen. Er war nicht sicher, ob er in einer längeren, eingehenderen Unterhaltung den Akzent richtig würde durchhalten können.
»Jack ist in seinem Zimmer hinten.« Die Dienstmagd deutete zum Ende des Flurs und zwinkerte ihm zu. »Sie klopfen besser an, ehe Sie die Tür öffnen.«
Sie verschwand in der Menge, das Tablett hielt sie hoch über ihrem Kopf.
Tobias bahnte sich einen Weg zwischen den Tischen und Bänken hindurch. Am anderen Ende des Gastraumes betrat er einen düsteren Flur, der zu dem Raum führte, den Smiling Jack sein Büro nannte. Er ging durch den Flur und blieb vor der Tür stehen.
Ein unterdrücktes weibliches Lachen drang durch die dicke Tür bis zu ihm. Tobias klopfte laut.
»Verschwinde, wer auch immer du bist.« Jacks Stimme rumpelte wie eine Ladung Kohlen. »Ich habe Geschäfte zu erledigen.«
Tobias legte eine Hand um den Türgriff und drückte ihn herunter. Die Tür schwang nach innen auf. Er lehnte sich gegen den Türrahmen und sah Smiling Jack.
Der große Eigentümer des Gryphon saß hinter einem zerkratzten Schreibtisch. Sein Gesicht hatte er in den großen nackten Busen einer Frau gedrückt, die rittlings auf seinen Schenkeln saß. Die Röcke des Frauenzimmers waren bis zu ihrer Taille hochgezogen und enthüllten ihren nackten Po.
»Ich habe deine Botschaft bekommen«, sagte Tobias.
»Bist du das, Tobias?« Lächelnd hob Smiling Jack den Kopf und blinzelte. »Ein wenig früh, wie?«
»Nein.«
Jack stöhnte auf und gab seiner Gespielin einen leichten Klaps auf ihren nackten Po. »Verschwinde, Mädchen. Mein Freund hier hat es eilig, und ich sehe, dass er heute Abend nur wenig Geduld hat.«
Die Frau kicherte. »Ach, lass nur, Jack.« Sie wackelte mit ihrem Po. »Ich bleibe hier sitzen und mache mit dem weiter, womit wir angefangen haben, während ihr beide über eure geschäftlichen Dinge sprecht.«
»Ich fürchte, das wird nicht möglich sein, Süße.« Jack seufzte bedauernd auf und schob sie sanft von seinem Schoß. »Du lenkst mich ab, leider. Ich kann mich nicht auf meine geschäftlichen Dinge konzentrieren, während du deinen Charme spielen lässt.«
Die Frau lachte noch einmal, sie stand auf und schüttelte die Röcke glatt. Sie zwinkerte Tobias zu und ließ sich Zeit, den Raum zu verlassen. Ihre ausladenden Hüften schwangen hin und her und hatten die ungeteilte Aufmerksamkeit der beiden Männer, bis sich die Tür hinter ihr schloss. Ihr Lachen hallte über den Flur.
»Eine neue Angestellte.« Jack schloss seine Hose. »Ich denke, sie wird ganz gut sein.«
»Sie scheint ein fröhliches Wesen zu haben.« Tobias legte den Akzent der Docks ab. Er und Jack kannten einander dafür viel zu gut.
Tobias kannte zum Beispiel die Geschichte der grotesken Narbe, die dem Mann den Namen Smiling Jack gegeben hatte. Mit mehreren Stichen war die Messerwunde genäht worden, die ihm eine arme Näherin beigebracht hatte. Sie war verheilt und gab Jack das Aussehen eines grinsenden Totenkopfes, denn sie reichte von seinem Mundwinkel bis zu seinem Ohr.
»Aye, das ist wahr.« Jack hievte seinen massigen Körper aus dem Stuhl und winkte Tobias zu, sich auf einen der mit
Leder bezogenen Stühle in der Nähe des Kamins zu setzen. »Setz dich, Mann. Es ist eine schlimme Nacht. Ich bringe dir etwas von meinem guten Brandy, der vertreibt die Kälte aus deinem Körper.«
Tobias griff nach einem der
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